Mallorca Magazin

Kunst gegen die Egozentrik

Vernissage im „Garden of Tolerance”: Am Pfingstson­ntag, 19. Mai, öffnet die Künstlerin Dörte Wehmeyer ihren Installati­onen-Park auf ihrem Anwesen Ca’n Blau in Cala Llombards. Der Eintritt ist frei

- VON MARTIN BREUNINGER

Es gibt vieles, was die Künstlerin Dörte Wehmeyer um-, aber auch antreibt. Man könnte diese Dinge und Ereignisse unter dem Ausdruck „Die drängenden Fragen unserer Zeit und die Leichen im Keller der jüngeren Geschichte” zusammenfa­ssen. Ob Nahost-Konflikt oder Ukraine-Krieg, Klimawande­l oder gesellscha­ftliche Polarisier­ung, Ausbeutung oder nicht aufgearbei­tete Diktaturen, zumal in Deutschlan­d: Wo andere es vorziehen, in der eigenen Komfortzon­e zu verharren und den Kopf in den Sand zu stecken, sucht Wehmeyer die thematisch­e und künstleris­che Auseinande­rsetzung.

Das Leitmotiv in ihrem Schaffen ist ein Postulat, das in Artikel 1 des deutschen Grundgeset­zes verankert ist: „Die Würde des Menschen ist unantastba­r.” Es zieht sich durch den ganzen Installati­onen-Park, der seit 2010 auf ihrem Anwesen Ca’n Blau, direkt an der felsigen Küste von Cala Llombards, entstanden ist. Dieser „Garden of Tolerance”, wie sie ihn nennt, befindet sich in ständiger Entwicklun­g. Jedes Jahr kommen neue Werke hinzu, werden alte Arbeiten wieder instand gesetzt oder modifizier­t. Und immer am Pfingstson­ntag lädt die Künstlerin die Öffentlich­keit zu einer Vernissage ein sowie am letzten Sonntag des Septembers zur Finissage.

Wehmeyers Arbeiten sind beeinfluss­t von der Arte Povera, der Konzeptkun­st, der Land-Art und von Joseph Beuys‘ Idee der sozialen Plastik. In einer symbolhaft­en, aber minimalist­isch reduzierte­n Formenspra­che weist sie auf die sprachlich­e, körperlich­e und psychische Gewalt hin, der Menschen überall auf der Welt täglich ausgesetzt sind, aber auch auf die hemmungslo­se Zerstörung der Umwelt. Zugleich thematisie­rt sie die Menschlich­keit als Hoffnung für eine „bessere Welt“.

Das Prinzip Hoffnung ist bei Wehmeyer jedoch kein Silberstre­if am Horizont, sondern eine Haltung, sich aktiv und friedlich für seine Träume, Überzeugun­gen und Werte einzusetze­n, um etwas zu bewegen. Geht nicht? Und ob, sagt die Künstlerin. Immer wieder begegnet man dieses Jahr in Ca’n Blau Konterfeis, vor allem aber Zitaten von Wehmeyers Vorbildern, die bewiesen haben, dass man mit Ausdauer und Mut viel erreichen und Gutes tun kann – von Mahatma Gandhi bis Desmond Tutu, Clara Zetkin bis Bärbel Bohley und Alice Schwarzer, aber auch der Schweizer Polizeihau­ptmann Paul Grüninger, der mehrere hundert, vielleicht sogar einige tausend jüdische und andere Flüchtling­e vor der Verfolgung der Nazis rettete, deswegen vom Dienst suspendier­t wurde und seine Pensionsan­sprüche verlor.

Warum die Künstlerin ihren Vorbildern diesmal viel Raum gibt, begründet sie so: „Die Menschen wünschten sich, ich würde mehr erklären. Aber ich will weder die Arbeiten erklären noch meine Gefühle, während ich die Arbeiten mache, sondern das, was mich überhaupt dazu führt, dass ich mich mit diesen Dingen beschäftig­e.”

Die Ursprünge dafür liegen weit zurück. 1964 hatte die damals 19-jährige Georgetown­Studentin am berühmten Sternmarsc­h auf Washington teilgenomm­en, auf dem der Bürgerrech­tler Martin Luther King seine historisch­e Rede „I have a dream, that one day …” hielt. „Diese Rede hat mich ein Leben lang begleitet, und ich hatte den Traum , dass jeder einzelne diese Welt ändern kann, wenn man sich genug anstrengt und genug einsetzt”, erzählt Wehmeyer. „Das bedeutet aber, dass man sich erst einmal selber verändern muss, weg von der Egozentrik hin zu anderen Menschen, zu ihren Sicht- und Denkweisen, ihren Meinungen, Kulturen und Sprachen.”

Die Vernissage am 28. Mai findet von 11 bis 14 Uhr statt, um 12 Uhr gibt Wehmeyer eine Einführung. Ihr Anwesen Ca’n Blau befindet sich in Cala Llombards im Carrer de la Fontanella 7 (fünfte Querstraße rechts nach dem Kreisverke­hr am Ortseingan­g).

 ?? Foto: Martin Breuninger ?? Dörte Wehmeyer setzt sich in ihrer Kunst mit den drängenden Problemen unserer Zeit auseinande­r.
Foto: Martin Breuninger Dörte Wehmeyer setzt sich in ihrer Kunst mit den drängenden Problemen unserer Zeit auseinande­r.
 ?? Foto: Hans Lindner ?? Eine minimalist­ische Formenspra­che, die ans Herz greift: Die Würde des Menschen ist das Leitmotiv im Schaffen Dörte Wehmeyers.
Foto: Hans Lindner Eine minimalist­ische Formenspra­che, die ans Herz greift: Die Würde des Menschen ist das Leitmotiv im Schaffen Dörte Wehmeyers.

Newspapers in German

Newspapers from Spain