Nur mit Maske
Mundschutz ist ab sofort Pflicht – Notstand um zwei Wochen verlängert
Es war nur eine Frage der Zeit: Ab sofort gilt in ganz Spanien Maskenpflicht – und zwar in allen öffentlich zugänglichen, geschlossenen Räumen sowie im Freien, wenn der Mindestabstand von zwei Metern nicht gewährleistet ist. Die Regierung verlängert außerdem das Notstandsdekret – allerdings nur um zwei Wochen, bei der von Ministerpräsident Pedro Sánchez angestrebten Verlängerung um einen ganzen Monat stellte sich Ciudadanos quer. Unterdessen hoffen die Provinzen, die zwei Wochen in Phase 1 erfolgreich überstanden haben, auf den Sprung in Phase 2 ab Montag, 25. Mai. Dann winken weitere Lockerungen beim Einkaufen, Sport oder auswärts Essen.
Europa drängt auf die Öffnung der Grenzen
Madrid – sk. Eine weitreichende Maskenpflicht ist am Donnerstag, 21. Mai, in Spanien in Kraft getreten. Demnach verpflichtet die Regierung Bürger ab sechs Jahren, in allen öffentlichen und geschlossen Räumen Atemschutzmasken zu tragen. Im Freien muss man sich den Schutz gegen Infektionen mit dem Coronavirus nicht über Mund und Nase stülpen, außer auf Straßen und Plätzen, auf denen der Mindestabstand nicht eingehalten werden kann (s. Seite 9).
Diese Maßnahme fußt auf dem Notstandsdekret, das der Regierung als rechtliche Grundlage für alle Eindämmungsmaßnahmen in der Corona-Krise dient. Diese Woche musste die Regierung abermals hart um eine parlamentarische Mehrheit für die alle zwei Wochen fällige Verlängerung des Notstandsdekrets ringen. Letztendlich musste Ministerpräsident Pedro Sánchez einen Kompromiss eingehen und Abstand nehmen von seinem ursprünglichen Vorhaben, den Notstand ein letztes Mal um vier Wochen auf einen Schlag zu verlängern. Die Liberalen von Ciudadanos (C’s) wollten nur eine zweiwöchige Frist mittragen. Die Regierung hat es zumindest in diesem Anlauf also nicht geschafft, den Deeskalationsplan und das Notstandsdekret zeitgleich Ende Juni auslaufen zu lassen.
Offen bleibt, wie sich das auf eine mögliche Öffnung der Grenzen auswirkt. Das Schengenabkommen hat die Regierung auf Grundlage des Notstandsdekrets ausgesetzt derzeit bis 15. Juni. Europa drängt auf eine baldige Grenzöffnung und auch die Bundesrepublik Deutschland wünscht sich zumindest Klarheit darüber, wo ihre Bürger nach der Aufhebung der Reisewarnung des Auswärtigen Amts ab Mitte Juni Urlaub machen können. Die spanische Regierung stellt bisher Ende Juni, Anfang Juli in Aussicht, da der Deeskalationsplan erst am 24. Juni ausläuft.
Auch fällt es der Regierung schwer, das Land und seine verschiedenen Territorien einigermaßen beim Durchlaufen der verschiedenen Phasen des Deeskalationsplans zusammenzuhalten. Derzeit darben Madrid, Barcelona und weite Teile von Kastilien und León noch in der Phase 0, während der Rest des Festlandes zumindest die Lockerungen des Phase 1 genießt und einige Kanareninseln sowie Formentera bereits die Vorhut für die Phase 2 bilden.
Derzeit prüft das Gesundheitsministerium, wer am Montag, 25. Mai, in die Phase 2 vorrücken kann. Auf Murcia dürften dabei keine großen Schwierigkeiten zukommen, auf Andalusien und Valencia sehr wohl. Denn die Provinzen Málaga und Granada befinden sich erst seit Montag, 18. Mai, in der Phase 1 und müssen diese trotz guter Fallzahlen nach Vorschrift zwei Wochen lang durchlaufen. Damit kann Andalusien nicht geschlossen aufrücken.
Die Region Valencia will es gar nicht erst probieren. Ministerpräsident Ximo Puig beschloss am Dienstag, dass alle Valencianer noch eine weitere Woche in der Phase 1 bleiben, um dann geschlossen aufzusteigen. Die valencianischen Ballungsräume um Castellón, Valencia und Alicante schafften es auch erst am 18. Mai in die Phase 1. Pünktlich dazu lieferte der sonst furztrockene Staatsanzeiger ein Bonbon für Schnäppchenjäger: Geschäfte unter 400 Quadratmetern dürfen wieder Sonderangebote – also Rebajas – machen, immer dann, „ wenn Massenaufläufe vermieden werden, die die Wahrung des Sicherheitsabstands verhindern“.
Start in Phase 2
Die Gebiete, die am Montag in Phase 2 starten – welche das sein werden, wird erst am Wochenende bekanntgegeben – dürfen sich über weitere Lockerungen der Ausgangssperre freuen. Zum Beispiel öffnen Strände wieder für Badegäste. Der Sicherheitsabstand muss eingehalten werden, Fußduschen und Sportgeräte bleiben tabu.
Ein weiteres Bonbon ist die Abschaffung der feststehenden Spaziergeh- und Sportzeiten. Nur noch die Zeitspannen für Senioren ab 70 Jahren und für Risikopatienten – also von 10 bis 12 und 19 bis 20 Uhr –, bleiben bestehen. Die räumlichen Begrenzungen sind allerdings weiterhin einzuhalten, sowohl in Phase 1 als auch in Phase 2: also Spaziergänge nur im Umkreis von einem Kilometer ab der Haustür, Sport innerhalb des jeweiligen Wohnorts.
Auch für Geschäftsleute bringt die Phase 2 weitere Lockerungen. Einkaufszentren dürfen öffnen, allerdings dürfen Kunden nicht in den Freizeit-, Gemeinschafts- und
Kinderbereichen verweilen und in den Geschäften gilt eine Kundenbeschränkung von 40 Prozent des Fassungsvermögens.
Die Wochenmärkte können auf ein Drittel ihrer ursprünglichen Größe wachsen und Bars und Restaurants dürfen ihre Innenräume öffnen, wobei allerdings nur 40 Prozent der erlaubten Anzahl der Gäste bedient werden können und das ausschließlich an Tischen, nicht am Tresen. Diskos, Nachtclubs und Ausgehkneipen müssen weiter geschlossen bleiben, dafür dürfen Theater und Kinos sowie Sehenswürdigkeiten mit gewissen Auflagen öffnen. Ein Revival erleben Autokinos wie das in Dénia, die in Zeiten von Sicherheitsabstand und Hygienevorschriften ideal für einen Filmeabend sind.
Hotels und Ferienwohnanlagen können ihre Gemeinschaftsbereiche in Betrieb nehmen, müssen aber darauf achten, dass sich dort nur ein Drittel der autorisierten Anzahl von Gästen aufhält. Ferner darf man nun bis zu 15 Freunde und Bekannte auf einmal treffen und der Besuch von Familienmitgliedern in Betreuungszentren etwa für Behinderte ist möglich, falls niemand davon an Covid-19 leidet.
Auch für Sportler gibt es Erleichterungen, Frei- und Hallenbäder dürfen auch für Hobbyschwimmer öffnen, Einzeltraining ist nicht mehr nur im Freien, sondern auch in Fitnessstudios oder Sportzentren genehmigt. Kirchen und andere Gotteshäuser dürfen wieder mehr Gläubige zur Messe begrüßen, Fahrschulen und Akademien wie Sprach- oder Musikschulen wieder Unterricht anbieten. Für Kindergartenkinder soll es eine Betreuung geben, wenn beide Eltern berufstätig sind und nicht von zu Hause aus arbeiten können.
Inseln als Vorreiter
Ob das alles geht und in der Praxis überhaupt kontrollierbar ist, dürfen seit Montag, 18. Mai, die 45.000 Bewohner ausprobieren, die auf einer der Kanareninseln La Gomera, El Hierro und La Graciosa wohnen oder auf dem Balearen-Eiland Formentera residieren. Diese Inseln stellen die Speerspitze von Spaniens Ausbruch aus der CoronaKrise dar und genießen schon seit Montag die neuen Freiheiten, die die Phase 2 mit sich bringt.
33 Millionen Spanier sind derzeit in Phase 1 und bleiben bis mindestens Sonntag, 24. Mai, dort. Die 14 Millionen starke Nachhut bilden die Metropolen Madrid und Barcelona sowie weite Teile von Kastilien und León, die auch in der vergangenen Woche in der Phase 0 oder 0,5 blieben.