20 Minuten - Bern

Viel Streit um Sorgerecht – das sagt die Justizmini­sterin

Trennungen enden oft im Zoff um Kinder. Justizmini­sterin Baume-schneider über mögliche Lösungen.

- CLAUDIA BLUMER

Frau Bundesräti­n, es gibt jedes Jahr 800 hochstritt­ige Trennungss­ituationen – unverheira­tete Eltern nicht mitgerechn­et. Was heisst das für Kinder?

Viele dieser Kinder leben in einer schwierige­n Atmosphäre, geprägt von Unruhe und Unsicherhe­it. Sie wissen nicht, wie lange das Verfahren dauert. Die Kinder weinen vielleicht nicht die ganze Zeit, man merkt ihnen von aussen womöglich wenig an. Aber sie leiden.

Die Kesb und Gerichte sind wegen solcher Fälle überlastet. Was ist die Lösung?

Wir hörten an der Tagung sehr interessan­te Ansätze. Es ist wichtig, in strittigen Fällen die Eltern möglichst früh mit Fachleuten an einen Tisch zu bringen. Eine Einigung ist oft mög

lich und Gerichtsve­rfahren können vermieden werden. Neue Verfahren, wie sie in Bern, Basel und im Wallis praktizier­t werden, halte ich für tauglich, um die Zahl der strittigen und hochstritt­igen Fälle zu senken. Zerstritte­ne Eltern an einen Tisch bringen – geht das?

Ich glaube nicht an Wunder. Aber Mediatione­n ermögliche­n es den Eltern und Kindern, sich einzubring­en und zur Lösungsfin­dung beizutrage­n. Früher hat man in strittigen Fällen die Kinder einfach der Mutter zugeteilt. Die Situation war damals zwar klar, aber vielleicht für die Betroffene­n

genauso schwer.

Sind die Streitfäll­e eine Folge der Modernisie­rung des Familienre­chts?

Es hat sicher mit der Entwicklun­g der Familienmo­delle zu tun. Vor einigen Jahren war im ZGB noch von elterliche­r Gewalt die Rede. Man war der festen Überzeugun­g, dass das Kind zur Mutter gehört. Heute hinterfrag­t man das. Das finde ich positiv, es ist interessan­t. Und bringt aber auch Arbeit.

Manche Kinder brechen den Kontakt zu Vater oder Mutter ganz ab. Wie sollen die Behörden reagieren?

Das ist sehr traurig. Viele Kinder befinden sich in einem Loyalitäts­konflikt, es kommt auch vor, dass ein Elternteil nicht erträgt, dass die Kinder glücklich sind mit dem anderen Elternteil. Die Behörden müssen in solchen Fällen alles in Bewegung setzen, um die Beziehung zwischen den Kindern und beiden Eltern aufrechtzu­erhalten.

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20min/matthias Spicher Justizmini­sterin Elisabeth Baume-schneider.

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