Keine Fähren
Marokko kappt Fährverkehr mit Spanien – Gastarbeiter müssen von Frankreich und Italien aus reisen
Marokko kappt in diesem Sommer erneut den Fährverkehr mit Spanien. Nordafrikanische Urlauber müssen in Italien oder Frankreich einschiffen, um in ihre Heimat zu gelangen. Als Motiv führt Marokko wie 2020 Corona an. Wahrer Grund dürfte diesmal aber der diplomatische Konflikt mit Spanien sein.
Madrid – sk. Die Reisewelle nordafrikanischer Urlauber schwappt wieder nicht über die spanische Mittelmeerküste. Die marokkanische Regierung hat spanische Häfen von der sogenannten Operation Meerenge – La Operación Paso del Estrecho (OPE) – ausgeschlossen. Marokkanische Einwanderer können also, wenn sie in den Sommerferien in ihre Heimat zurückkehren wollen, nicht wie üblich mit der Fähre von Algeciras aus übersetzen, auch nicht von Valencia, Alicante und Almería aus. Der Fährverkehr nach Marokko verläuft in diesem Jahr über Genua in Italien und Sète in Frankreich. Die marokkanische Regierung begründete die Maßnahme, die Millionen von Einnahmeverlusten für die spanischen Gebiete entlang der Reiseroute bedeutet, mit der Coronavirus-Pandemie. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.
Vielen Beobachtern fällt natürlich die diplomatische Krise in Ceuta vor wenigen Wochen ein. Da setzte König Mohammed VI. die Grenzkontrollen aus und machte Tausenden Migranten den Weg auf EU-Gebiet frei, nachdem Spanien einen politischen Führer der Frente Polisario aus der Westsahara wegen einer schweren Covid-19-Erkrankung in Logroño behandeln ließ. Mit Sorgen beobachtete Spanien nun die Bemühungen Rabats, eine gemeinsame Militärübung mit den USA in die Westsahara zu verlegen, der Washington letztendlich eine Absage erteilte. Mit den diplomatischen Beziehungen zwischen Madrid und Rabat steht es derzeit also nicht zum Besten.
Allerdings informierte Rabat, dass es ab 15. Juni den Flugverkehr wieder aufnehmen will. Dabei rangiert Spanien in der sogenannten Gruppe A, in der lediglich ein Impfnachweis oder ein negativer
Die Operation Meerenge muss monatelang vorbereitet werden
PCR-Test für die Einreise erforderlich ist. Und ganz überraschend kam die Absage der OPE auch nicht. Die Operation Meerenge erfordert einen Vorlauf, um sie reibungslos abwickeln zu können. Der marokkanische Außenminister Naser Burita räumte mit der Absage
womöglich nur Zweifel aus. „Die Operation Meerenge ist nicht einfach eine Überfahrt, sie muss ab April vorbereitet und zwischen mehreren Ländern koordiniert werden. Es ist offensichtlich, dass Marhaba – so wie wir sie nennen – mit all der Vorbereitung und Organisation nicht stattfinden wird.“
Die Operation Meerenge ist eine gigantische Reisewelle, die von Juni bis September andauert. Jeden Sommer machen sich etwa drei Millionen Nordafrikaner, die vor allem in Frankreich und Spanien arbeiten, in schätzungsweise 800.000 oft bis obenhin vollbepackten Autos auf den Weg in die Heimat. Sie überqueren meist in Algeciras die Meerenge und kehren wieder zurück. Fährgesellschaften, Hafenarbeiter, Reinigungskräfte, Hotel- und Gastronomiebetriebe bauen seit 1987 auf diese Einnahmen, die nun im zweiten Jahr in Folge wegen der Coronaviruskrise ausfallen. Auf bis zu 500 Millionen Euro werden die Einkommensverluste beziffert.
Herbe Einkommensverluste
Hart treffen wird die Entscheidung ausgerechnet die spanische Provinz Cádiz, in der die Arbeitslosenquote bei astronomischen 25 Prozent liegt. Nicht ganz zu Unrecht weist man dort darauf hin, dass die Coronavirus-Inzidenzen in spanischen Häfen nicht höher liegen als in französischen und italienischen.