Die Energiewende braucht neue Kupferminen
Die Bergbaukonzerne sind wieder in Goldgräberstimmung. Der australische Rohstoffriese BHP hat für die Übernahme des Konkurrenten Anglo American 31 Milliarden Pfund, gut 35 Milliarden Franken, geboten. Es wäre der grösste Deal in der Branche seit längerem. Das Angebot wurde zurückgewiesen, BHP dürfte aber noch nachbessern. Viel Staub wirbelt die Übernahmeofferte in Südafrika und auch in Botswana auf, wo Anglo American seine Wurzeln hat und Platin, Eisenerz und Diamanten abbaut.
BHP ist aber an diesen Rohstoffen nicht interessiert. Diese Unternehmensteile wollen die Australier gar nicht übernehmen. Ihnen geht es vor allem um die Kupferminen von Anglo American in Chile und in Peru. Der Deal würde BHP mit Abstand zum grössten Kupferproduzenten der Welt machen. Das rote Metall ist in der vergangenen Zeit zur heissesten Ware in der Branche aufgestiegen.
Lithium, Kobalt und seltene Erden für die Energiewende mögen die Phantasie von Investoren bisher beflügelt haben. Kupfer jedoch ist aufgrund seiner elektrischen Leitfähigkeit und Verfügbarkeit ein Rohstoff, der für die Elektrifizierung und Dekarbonisierung universell einsetzbar ist. Vor allem für den Bau neuer Stromnetze und zur Stromerzeugung benötigt es Unmengen des Metalls. Zudem wird in Elektrofahrzeugen die doppelte Menge Kupfer wie in Autos mit Verbrennungsmotoren eingesetzt.
Es ist einfach: ohne Kupfer keine Energiewende. Und auch der neueste Hype wird mit dem Metall angetrieben. Die Nachfrage nach Rechenzentren-Leistungen für die künstliche Intelligenz treibt den Bedarf an Kupfer weiter an. Während die Nachfrage steigt, passt sich das Angebot schleppend an, mit der Folge, dass der Kupferpreis in der vergangenen Zeit stark angestiegen ist. Die Aktien von Unternehmen, die reine Kupferproduzenten sind, haben in den letzten zwölf Monaten an der Börse besser abgeschnitten als breit aufgestellte Bergbaukonzerne.
Dem Schritt von BHP dürften noch weitere folgen. Vor rund zwanzig Jahren hatten sich viele Konzerne mit überteuerten Übernahmen während des China-Booms die Finger verbrannt. Seitdem zeigten sich viele Unternehmen keusch gegenüber Milliarden-Deals. Das ändert sich jetzt.
Der Schweizer Rohstoffkonzern Glencore hatte sich zuvor schon um einen kanadischen Kupfer- und Zink-Hersteller bemüht. Heimgegangen ist das Baarer Unternehmen nur mit den Kohleminen der Kanadier. Es verwundert aber wenig, dass Glencore und andere Mitbewerber ins Spiel gebracht werden, um eine Gegenofferte für Anglo American zu lancieren.
Eines ist aber auch klar: Der Eigentümerwechsel einer Kupfermine bedeutet nicht, dass mehr produziert wird. Duncan Wanblad, der Chef von Anglo American, sagte nicht uneigennützig, dass die Übernahmen dem «Umstellen der Liegestühle auf der Titanic» ähnelten. Die Deals zeigen tatsächlich, dass es günstiger und schneller ist, Minen zu kaufen, als für neues Angebot zu sorgen. Laut S&P Global Market Intelligence ist die Pipeline nur in geringem Masse mit neuen Projekten gefüllt, die erwartete Nachfrage kann nicht befriedigt werden.
Die Gründe sind vielfältig: Bergbauprojekte sind langwierig und können Jahrzehnte benötigen. Zudem werden die besten oder die zugänglichsten Vorkommen bereits abgebaut. Es wird in Zukunft teurer für Investoren und Unternehmen. Bewilligungsverfahren sollten tatsächlich abgekürzt werden, übertriebene Forderungen der Rohstoffländer an Bergbaukonzerne können Investitionen abhalten.
Die Unternehmen müssen aber auch für einen verantwortungsvollen Abbau sorgen. Im Dezember schloss beispielsweise die Regierung in Panama eine grosse Kupfermine wegen öffentlichen Protesten. Die Branche ist auf das Vertrauen der lokalen Bevölkerung und der Regierungen angewiesen. Um abbauen zu können, muss zunächst aufgebaut werden: Das gilt für die Unternehmen und auch für die Politik.
Das rote Metall ist zur heissesten Ware in der Branche aufgestiegen.