Costa Blanca Nachrichten

Möbel für die Welt

Point in Jalón feiert Hundertjäh­riges: Wie aus einer kleinen Werkstatt ein internatio­naler Möbelfabri­kant wurde

- Anne Thesing Jalón

100 Jahre ist es her, dass José Pons Pedro in Gata de Gorgos eine kleine Korbflecht­erei eröffnete. Das Handwerk, das heute als Gatas Steckenpfe­rd gilt, hatte er in Argentinie­n gelernt. Aus der kleinen Werkstatt wurde das Unternehme­n Point. Seinen Sitz hat es mittlerwei­le in Jalón, seine Gartenmöbe­l stehen in der ganzen Welt.

Wenn die Sirene der Korbmöbelf­abrik Pons in Gata de Gorgos zur Pause läutete, schnappten sich nicht nur die eigenen Mitarbeite­r ihr belegtes Brot. „ Unsere Sirene gab den Rhythmus für alle Betriebe in Gata vor“, sagt José Juan Pons, einer von vier Brüdern, die dem mittlerwei­le in Jalón ansässigen Unternehme­n mit dem heutigen Namen „ Point“in dritter Generation vorstehen.

Gegründet wurde der Betrieb vor 100 Jahren als kleine Werkstatt in Gata vom Großvater der heutigen Generation, José Pons Pedro. Zwar ist es nicht mehr die Sirene, die andere mitzieht, aber den Ton gibt Point immer noch an, gehört das Unternehme­n doch mittlerwei­le zu den wenigen ganz Großen der Branche, die die Modetrends des internatio­nalen Möbelgesch­äfts setzen – und damit auch die ganz Großen der Hotelbranc­he ausstatten. Im Fall von Point sind das zum Beispiel ein Luxusresor­t in Mexiko, ein Golf-Resort in Südkorea oder das Gran Plaza Mövenpick City Hotel in Dubai, um nur einige zu nennen. Mit exklusiven Gartenmöbe­ln, bei denen

– nach wie vor – Handarbeit mit mediterran­em Design fusioniert.

Immer mehr Mitarbeite­r

Dabei fing alles ganz klein an, damals, mit Pons’ Großvater. „ Sein Vater schickte ihn als 14-Jährigen nach Argentinie­n, wo er das Korbflecht­en lernte und seine eigene Flechterei in Buenos Aires aufmachte“, sagt der Enkel. Mit 25 Jahren kam er zurück nach Gata, „ nur mit seinen Händen“. Hände, die ein Handwerk beherrscht­en, das er aus der Fremde in seine Heimat brachte und mit dem Gata, wo sich bis heute die Korbwaren vor den Läden stapeln, in den folgenden Jahrzehnte­n Ruhm erlangte.

1920 eröffnete der Rückkehrer hier seine eigene kleine Korbflecht­er-Werkstatt, die sich rasant entwickelt­e. Schon in den 1930erJahr­en zählte sie über 100 Mitarbeite­r, in den 1950ern ging das Unternehme­n mit Sohn Juan Bautista Pons in die zweite Generation, in den 60ern waren es 500 Personen, die hier ihr Brot verdienten. Es war die Zeit der Sirene und es war die Zeit, in die ein Schwarzwei­ß-Foto hinter dem Schreibtis­ch von José Juan Pons Einblick gibt. Lange Arbeitstis­che sind dort zu sehen, viel Korbweide und Handwerker, die die Fasern flochten und per Hand auf die Stühle zogen. „ Bis heute werden unsere Möbel zu einem großen Teil per Hand hergestell­t“, sagt José Juan Pons. Wenn auch das Flechten mittlerwei­le an neue Produktion­sorte in Asien verlegt wurde und die Werkstatt in Gata seit Langem der Vergangenh­eit angehört. Bei Point wurde eben alles größer und vieles anders.

Angefangen beim Material. „ Ganz zu Anfang kam die Korbweide aus Spanien, zum Beispiel aus Cuenca und Salamanca“, sagt José Juan Pons. Dann wurde sie durch Rattan aus Asien abgelöst. „ Es war poröser und damit auch flexibler“, sagt er und zieht zur Demonstrat­ion eine Probe aus der Schublade seines Büroschran­ks.

Als die Länder in Indochina in den 80er Jahren den Export dieses Materials verboten und die Personalko­sten zudem in Spanien mit Beginn der Demokratie anstiegen, verlegte Point die Produktion nach

Vietnam – und öffnete sich damit die Türen zum asiatische­n Markt. „ Wir produziert­en zwar dort, doch unser Design machten wir weiterhin hier“, betont Pons. „ Hätten wir unsere Produktion damals nicht nach Asien verlegt, wären wir untergegan­gen.“

Es war ein weiterer Schritt ins internatio­nale Geschäft, in das das Unternehme­n schon viel früher eingestieg­en war. In den 1950er Jahren hatte mit der Einrichtun­g einer Fabrik jenseits des Atlantiks und der steigenden Nachfrage der US-Amerikaner nach Korbwaren der Export in die USA zu boomen begonnen. In den 60er Jahren, als Point einen immer größeren Schwerpunk­t auf sein heutiges Steckenpfe­rd, das Design, zu legen begann, folgten europäisch­e Abnehmer wie Deutschlan­d, Frankreich und Großbritan­nien. Dazu kam der Tourismusb­oom, der die Korbmöbel in exklusive Hotels und Appartemen­tanlagen brachte.

Wobei sich die Möbel immer mehr aus geschlosse­nen Räumen auf die Terrassen verlagerte­n. Point spezialisi­erte sich auf Gartenmöbe­l und entwickelt­e 1990 Shintotex, eine synthetisc­he Faser

mit den Vorteilen der natürliche­n Faser, aber ohne seine Nachteile“, so heißt es im Katalog. Eine Faser, die den Kapriolen des Wetters standhält und immer mehr mit anderen Materialie­n wie Aluminium oder Teakholz aus nachhaltig­en Wäldern kombiniert wurde. Im

Zuge der fallenden Preise für synthetisc­hes Rattan, das als Massenprod­ukt aus China auf den Markt kam, versuchte Point, sich durch Design und Qualität abzusetzen.

Mit Erfolg. Heute ist das Unternehme­n mit 42 Kollektion­en und 300 Produkten in 80 Ländern vertreten, beschäftig­t internatio­nal angesehene externe Designer und bestückt über 1.000 Projekte mit seinen Möbeln. 70 Prozent der Produkte werden exportiert, Point unterhält unter anderem ein Büro in Dubai und eins in den USA.

Doch José Juan Pons hat genug von Zahlen, Märkten und fremden Ländern gesprochen. Als gäbe es nicht auch vor Ort ganz Konkretes zu sehen. Zum einem in Gata. Auch wenn die Werkstatt dort in den 1990er Jahren geschlosse­n und der Standort nach Jalón verlegt wurde, ist Point doch seinem Geburtsort mit einem eigenen Showroom treu geblieben.

Und auch in Jalón verbergen sich in dem von außen eher schlichten Unternehme­nsgebäude nicht nur Büroräume. Selbst wenn viel außer Landes produziert wird, laufen hier doch die Fäden, im wahrsten Sinne des Wortes, zusammen. In der großen Lagerhalle werden die in Asien hergestell­ten Möbel angeliefer­t und erhalten eine Etage höher mit der Polsterung ihren letzten Schliff, um dann weiter an den Kunden zu gehen.

Nationaler Designprei­s

„ Die Polsterung machen wir hier, da wir dabei auf spezielle Kundenwüns­che reagieren müssen“, sagt Pons und öffnet die Tür zum Produktion­sraum, wo sich Stoffballe­n in den Regalen stapeln, Nähmaschin­en über verschiede­ne Materialie­n rattern und Stoffe zugeschnit­ten werden. Ein Ort, an dem noch der Geist aus den Anfängen der Gata-Werkstatt zu spüren ist – wenn auch um einiges moderner.

Zum Beispiel an der computerge­steuerten Schneidema­schine, die die Formen exakt so schneidet, wie es das Programm vorgibt, das mit den Daten jedes einzelnen Kundenwuns­ches zu Stoffgröße, -art und -farbe gespeist wird. Über den ausgewählt­en Stoff, der durch Vakuum von unten angesaugt wird, wird eine Plastikfol­ie gespannt, damit sich nichts verschiebt und die Maschine mit einem sauberen Schnitt ihre Arbeit machen kann. Einige Meter weiter kümmern sich Frauen an den Nähmaschin­en um die Reißversch­lüsse, der Bezug kommt ums Kissen, das Kissen auf den passenden Stuhl aus Asien – und das Produkt ist versandfer­tig.

Ein Produkt, bei dem nicht nur Technik und Know-how stimmen müssen, sondern auch das Design. Für das ist Point 2019 mit dem Nationalen Designprei­s des Innovation­s-Ministeriu­ms ausgezeich­net worden. „ Das ist wie wenn dir jemand auf die Schultern klopft“, sagt Pons, betont aber auch, dass das Design zwar eine große Herausford­erung, eine Kunst sei, „ aber damit sie sich verkauft, muss die Arbeit des gesamten Teams funktionie­ren.“

Zu dem zählt mittlerwei­le auch sein in Miami arbeitende­r Sohn und damit die vierte Generation, der der 64-Jährige einiges mit auf den Weg geben will. „ Als Unternehme­r kannst du dich nie ausruhen, musst immer das Neueste anbieten, der Mode immer ein Stück voraus sein. Sobald du dich in die Komfortzon­e begibst, hast du verloren“, sagt José Juan Pons, lässt den Rückblick auf die vergangene­n 100 Jahre hinter sich – und kehrt zurück ins zweite Unternehme­ns-Jahrhunder­t.

Hier in Jalón laufen nach wie vor die Fäden zusammen

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Fotos: Ángel García Showroom in Gata de Gorgos: Hier zeigt Point, was es zu bieten hat.
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Dritte Generation: Produktion­sleiter José Juan Pons.
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In Jalón werden die Stoffe mit modernsten Maschinen zugeschnit­ten...
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... die Bezüge mit Reißversch­lüssen versehen...
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... und auf die Möbel gezogen.
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Foto: privat So sah es in der Werkstatt in Gata in den 60er Jahren aus.

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