Unter Schock
Spanien wegen Tragödie um Olivia und Anna unter Schock – Häusliche Gewalt nimmt zu
Der Fall zweier ermordeter Mädchen aus Teneriffa schockiert die spanische Gesellschaft. Olivia und Anna wurden wohl von ihrem Vater getötet und im Meer versenkt – um der Mutter ein besonders großes Leid zuzufügen. Die Tat hat landesweite Proteste gegen die Macho-Gewalt ausgelöst.
Madrid – sk. Fassungslos, betroffen, tieftraurig und wütend reagieren viele Spanier auf die Tragödie um die kleinen Mädchen Anna und Olivia, die auf Teneriffa von ihrem eigenen Vater entführt und allen Indizien zufolge umgebracht wurden. Tausende Menschen haben am Wochenende in mehreren Städten in Spanien gegen die MachoGewalt demonstriert und ihre Solidarität mit der Mutter Beatriz Zimmermann bekundet. Ihr wollte Tomás Gimeno größtmögliches Leid zufügen – mit dem Mord an der ein- und der sechsjährigen Tochter.
Vergangenen Donnerstag stieß das Spezialboot „Ángeles Alvariño“des Ozeanographischen Instituts vor Teneriffa in 1.000 Metern Tiefe und drei Seemeilen vor der Kanaren-Insel auf eine Tasche mit den sterblichen Überresten der sechsjährigen Olivia. Die „Ángeles Alvariño“verfügt über ein ausgeklügeltes Sonar- und Ortungssystem sowie Roboter, die nicht dem Meer zugehörende Objekte noch in großer Tiefe aufspüren können. Das Schiff kämmte das Gebiet durch, in dem zuletzt das Handy des 37-jährigen Vaters der beiden Mädchen geortet worden war. Die Sporttasche hing an einem Anker, neben ihr fanden die Ermittler eine weitere, allerdings leere Tasche.
Die beiden Mädchen auf Teneriffa sind nicht die einzigen Opfer, die die Demonstranten an diesem Wochenende beklagen. Am Tag, an dem die Tasche mit der Leiche von Olivia aus dem Meer auftauchte, kam der grausame Mord
an der 17-jährigen Rocío Caíz ans Tageslicht. Die junge Mutter eines vier Monate alten Kindes aus Estepa bei Sevilla in Andalusien wurde von ihrem Lebenspartner regelrecht zerlegt. Danach soll er angeblich schlafen gegangen sein. Binnen eines Monats fielen elf der 19 in diesem Jahr ermordeten Frauen ihren (Ex-) Partnern zum Opfer. Die Polizei bringt den Anstieg sexueller Gewalt mit dem
Ende der Auflagen zur Eindämmung des Coronavirus in Verbindung, die Demonstranten und Feministen mit dem Patriachariat und der Macho-Kultur.
Die Suche nach der vermissten Anna und ihrem Vater läuft derweil weiter. Am Tag der Entführung, dem 27. April, erfassten Sicherheitskameras Tomás Gimeno mit sechs Taschen, die er von seinem Audi A3 in sein Boot lud. Der Rekonstruktion des Tathergangs zufolge hatte Gimeno die beiden Mädchen zuvor betäubt, erwürgt und ihre Körper in Handtücher und Müllsäcke gewickelt, die er dann in Sporttaschen packte. Damit fuhr
er schließlich in den Sporthafen Marina Tenerife und brach gegen 22 Uhr dort mit dem Boot auf. Als Taucher wusste Tomás Gimeno genau, wo der Atlantik vor Teneriffa tief war und die Leichen wohl niemals gefunden werden würden. Sein Kalkül ging nur nicht auf, weil die Ermittler auf die „Ángeles Alvariño“und ihr Ortungssystem zurückgreifen konnten.
Sein Boot fand man am Tag darauf leer und ohne Anker vor Puertito de Güimar im Osten der Insel. Kurz darauf tauchte der Kindersitz von Anna auf, dann eine Sauerstoffflasche und eine Decke.
In den Telefonaten mit Beatriz
Zimmermann erweckte Tomás Gimeno den Eindruck, als wolle er mit den Mädchen fliehen und womöglich in Afrika ein neues Leben beginnen. Auch deswegen nahm die Öffentlichkeit so großen Anteil am Schicksal von Olivia und Anna. Bis zuletzt gab es einen Funken Hoffnung. Die Polizei aber sucht seit Wochen fast nur noch auf hoher See nach den vermissten Kindern. Die Ermittler wussten wohl recht bald, wie sie das Täterprofil und Motiv einzuschätzen hatten.
Rache trieb Gimeno an
Tomás Gimeno wollte sich offenbar an seiner Ex-Frau Beatriz Zimmermann rächen, indem er sie ihr Leben lang in der Ungewissheit ließ, ob ihre Töchter im Meer ertranken oder anderswo weit weg von ihr weiterleben. In Spanien nennt man diese perverse Form von Gewalt in der Partnerschaft violencia vicaria, im Deutschen spricht man bisweilen vom Medea-Syndrom. Der Vater will eigentlich nicht seinen eigenen Kindern Leid zufügen, sondern er benutzt sie, damit er ihre Mutter mit dem größtmöglichen Leid strafen kann und ihre Kinder und dann sich selbst tötet.
Tomás Gimeno kam wohl nicht darüber hinweg, dass Beatriz Zimmermann vor einem Jahr die Beziehung beendete und ein neues Leben begann. Medienberichten zufolge hatte er eine Privatdetektivin auf seine ehemalige Partnerin angesetzt. Auch ihren neuen Lebensgefährten soll er verprügelt haben.
Vater benutzt Kinder, um Mutter größtmögliches Leid zuzufügen