Globetrotter-ceo: «Wir sind bereit, Geld zu verlieren»
BERN. Er weiss, worauf es beim Reisen ankommt: Globetrotter-chef André Lüthi. Der Weltenbummler über stürmische Zeiten, verunsicherte Kunden und Overtourism.
Sie sind Weltenbummler und Chef eines Reiseunternehmens, doch die letzten 14 Monate war das Reisen sehr eingeschränkt. Wie gross ist Ihr Fernweh?
Es ist riesig. Aber durch die Probleme in der Pandemie habe ich das Fernweh im Alltag vergessen. Ich hatte das Glück, meine Leidenschaft fürs Reisen zum Beruf zu machen. Nun musste ich lernen, dass das für einmal nicht geht.
Viele Länder beginnen mit Lockerungen. Wie siehts aus bei den Buchungen?
Das Interesse ging schon im Februar los, die Sehnsucht ist da. Doch die Kundschaft ist verunsichert. Sie lässt sich beraten, aber Reisen ausserhalb Europas ist noch fast unmöglich. Wir werden auch dieses Jahr wieder 80 Prozent an Umsatz einbüssen.
Das wäre das zweite Jahr mit Verlust. Dachten Sie auch ans Aufgeben?
Ja, aber solange ich als Unternehmer 30 Jahre das machen konnte, was Spass macht, will ich das Schiff nicht beim ersten Sturm verlassen. Ich will es durch den Sturm bringen. Aber wir kommen mit Schäden aus dem Sturm.
Sie mussten vier Filialen schliessen und Mitarbeiter entlassen …
Die Entlassungen waren sehr schmerzhaft. Ich habe meine Grenzen kennen gelernt. Ich hatte Momente, wo ich nicht mehr wusste, was richtig oder falsch ist.
Viele Talente haben die Reisebranche verlassen. Was machen Sie, um die Leute zu halten? Wir haben als Gesamtgruppe 120 Stellen abgebaut bis März. Dann drückten wir drei Aktionäre den Stoppknopf. Wir können uns nicht zu Tode sparen. Wir haben so gute Leute, deshalb sind wir bereit, Geld zu verlieren, um die Mitarbeitenden zu halten. Sonst fehlt das Know-how, wenn es wieder richtig losgeht.
Werden wir in Zukunft bewusster auf Reisen gehen?
Vor Corona hatten wir die Thematik des Overtourism. Den Besuchern und den Einheimischen war an den Hotspots nicht mehr wohl. Deshalb gab es Ideen für Kontingentierungen. Das waren richtige Wege. Corona hat nun den Trend, dass weniger mehr ist, verstärkt: besser eine lange statt viele kurze Reisen pro Jahr.