Schweizer Jihadist: «NDB hat mich nie verhört»
HASAKA. Daniel D.* war Kämpfer beim IS. In der Haft in Syrien wurde der Genfer von fünf ausländischen Geheimdiensten verhört.
KONTROVERS Abu Ilias al-swissri, wie sich Daniel D. beim IS nannte, sieht mager aus. Er trägt einen orangen Overall. «Wissen Sie, was sich in der Schweiz tut? Holt man mich zurück?», fragt der Genfer. Er wirkt betroffen, als die Antwort «Nein» lautet. Ausländische Geheimdienste haben im letzten Halbjahr am jungen Schweizer grosses Interesse gezeigt. «Ich wurde von den Amerikanern, den Franzosen, den Briten, den Deutschen und den Kurden vernommen», sagt Daniel D. zur 20-Minuten-reporterin. Die Amerikaner hätten sogar einen eigenen Psychologen mitgebracht.
«D. ist der erste und bislang einzige Schweizer, der von so vielen ausländischen Nachrichtendiensten detailliert befragt wurde. Das zeigt, wie wertvoll er als Informant ist und wie wichtig seine Kontakte waren», sagte eine Quelle aus Sicherheitskreisen. Umso überraschender, dass D. nach eigenen Angaben vom Schweizer Nachrichtendienst NDB nie befragt wurde, denn der Genfer dürfte im IS dem mittleren Kader angehört haben: Er absolvierte eine sechsmonatige militärische Ausbildung, was ungewöhnlich lange ist. Dann wurde er zum Sniper ausgebildet – und gehörte damit zur militärischen Elite.
Vor allem aber war Daniel D. «der beste Freund» von Ramzy B. Der mittlerweile getötete Tunesier wohnte wie D. in Genf. Er war mit der Anschlagsplanung des IS in Italien und Frankreich und wohl auch in der Schweiz befasst. «Ich bin der Einzige, der weiss, was Ramzy vorhatte und wie er arbeitete», sagt D. Auf die Anfrage beim NDB, ob der Schweizer in Syrien je verhört worden sei, gab es keine Antwort. Mauro Tuena (SVP), Vizepräsident der Sicherheitspolitischen Kommission des Nationalrates, sagt: «Ich bin sicher, dass der NDB Schweizer Bürger, die nach Syrien reisten und beim IS aktiv waren, ‹auf dem Radar› hat. Sie sind auch aus Schweizer Sicht eine sehr ernste Gefahr, und ich hoffe, dass ein solider Austausch zwischen den Geheimdiensten gewährleistet ist.»
*Name der Redaktion bekannt