Neue Zürcher Zeitung Sunday (V)
Schweizer Behörden befürchten Krawalle
Nächsten Freitag ist eritreischer Nationalfeiertag. Statt fröhliche Feierlichkeiten erwarten die Schweizer Behörden aber Ausschreitungen. «Wir sehen ein gewisses Risiko für gewaltsame Zusammenstösse», sagt Florian Düblin, Generalsekretär der kantonalen Polizeidirektorenkonferenz. Die KKJPD hat deshalb bereits Mitte April einen Brief an die Gemeinden und Städte verschickt und die Behörden um erhöhte Aufmerksamkeit gebeten. «Die Stimmung in der eritreischen Diaspora ist offenbar angespannt», sagt Düblin. Er rechne damit, dass es zu Konflikten kommen könne.
Zuerst in Oerlikon, dann im basellandschaftlichen Grellingen und zuletzt besonders heftig in Gerlafingen: Seit Monaten eskaliert die Gewalt innerhalb der Diaspora. Mit Eisenstangen bewaffnet, gehen Anhänger von Autokrat Afewerki und Oppositionelle aufeinander los. Oft kann die Polizei die verfeindeten Gruppen nur mit einem Grossaufgebot trennen. Das Unverständnis darüber, dass sich Schutzsuchende hierzulande bekriegen und sogar Polizisten verletzen, ist gross. Bundesrat Beat Jans wandte sich mit einer emotionalen Aufforderung an die Eritreer: «Hört auf, eure politischen Konflikte in der Schweiz auszutragen.»
Dabei kommt es nicht nur in der Schweiz zu diesen Spannungen. In den USA, in Israel und praktisch allen Ländern mit einer grossen eritreischen Gemeinde ist dasselbe passiert. Anlass für die Gewalt sind praktisch immer Feierlichkeiten von regimetreuen Eritreern, welche die Opposition verhindern will. Dass die Anhänger von Langzeitherrscher Afewerki in der Diaspora Feste feiern, ist kein neues Phänomen. Das erste grosse Eritrea-festival fand 1974 im italienischen Bologna statt. Seither finden diese Festivals jährlich statt, sie sind der häufigste Anlass für Ausschreitungen. Häufig werden dabei bekannte, regimetreue Musiker und Parteikader aus Eritrea eingeflogen, die vor den Anhängern Parolen verbreiten. Und es wird Geld für Eritrea gesammelt. Gerade die reiche Schweiz ist dabei interessant für das notorisch klamme Regime. Die Schweiz gilt als wichtige Spendenbasis.
Seit den Auseinandersetzungen spielen die Anhänger von Afewerki und die Opposition ein Katz-und-maus-spiel. Beide Seiten bespitzeln sich intensiv. Die Regimetreuen versuchen unter grosser Geheimhaltung Räume für die Feiern zu reservieren. Teilweise werden sie als Hochzeiten oder Geburtstagsfeiern getarnt. Es gilt Geheimhaltung: Die Teilnehmer werden per Whatsapp aufgeboten und in Bussen abgeholt. Sie wissen oft selber nicht, wo der Anlass schliesslich stattfinden wird. Auch vor dem nächsten Wochenende überschlagen sich die Gerüchte. Klar ist: Die Anhänger des Regimes werden versuchen, den für sie so wichtigen Tag zu feiern.