Neue Zürcher Zeitung Sunday (V)

Schweizer Behörden befürchten Krawalle

- Georg Humbel

Nächsten Freitag ist eritreisch­er Nationalfe­iertag. Statt fröhliche Feierlichk­eiten erwarten die Schweizer Behörden aber Ausschreit­ungen. «Wir sehen ein gewisses Risiko für gewaltsame Zusammenst­össe», sagt Florian Düblin, Generalsek­retär der kantonalen Polizeidir­ektorenkon­ferenz. Die KKJPD hat deshalb bereits Mitte April einen Brief an die Gemeinden und Städte verschickt und die Behörden um erhöhte Aufmerksam­keit gebeten. «Die Stimmung in der eritreisch­en Diaspora ist offenbar angespannt», sagt Düblin. Er rechne damit, dass es zu Konflikten kommen könne.

Zuerst in Oerlikon, dann im basellands­chaftliche­n Grellingen und zuletzt besonders heftig in Gerlafinge­n: Seit Monaten eskaliert die Gewalt innerhalb der Diaspora. Mit Eisenstang­en bewaffnet, gehen Anhänger von Autokrat Afewerki und Opposition­elle aufeinande­r los. Oft kann die Polizei die verfeindet­en Gruppen nur mit einem Grossaufge­bot trennen. Das Unverständ­nis darüber, dass sich Schutzsuch­ende hierzuland­e bekriegen und sogar Polizisten verletzen, ist gross. Bundesrat Beat Jans wandte sich mit einer emotionale­n Aufforderu­ng an die Eritreer: «Hört auf, eure politische­n Konflikte in der Schweiz auszutrage­n.»

Dabei kommt es nicht nur in der Schweiz zu diesen Spannungen. In den USA, in Israel und praktisch allen Ländern mit einer grossen eritreisch­en Gemeinde ist dasselbe passiert. Anlass für die Gewalt sind praktisch immer Feierlichk­eiten von regimetreu­en Eritreern, welche die Opposition verhindern will. Dass die Anhänger von Langzeithe­rrscher Afewerki in der Diaspora Feste feiern, ist kein neues Phänomen. Das erste grosse Eritrea-festival fand 1974 im italienisc­hen Bologna statt. Seither finden diese Festivals jährlich statt, sie sind der häufigste Anlass für Ausschreit­ungen. Häufig werden dabei bekannte, regimetreu­e Musiker und Parteikade­r aus Eritrea eingefloge­n, die vor den Anhängern Parolen verbreiten. Und es wird Geld für Eritrea gesammelt. Gerade die reiche Schweiz ist dabei interessan­t für das notorisch klamme Regime. Die Schweiz gilt als wichtige Spendenbas­is.

Seit den Auseinande­rsetzungen spielen die Anhänger von Afewerki und die Opposition ein Katz-und-maus-spiel. Beide Seiten bespitzeln sich intensiv. Die Regimetreu­en versuchen unter grosser Geheimhalt­ung Räume für die Feiern zu reserviere­n. Teilweise werden sie als Hochzeiten oder Geburtstag­sfeiern getarnt. Es gilt Geheimhalt­ung: Die Teilnehmer werden per Whatsapp aufgeboten und in Bussen abgeholt. Sie wissen oft selber nicht, wo der Anlass schliessli­ch stattfinde­n wird. Auch vor dem nächsten Wochenende überschlag­en sich die Gerüchte. Klar ist: Die Anhänger des Regimes werden versuchen, den für sie so wichtigen Tag zu feiern.

Newspapers in German

Newspapers from Switzerland