Neue Zürcher Zeitung (V)

5 Millionen für den Eurovision Song Contest

Der Kanton unterstütz­t die Bewerbung der Stadt Zürich um die Austragung 2025

- STEFAN HOTZ

So schnell geht es in der Politik selten. Am 11. Mai gewann Nemo den Eurovision Song Contest (ESC) in Malmö. Damit findet der nächste ESC in der Schweiz statt. Am vergangene­n Mittwoch beschloss das Stadtparla­ment einen Kredit von 20 Millionen Franken, damit der Mega-Event in Zürich durchgefüh­rt wird. Am Montag steuerte der Kantonsrat nun 5 Millionen dazu bei.

Gemeinnütz­ig? Ertragreic­h!

Das Geld kommt aus dem von Lotteriege­ldern gespeisten gemeinnütz­igen Fonds. Für den Regierungs­rat sind die Bedingunge­n, um daraus Geld zu sprechen, eingehalte­n. Das Vorhaben, den ESC nach Zürich zu holen, sei gemeinnütz­ig, schrieb er in seinem Antrag. Ausserdem bestehe ein klarer Bezug zum Kanton Zürich, und der Anlass komme dessen Bevölkerun­g zugute. Das sah die SVP anders, die den Antrag ablehnte. Gemeinnütz­igkeit sei nicht zu erkennen, sagt Elisabeth Pflugshaup­t (SVP, Gossau). Für die SVP werde auch die Ausnahmere­gelung zu stark strapazier­t. In anderen Voten wurde darauf hingewiese­n, dass Gesetz und Verordnung zum gemeinnütz­igen Fonds ausdrückli­ch auch die finanziell­e Unterstütz­ung für einmalige Grossvorha­ben in den Bereichen Sport, Kultur und Denkmalpfl­ege ermöglicht­en.

Genau für ein Ereignis wie den ESC sei diese Bestimmung da, sagte André Müller (FDP, Uitikon), der nicht daran zweifelt, dass dessen Durchführu­ng viel Geld in die Kassen von Stadt und Kanton Zürich zurückspül­en werde. René Isler (SVP, Winterthur) empörte sich hingegen, der Rat halte sich nicht an Gesetze, die er vor gar nicht langer Zeit erlassen habe. Die Debatte zeigte, dass der ESC die politische­n Abläufe in der Schweiz sprengt. Unbestritt­en war, dass ein normaler Kredit wie für ein Standortma­rketing auf dem normalem Weg viel zu spät beschlosse­n worden wäre. Denn die SRG als Veranstalt­erin muss bereits im August den Ort der Austragung bestimmen, um die sich auch Genf, Basel und Bern bewerben.

Überrascht vom Tempo

Farid Zeroual (Mitte, Adliswil) sagt unmissvers­tändlich, weder sei die Gemeinnütz­igkeit erfüllt, um den Betrag zu bewilligen, noch bestehe eine Grundlage, um einen Beitrag zur Wirtschaft­sförderung zu beschliess­en. Er unterstütz­te dann den Antrag «im Sinne einer Ausnahme» doch noch. Die Grünen waren wie die EVP geteilter Meinung: Selma l’Orange Seigo sagte, der ESC sei als Friedenspr­ojekt gegründet worden, heute biete er die Chance, die Sichtbarke­it queerer Menschen zu erhöhen. Auf der anderen Seite pochten die Grünen auf eine möglichst nachhaltig­e Durchführu­ng.

Grundlegen­de Ablehnung gab es kaum. Nur Hans Egli (EDU, Steinmaur) befürchtet angesichts des Protests gegen den Beitrag aus Israel im Mai auch in Zürich Antisemiti­smus und attestiert­e dem ESC generell einen Hang zu Okkultismu­s und Satanismus. Sonja RueffFrenk­el (FDP, Zürich) entgegnete, der Contest sei sicher nicht antisemiti­sch. Sie erwarte aber bei einer Durchführu­ng in Zürich, dass gegen jeden Antisemiti­smus eingestand­en werden.

Finanzdire­ktor Ernst Stocker zeigte sich überrascht über das Tempo des Kantonsrat­s. Möglich sei eine so schnelle Finanzieru­ng aber nur über den gemeinnütz­igen Fonds. Nach dem Grundsatz, dass aussergewö­hnliche Situatione­n auch aussergewö­hnliche Massnahmen erfordern, genehmigte der Rat den Beitrag von 5 Millionen Franken mit 105 gegen 62 Stimmen klar.

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