Traditionsreiche Boote
Ruderclub aus Málaga hat den von den Phöniziern erfundenen Bootstyp Jábega wiederbelebt und nimmt damit an Regatten teil
Die Regattasaison ist schon seit rund zwei Monaten vorüber und es weht ein kühler Wind am Strand von Málagas Stadtteil Pedregalejo. Trotzdem sind 13 Frauen und sieben Männer zum Training in den unterhalb der Promenade im Sand stehenden Bootsschuppen des Ruderclubs Club de Remo Pedregalejo gekommen, der rund 120 Mitglieder hat und auch unter den Namen Tiburones und Asociación de Remo y Pala Pedregalejo bekannt ist. „Wir trainieren das ganze Jahr über, obwohl wir im Herbst und Winter auch manchmal aussetzen müssen, wenn das Wetter zu schlecht ist“, erklärt eine der Frauen, während sie mit einem Lappen Sand von einem der Boote wischt.
Bei den Booten handelt es sich um sogenannte Jábegas, einen Bootstyp, der vor fast 3.000 Jahren von den Phöniziern nach Spanien gebracht wurde und sich vor allem durch sein schweres Gewicht von 500 bis 1.500 Kilogramm, die hohen Bordwände und ein stets auf den Bug aufgemaltes Auge auszeichnet. Bis Anfang des 20. Jahrhunderts wurden die schwerfälligen, aber stabilen Boote an der gesamten spanischen Mittelmeerküste zum Fischfang mit Schleppnetzen verwendet, bis diese Tradition so langsam ausstarb.
Erst in den 1980er Jahren wurden die Jábegas von jungen Menschen wiederentdeckt, die die Boote für sportliche Zwecke nutzten. Kurioserweise wurden ausschließlich in der Provinz Málaga Ruderclubs für Jábegas gegründet, von denen es mittlerweile sechs an der Zahl gibt (siehe Seite 5).
„Wir haben verschiedene Mannschaften“, sagt die 35-jährige Maria Curubeto, die aus Argentinien
stammt und schon seit zwei Jahren Mitglied in dem Ruderclub ist. „Es gibt eine Jugendmannschaft, eine Frauenmannschaft, ein gemischtes Team für Erwachsene sowie eine Seniorenmannschaft. Fast jedes Team trainiert zweimal in der Woche. Da geht es je nach Windrichtung entweder nach Osten zum Sporthafen von El Candado oder nach Westen zum Hafen von Málaga, was zusammen mit den Vorbereitungen zwischen eineinhalb und zwei Stunden dauert.“
Abgesehen vom Training im Meer vor Málaga nimmt der Ruderclub aus Pedregalejo auch an Regatten teil, wie man auf dessen Webseite nachlesen kann. Die wichtigsten sind die Wettkämpfe, die im Rahmen der von der Provinzverwaltung veranstalteten „Liga de Jábegas“stattfinden. Diese Liga, bei der alle sechs auf Jábegas spezialisierten Ruderclubs aus der Provinz Málaga gegeneinander antreten, beginnt Ende Mai und läuft bis Anfang September und hat in
diesem Jahr aus 14 einzelnen Regatten bestanden. Daneben nimmt der Club regelmäßig an zwei von der Stadt Málaga im August und Dezember organisierten Regatten für Jábegas teil sowie an einer Handvoll Wettkämpfen, bei denen die Bootstypen gemischt sind.
„Bei uns gibt es zwei Sorten von Mitgliedern“, erklärt María Curubeto. „Bei den einen steht der Freizeitaspekt im Vordergrund. Die wollen einfach etwas für ihre Gesundheit tun und einen gemütlichen Bootsausflug durch die Bucht von Málaga machen. Die anderen nehmen an den Regatten teil und trainieren dafür auch in einem clubeigenen Fitnessraum, obwohl auch bei denen der Spaß nicht zu kurz kommt.“
Verein als Mittel zum Zweck
Der Spaß stand auch bei der Gründung des Clubs im Vordergrund, wie auf der Webseite des Vereins ausführlich erklärt wird. Eine Gruppe von Zehn- bis 14-Jährigen hatte im Jahr 1984 einem Mann dabei zugeschaut, wie er seine eigene Jábega am Strand von Pedregalejo baute, und diesen dann so lange bearbeitet, bis er sie regelmäßig mit dem Boot Ausflüge unternehmen ließ. 14 Jahre später, im Jahr 1998, hatten die mittlerweile Erwachsenen die Gelegenheit, zwei Bootsskelette von Jábegas zu kaufen. Da diese in einem von der andalusischen Landesregierung veranstalteten Kurs gebaut worden waren, konnten sie das nicht als Privatpersonen tun und gründeten deshalb den Club.
Die erste Jábega, die ein Gewicht von 850 Kilogramm hat, wurde im Jahr 1999 fertiggestellt und auf den Namen „La Almoguera“getauft. Die zweite, rund 800 Kilo schwer, konnte im Jahr 2003 an den Start gehen und erhielt den Namen „La Traya“. Danach kam noch eine dritte Jábega hinzu, die 740 Kilo schwere „La Cordela“, die im Jahr 2004 zu Wasser gelassen werden konnte. Bei den letzten beiden Booten hatte der Club unerwartetes Glück: Die Fertigstellung der „Cordela“wurde von dem Sozialwerk der Bank Unicaja subventioniert und die der „Traya“von einem Produktionsteam, das einen Film über Málaga drehte und das kuriose Boot in eine der Szenen des Films integrieren wollte.
Tradition aufrechterhalten
„Der Club will einfach die Tradition der Jábegas aufrechterhalten“, meint María Curubeto. „Schließlich wurden die Boote fast 3.000 Jahre lang in der Provinz Málaga zum Fischfang verwendet.“
Beim Club de Remo Pedregalejo gibt es Menschen aller Altersgruppen. Die Jüngste ist gerade einmal zwölf Jahre alt und macht einen Anfängerkurs, der Älteste ist über 65 und rudert in der Seniorenmannschaft. „Eine gewisse körperliche Grundvoraussetzung müssen die Leute schon mitbringen“, räumt María Crueto ein. „Jedenfalls müssen sie dazu in der Lage sein, alleine ins Boot einzusteigen. Das ist nicht so leicht, denn wenn die Wellen hoch sind, muss gesprungen werden. Ansonsten kann das aber jeder machen.“
Die Boote „La Almoguera“und „La Cordela“sind jetzt startklar und werden über in den Sand gelegte Holzpflöcke ins Meer gezogen. Der ehemalige Vereinsvorsitzende Paco Martín steht auf der „Almoguera“am Steuer und gibt den fünf Frauen und drei Männern die Kommandos.
Zugabfolge wird einstudiert
Zuerst lässt er die Besatzung zum Warmwerden ganz gemütlich rudern. Dann wird es ernst. Drei kurze, drei mittlere und drei lange Züge in Folge ordnet Paco Martín an und die Ruderer legen sich dabei richtig ins Zeug und kommen ins Schwitzen. Dann wird eine kurze Pause gemacht und die Ruderer können sich wieder untereinander unterhalten, wie sie es schon zu Beginn der Fahrt gemacht haben. In diesem Rhythmus – einige Minuten gemächliches Rudern, dann die vom Steuermann angeordnete Abfolge von Zügen und anschließend eine Pause – geht es weiter. Vor dem Hafen wird kehrtgemacht und nach etwas mehr als einer
Stunde ist das Boot wieder am Strand von Pedregalejo angekommen, wo die Ruderer zum Abschluss noch einmal rund 20 Minuten lang mehrmals hintereinander die erwähnten Züge einüben.
„Diese Abfolge von Zügen ist wichtig für den Start bei den Regattas“, erklärt María Curubeto, als die Mitglieder des Clubs wieder die Boote in ihrem Schuppen aufgebahrt haben. „Das ist zwar anstrengend, macht aber auch Spaß, denn es ist wirkliche Teamarbeit.“