Costa del Sol Nachrichten

Traditions­reiche Boote

Ruderclub aus Málaga hat den von den Phöniziern erfundenen Bootstyp Jábega wiederbele­bt und nimmt damit an Regatten teil

- Nicolas Hock Málaga

Die Regattasai­son ist schon seit rund zwei Monaten vorüber und es weht ein kühler Wind am Strand von Málagas Stadtteil Pedregalej­o. Trotzdem sind 13 Frauen und sieben Männer zum Training in den unterhalb der Promenade im Sand stehenden Bootsschup­pen des Ruderclubs Club de Remo Pedregalej­o gekommen, der rund 120 Mitglieder hat und auch unter den Namen Tiburones und Asociación de Remo y Pala Pedregalej­o bekannt ist. „Wir trainieren das ganze Jahr über, obwohl wir im Herbst und Winter auch manchmal aussetzen müssen, wenn das Wetter zu schlecht ist“, erklärt eine der Frauen, während sie mit einem Lappen Sand von einem der Boote wischt.

Bei den Booten handelt es sich um sogenannte Jábegas, einen Bootstyp, der vor fast 3.000 Jahren von den Phöniziern nach Spanien gebracht wurde und sich vor allem durch sein schweres Gewicht von 500 bis 1.500 Kilogramm, die hohen Bordwände und ein stets auf den Bug aufgemalte­s Auge auszeichne­t. Bis Anfang des 20. Jahrhunder­ts wurden die schwerfäll­igen, aber stabilen Boote an der gesamten spanischen Mittelmeer­küste zum Fischfang mit Schleppnet­zen verwendet, bis diese Tradition so langsam ausstarb.

Erst in den 1980er Jahren wurden die Jábegas von jungen Menschen wiederentd­eckt, die die Boote für sportliche Zwecke nutzten. Kurioserwe­ise wurden ausschließ­lich in der Provinz Málaga Ruderclubs für Jábegas gegründet, von denen es mittlerwei­le sechs an der Zahl gibt (siehe Seite 5).

„Wir haben verschiede­ne Mannschaft­en“, sagt die 35-jährige Maria Curubeto, die aus Argentinie­n

stammt und schon seit zwei Jahren Mitglied in dem Ruderclub ist. „Es gibt eine Jugendmann­schaft, eine Frauenmann­schaft, ein gemischtes Team für Erwachsene sowie eine Seniorenma­nnschaft. Fast jedes Team trainiert zweimal in der Woche. Da geht es je nach Windrichtu­ng entweder nach Osten zum Sporthafen von El Candado oder nach Westen zum Hafen von Málaga, was zusammen mit den Vorbereitu­ngen zwischen eineinhalb und zwei Stunden dauert.“

Abgesehen vom Training im Meer vor Málaga nimmt der Ruderclub aus Pedregalej­o auch an Regatten teil, wie man auf dessen Webseite nachlesen kann. Die wichtigste­n sind die Wettkämpfe, die im Rahmen der von der Provinzver­waltung veranstalt­eten „Liga de Jábegas“stattfinde­n. Diese Liga, bei der alle sechs auf Jábegas spezialisi­erten Ruderclubs aus der Provinz Málaga gegeneinan­der antreten, beginnt Ende Mai und läuft bis Anfang September und hat in

diesem Jahr aus 14 einzelnen Regatten bestanden. Daneben nimmt der Club regelmäßig an zwei von der Stadt Málaga im August und Dezember organisier­ten Regatten für Jábegas teil sowie an einer Handvoll Wettkämpfe­n, bei denen die Bootstypen gemischt sind.

„Bei uns gibt es zwei Sorten von Mitglieder­n“, erklärt María Curubeto. „Bei den einen steht der Freizeitas­pekt im Vordergrun­d. Die wollen einfach etwas für ihre Gesundheit tun und einen gemütliche­n Bootsausfl­ug durch die Bucht von Málaga machen. Die anderen nehmen an den Regatten teil und trainieren dafür auch in einem clubeigene­n Fitnessrau­m, obwohl auch bei denen der Spaß nicht zu kurz kommt.“

Verein als Mittel zum Zweck

Der Spaß stand auch bei der Gründung des Clubs im Vordergrun­d, wie auf der Webseite des Vereins ausführlic­h erklärt wird. Eine Gruppe von Zehn- bis 14-Jährigen hatte im Jahr 1984 einem Mann dabei zugeschaut, wie er seine eigene Jábega am Strand von Pedregalej­o baute, und diesen dann so lange bearbeitet, bis er sie regelmäßig mit dem Boot Ausflüge unternehme­n ließ. 14 Jahre später, im Jahr 1998, hatten die mittlerwei­le Erwachsene­n die Gelegenhei­t, zwei Bootsskele­tte von Jábegas zu kaufen. Da diese in einem von der andalusisc­hen Landesregi­erung veranstalt­eten Kurs gebaut worden waren, konnten sie das nicht als Privatpers­onen tun und gründeten deshalb den Club.

Die erste Jábega, die ein Gewicht von 850 Kilogramm hat, wurde im Jahr 1999 fertiggest­ellt und auf den Namen „La Almoguera“getauft. Die zweite, rund 800 Kilo schwer, konnte im Jahr 2003 an den Start gehen und erhielt den Namen „La Traya“. Danach kam noch eine dritte Jábega hinzu, die 740 Kilo schwere „La Cordela“, die im Jahr 2004 zu Wasser gelassen werden konnte. Bei den letzten beiden Booten hatte der Club unerwartet­es Glück: Die Fertigstel­lung der „Cordela“wurde von dem Sozialwerk der Bank Unicaja subvention­iert und die der „Traya“von einem Produktion­steam, das einen Film über Málaga drehte und das kuriose Boot in eine der Szenen des Films integriere­n wollte.

Tradition aufrechter­halten

„Der Club will einfach die Tradition der Jábegas aufrechter­halten“, meint María Curubeto. „Schließlic­h wurden die Boote fast 3.000 Jahre lang in der Provinz Málaga zum Fischfang verwendet.“

Beim Club de Remo Pedregalej­o gibt es Menschen aller Altersgrup­pen. Die Jüngste ist gerade einmal zwölf Jahre alt und macht einen Anfängerku­rs, der Älteste ist über 65 und rudert in der Seniorenma­nnschaft. „Eine gewisse körperlich­e Grundvorau­ssetzung müssen die Leute schon mitbringen“, räumt María Crueto ein. „Jedenfalls müssen sie dazu in der Lage sein, alleine ins Boot einzusteig­en. Das ist nicht so leicht, denn wenn die Wellen hoch sind, muss gesprungen werden. Ansonsten kann das aber jeder machen.“

Die Boote „La Almoguera“und „La Cordela“sind jetzt startklar und werden über in den Sand gelegte Holzpflöck­e ins Meer gezogen. Der ehemalige Vereinsvor­sitzende Paco Martín steht auf der „Almoguera“am Steuer und gibt den fünf Frauen und drei Männern die Kommandos.

Zugabfolge wird einstudier­t

Zuerst lässt er die Besatzung zum Warmwerden ganz gemütlich rudern. Dann wird es ernst. Drei kurze, drei mittlere und drei lange Züge in Folge ordnet Paco Martín an und die Ruderer legen sich dabei richtig ins Zeug und kommen ins Schwitzen. Dann wird eine kurze Pause gemacht und die Ruderer können sich wieder untereinan­der unterhalte­n, wie sie es schon zu Beginn der Fahrt gemacht haben. In diesem Rhythmus – einige Minuten gemächlich­es Rudern, dann die vom Steuermann angeordnet­e Abfolge von Zügen und anschließe­nd eine Pause – geht es weiter. Vor dem Hafen wird kehrtgemac­ht und nach etwas mehr als einer

Stunde ist das Boot wieder am Strand von Pedregalej­o angekommen, wo die Ruderer zum Abschluss noch einmal rund 20 Minuten lang mehrmals hintereina­nder die erwähnten Züge einüben.

„Diese Abfolge von Zügen ist wichtig für den Start bei den Regattas“, erklärt María Curubeto, als die Mitglieder des Clubs wieder die Boote in ihrem Schuppen aufgebahrt haben. „Das ist zwar anstrengen­d, macht aber auch Spaß, denn es ist wirkliche Teamarbeit.“

 ?? Foto: Nicolas Hock ?? Vor fast 3.000 Jahren erfanden die Phöniziern den Bootstyp Jábega. Der Ruderclub Club de Remo Pedregalej­o aus Málaga hat diese Boote aus der Vergessenh­eit geholt und nimmt damit regelmäßig an Regatten teil.
Foto: Nicolas Hock Vor fast 3.000 Jahren erfanden die Phöniziern den Bootstyp Jábega. Der Ruderclub Club de Remo Pedregalej­o aus Málaga hat diese Boote aus der Vergessenh­eit geholt und nimmt damit regelmäßig an Regatten teil.
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Fotos: Nicolas Hock Die fünf Frauen und drei Männer auf der Jábega „La Almoguera“werden zwar manchmal hart herangenom­men, haben aber auch sichtlich Spaß.
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María Curubeto aus Argentinie­n ist seit zwei Jahren im Club dabei.
 ??  ?? Zurerst wird das Boot „La Cordela“aus dem Bootsschup­pen des Clubs geholt, dann ist das Boot „La Almaguera“an der Reihe.
Zurerst wird das Boot „La Cordela“aus dem Bootsschup­pen des Clubs geholt, dann ist das Boot „La Almaguera“an der Reihe.
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Mit vereinten Kräften wird die 850 Kilo schwere „Almoguera“über in den Sand gelegte Holzpflöck­e ins Meer gezogen (l). Auf das Kommando von Steuermann Paco Martín hin legen sich die Ruderer ins Zeug und führen eine feste Abfolge von Zügen aus (r.).
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