Droht Anishs Vater in Sri Lanka Folter?
ZÜRICH. Die Lage in Sri Lanka sei viel schlimmer, als Bundesrätin Simonetta Sommaruga zugebe, sagt ein Asylanwalt.
Letzte Woche schloss Justizministerin Simonetta Sommaruga mit Sri Lanka eine Migrationspartnerschaft ab. Der Deal folgt auf eine Verschärfung der Asylpraxis im Jahr 2016. Damals hatte das Staatssekretariat für Migration (SEM) einen neuen Länderbericht für Sri Lanka verfasst. Darauf basie- rend entschied Sommarugas Departement: Rückführungen sind neu in alle Landesteile grundsätzlich zumutbar, auch in das ehemalige Konfliktgebiet im Norden.
Kein gutes Haar an der Asylpraxis mit Sri Lanka lässt Anwalt Gabriel Püntener, der auch den zwölfjährigen Anish und dessen Familie vertritt, die kurz vor der Ausschaffung nach Sri Lanka stehen (20 Minuten berichtete). Anishs Vater – er sei ehemaliger Tamil Tiger – würden Haft und Folter drohen. Der SEM-Bericht sei voll mit nicht belegten Quellen, die sich positiv über die Lage in Sri Lanka äussern würden. «Es ist gut möglich, dass das Departement Sommaruga diese Quellen einfach nur erfunden hat, um mehr Leute nach Sri Lanka ausschaffen zu können.» Denn Sommaruga sei unter Druck: «Sie muss Erfolge in der Asylpolitik vorweisen können, und mit vielen anderen Ländern, etwa Eritrea, ist ein Rücknahmeabkommen noch in weiter Ferne.»
SEM-Sprecher Lukas Rieder betont, das SEM habe die Aus- sagen im Länderbericht selbstverständlich nicht erfunden. «Alle zur Verfügung stehenden Informationen werden mit grösster Sorgfalt recherchiert, evaluiert und bearbeitet.» Die Lage in Sri Lanka habe sich in den letzten Jahren verbessert. Das habe auch der tamilische Oppositionsführer Rajavarothiam Sampanthan gegenüber der Schweizer Delegation bestätigt. «Das SEM prüft selbstverständlich trotzdem weiterhin sämtliche Asylgesuche individuell und sorgfältig.»