Längst kein Arme-Leute-Essen mehr
Bacalao – der mit Salz haltbar gemachte Kabeljau
Ein alter spanischer Brauch war, die Fastenzeit, „cuaresma“, als eine alte Frau mit sieben Füßen darzustellen, die die sieben Wochen symbolisieren sollten, die die Fastenzeit dauert. In der Rechten hielt sie einen Pilgerstab oder auch eine Pfanne, in der linken Hand schwang sie einen Stockfisch. An den Sonntagen rissen die Kinder des Hauses der Puppe ein Bein aus, ein Ritual zwischen Spiel und Ernst, das darin gipfelte, dass dieses Bein anschließend unter großem Getöse der Beteiligten verbrannt wurde. Das war allerdings zu Zeiten, als der liturgische Kalender noch allergrößten Einfluss auf die Essgewohnheiten hatte. Heute gibt es den Stockfisch, den mit Salz haltbar gemachten Kabeljau (Bacalao) nicht nur zur Fastenzeit. Auch gilt er längst nicht mehr als Arme-Leute-Essen. Der Bacalao hat Eingang on die gehobene Küche gefunden.
Klassiker Bacalao
Die Idee, Fisch durch Trocknen und Salzen zu konservieren, ist uralt und hat auf der Iberischen Halbinsel eine lange Tradition. Wie sonst wäre es möglich gewesen, große Mengen gefangenen Fischs aufzubewahren, unter sengender Sonne in Gegenden zu bringen, die nicht mit Forellenbächen oder Lachsgewässern gesegnet waren, Schiffsmannschaften in der Entdeckerzeit über Wasser zu halten, Soldatenheere zu versorgen und vor allem die Zeiten der Abstinenz, in denen Fleisch zu essen verboten war, zu überbrücken.
Wikinger, Portugiesen, Franzosen und Basken gingen in den kalten Nordmeeren auf Kabeljaufang. Angeblich stießen die Basken bis Neufundland vor, noch bevor Kolumbus die Neue Welt erreichte. Sie schufen Gerichte wie „Bacalao al pil-pil“oder „a la vizcaína“, die weit über Euskadi hinaus Ansehen erlangten und heute als Klassiker gelten. Dazu muss gesagt werden, dass baskische Köche in dem Ruf stehen, sogar aus einem ausgelatschten Pantoffel noch eine Delikatesse zu machen. Ihre Erfahrungen teilten sie mit den Katalanen, die ebenfalls mit einer Reihe traditioneller Gerichte aufwarten wie „Bacalao a la llauna“oder Kabeljau mit Pinienkernen und Rosinen.
Stockfisch versus Klippfisch
Was wir gemeinhin als Bacalao kaufen, ist nicht wie allgemein im Sprachgebrauch üblich Stockfisch, sondern Klippfisch.
Wird Kabeljau oder auch ein Verwandter aus der Familie der dorschartigen Fische auf Holzgestellen an der Luft getrocknet, bis er hart wie ein Holzscheit ist, nennt er sich „pejepalo“oder Stockfisch. Eine andere Methode – vermutlich am Golf von Biskaya erfunden – ist, ihn mit Salz zu entwässern und dann auf Felsen zu trocknen. Daher der Name Klippfisch. Auf Spanisch nennt man ihn „bacalao seco“, trockenen Kabeljau. Wobei die Konservierung auf der Halbinsel heute unterschiedlich ist.
In Portugal bevorzugt man Bacalao dehydrierter, er reift in feinem Salz, was ihn gelblich macht, während Spanier ihn „verde“mögen, nur mit grobem Meersalz eingerieben; diese Fischstücke sind weiß und flexibel und nicht so eingeschrumpelt.
Die wichtigsten Stücke
Galt Bacalao früher als Arme-Leute-Essen, hat er mittlerweile Einzug in die gehobene Gastronomie gehalten, wo man die althergebrachten Rezepte von Portugiesen, Katalanen und Basken mit neuen Kreationen pflegt. Bacalao wird geschmort, in Sauce gedünstet oder frittiert – das ergibt eine breite Palette an Gerichten, wobei jedes mit einem ganz bestimmten Stück des haltbar gemachten Fischs zubereitet wird.
Alle Teile des Bacalao, vom Kopf bis zum Schwanz, Eingeweide, Rogen etc., werden verwertet. Heute kann man Bacalao auch schon vorgewässert kaufen, ohne Gräten, in die gewünschten Stücke geschnitten, mit Haut, ohne Haut, als Püree oder roh.
Lomo – ist das begehrteste, das dicke Mittelstück. Die Filets eignen sich für alle klassischen Zubereitungen wie Bacalaoa la vizcaína oder das berühmte Bacalao al pil-pil.
Taco – der dickste Teil des Filets, ohne Gräten. Zubereitungsarten: frittieren, mit Tomate und Paprika garen oder wie ein Filet.
Ijadas – die vorderen, dunkleren Seitenteile. Lecker mit Kartoffeln oder grüner Sauce.
Desmigado – Die restlichen Teile eignen sich für Zubereitungen wie „ajoarriero“, als Püree für Pimientos del piquillo, Tortilla oder Kroketten.
Cola – Schwanzstück, kann etwa en salsa verde, in grüner Sauce, zubereitet, oder auf Bäckerinkartoffeln gegart werden.
Bacalao im Stil „vizcaína“
Für 4 Pers.: 4 dicke Stücke Stock- bzw. Klippfisch (lomo de bacalao), 4 mittelgroße Zwiebeln (cebollas), 1 Tomate (tomate), 5 rote Paprikaschoten (pimientos rojos), eine Knolle (oder auch weniger) Knoblauch (cabeza de ajo), Olivenöl (aceite de oliva), Salz (sal)
Die Fischstücke zwei bis drei Tage wässern, dabei häufig das Wasser wechseln.
Wenn der Klippfisch vorbereitet ist, die Sauce a la vizcaína bereiten. Dazu Zwiebeln in Würfel, die Tomate sowie zwei Paprikaschoten in kleine Stücke, die restlichen Paprika in Streifen und den Knoblauch in kleine Scheiben schneiden.
Zwiebeln mit Tomate, den Paprikastücken und dem Knoblauch in Olivenöl ganz langsam anschwitzen. Wenn alles gebräunt und die Tomate praktisch geschmolzen ist, die Paprikastreifen zufügen. Sind sie gar, die Fischstücke mit der Haut nach oben zugeben und sanft braten.
Hat der Fisch Farbe genommen, herausnehmen und zusammen mit dem Gemüse und der Sauce, die sich ergeben hat, in eine Tonschale (cazuela de barro) legen; das Ganze zusammen etwa 20 Minuten garen.
Zurrukutuna
Dies ist eine sanfte Version der traditionellen baskischen Suppe, das heißt, sie ist mit weniger Knoblauch zubereitet als üblich. Das Verb „zurrupatu“bedeutet schlürfen – die lautstarke Version, eine Suppe zu essen, war bei unseren Vorfahren wohl noch gang und gäbe.