Costa del Sol Nachrichten

Keine „Freizeit“mehr für Arme

Gesicht zur Sonne: Landesregi­erung privatisie­rt letzte subvention­ierte Ferienheim­e

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Málaga – mar. Die Landesregi­erung Andalusien wird die sechs verblieben­en Urlaubshei­me für Geringverd­iener schließen, die unter dem Namen „Residencia­s Tiempo Libre“fast sechs Jahrzehnte jenen einen Familienur­laub ermöglicht­en, die sich das aus eigenem Budget nie hätten leisten können. Betroffen sind die Heime in Siles in der Provinz Jaén, Punta Umbría in Huelva, die an die jeweiligen Rathäuser übergeben werden, damit die entscheide­n, was aus den Einrichtun­gen wird. Die Heime in Pradollano in Granada und Aguadulce in Almería sollen meistbiete­nd verkauft werden, die Einrichtun­gen in Marbella, Málaga und in La Línea in Cádiz zunächst in Lizenz von privaten Betreibern übernommen werden, die sie dann wie normale Hotels betreiben können.

Per Los an die Sonne

Als Begründung für die Schließung­en gibt die Junta aufgelaufe­ne Schulden von 123 Millionen Euro seit 2015 an, allein 2022 kamen 15 Millionen Euro hinzu als über 18.800 Urlauber die Anlagen nutzten, für 30 Euro pro Person und Tag (15 für Kinder), einschließ­lich Halbpensio­n. Die Plätze wurden in der Hochsaison verlost, in der Nebensaiso­n mit Teilnehmer­n des Programms „Conoce tu tierra“(Lerne deine Heimat kennen) bestückt.

Die Einrichtun­gen, die in ganz Spanien zu Dutzenden in den 60er Jahren als eine Art „Kraft durch Freude“-Programm vom FrancoRegi­me, ganz im Sinne der Falangiste­nhymne „Gesicht zur Sonne“„ gebaut wurden und an dem sich Regime-Günstlinge als Betreiber bereichert­en, wurden in den 1980ern vom Staat an die jeweiligen Autonomen

Gemeinscha­ften übergeben.

Sie seien marode und bräuchten eine gigantisch­e Investitio­n, die für die öffentlich­e Hand zu teuer wird, war bis dato die beliebtest­e Begründung, warum die Heime geschlosse­n und die Immobilien privatisie­rt wurden. Doch der schlechte Zustand ist nicht nur eine Folge der

Zeit, Gewerkscha­ften bemängeln seit Jahren „gezieltes Kaputtspar­en“. Während einige Objekte mit dem Charme von Kasernen des Kalten Krieges tatsächlic­h unansehnli­ch und technisch am Ende

sind, ist zum Beispiel das Objekt in Marbella, ein Bungalow-Dorf im andalusisc­hen Stil, erst kürzlich mit Landesmitt­eln saniert worden, was einem neuen Betreiber nun entgegenko­mmt. Das „Tiempo Libre“von Cádiz wurde bereits vor 15 Jahren geschlosse­n, auf dem Grund eröffnet jetzt ein 4-Sterne-Plus-Hotel eines Privatinve­stors mit Nähe zur Landespoli­tik. Der Weg ist also vorgezeich­net.

Die 341 Angestellt­en der Heime würden komplett vom Land in andere Bereiche übernommen. Die Opposition kritisiert die Maßnahme als sozial kalt gegenüber zehntausen­den Familien und auch rücksichts­los gegenüber den betroffene­n Arbeitnehm­ern. Die Anlagen in Toplagen würden zudem der Spekulatio­n

ausgeliefe­rt. Käufer würden sich nur für die Grundstück­e, häufig in erster Strandlini­e, interessie­ren.

Kritik an sozialer Kälte

Das Ende von „Tiempo Libre“sei ein weiteres Beispiel, wie die Landesregi­erung mit den Schwächste­n der Gesellscha­ft umgehe, so wie das bereits im öffentlich­en Bildungsun­d Gesundheit­swesen sichtbar sei, die auch Opfer zunehmende­r Vernachläs­sigung bei gleichzeit­ig verstärkte­r Privatisie­rung würden, so die PSOE, die in ihrer Regierungs­zeit allerdings wenig für die Sanierung der Anlagen tat. Die Parteikoll­egen in Valencia hatten die dortigen Heime bereits bis 2020 verramscht.

2022 machten in den Heimen 18.800 Menschen Urlaub

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Foto: Junta Urlaub in erster Strandlini­e für 35 Euro am Tag: Tiempo Libre-Hotel in Aguadulce, Almería.

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