Costa del Sol Nachrichten

Liebe Leser,

- Stefan Wieczorek, Redakteur

und schon rollt der Ball der ungewöhnli­chen Fußball-EM „2020“. Vergangene Woche stellten wir im fußballkri­tischen Kommentar fest, dass bei allem Kommerz, aller Show das sportliche Herz tief verborgen immer noch schlägt. Aber wo genau? Nach den ersten Spielen der Europameis­terschaft können wir es etwas besser sagen. Allem voran, das zeigte uns der Samstag, pocht das Herz dort, wo viele Spieler die Hand hinlegen, während ihre Nationalhy­mne erklingt: In der Brust.

Ein zartes Herz ist es. Auch wenn die Fußballer sich oft gottgleich geben. Christian Eriksen wäre fast auf dem Platz verstorben. Weil das Herz des Dänen plötzlich versagte. Ein dramatisch­er, prägender Moment war es, als die Mitspieler, fassungslo­s und unter Tränen, eine Wand bildeten, während die Rettungskr­äfte um das Leben des jungen Mannes kämpften.

Europa hielt den Atem an. Und feierte, als Eriksen sich meldete: Ihm gehe es gut. Was für eine Erleichter­ung, was für ein Glück. Für seine Familie. Für das Turnier. Aber auch für die Zuschauer, die sich dem mit dem Tod kämpfenden Kicker auf einmal ganz nah fühlten. Kann das Schicksal nicht in jeder Sekunde jeden von uns ereilen?

Ja, im Fußball steckt noch Leben, wenn man gut hinschaut. Oder hinhört. „We are the people“, der EM-Song, der ständig erklingt, besingt die Hoffnung auf eine Generation, die das Herz in der Brust des Mitmensche­n stärker beachtet: „I feel your heart beatin‘ in my chest“. Diese Hoffnung tut gut, angesichts der Realität abseits des Fußballs, auch in Spanien.

An der Grenze bei Ceuta wurden kürzlich tausende Menschen als lebendiges Druckmitte­l der Politik missbrauch­t. Auf den Kanaren brachte ein Vater seine kleinen Töchter um, um sich an der Frau zu rächen.

So etwas verstört, beklemmt, entmutigt. Doch siehe da: Es geht auch anders. In Spanien sollen katalanisc­he Separatist­en begnadigt und aus der Haft befreit werden. Schön wäre noch, wenn das nicht aus politische­m Kalkül erfolgte. Sondern aus Rücksicht darauf, dass in der Brust des anderen vielleicht eine andere Flagge weht, aber dasselbe Herz pocht.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Spain