Vor der Brücke brauchen Pendler Nerven wie Drahtseile
Weil in Wormeldingen Reparaturarbeiten im Gange sind, staut sich vor Grevenmacher und Remich jeden Morgen der Verkehr. Jetzt beginnt die Suche nach Alternativen
Für Nicole Lukic beginnt der Spießrutenlauf schon am frühen Morgen. Eine Stunde früher als sonst muss sie seit Anfang März aufstehen, um noch pünktlich zur Arbeit im Schuhgeschäft Goedert in Grevenmacher zu kommen. Das frühe Aufstehen macht ihr zwar nichts aus, sagt sie gegenüber dem LW, viel schlimmer sei dagegen die Nervosität auf dem Weg zur Arbeit. „Ich habe Angst, dass ich zu spät komme und die Kunden dann vor der verschlossenen Tür stehen“, meint die Schuhverkäuferin aus Trier, die durch die Schaufenster des Ladens einen Panoramablick auf die Brücke von Grevenmacher hat.
Seit auf der Wormeldinger Brücke zehn Kilometer weiter flussaufwärts Reparaturarbeiten durchgeführt werden, staut sich der Berufsverkehr ab dem frühen Morgen vor Grevenmacher und Remich. Von 6.30 bis nach 9 Uhr kommen die Autos hier nur im Schritttempo vorwärts.
Illegaler Schleichweg
Ein Lied davon singen kann Fleischergeselle Philipp Prison, der morgens um 6.45 Uhr seinen Arbeitstag bei der Metzgerei Osweiler in Grevenmacher beginnt. „Bis Februar war der Verkehr um diese Zeit flüssig, doch jetzt stehe ich jeden Morgen 30 Minuten im Stau. Schon vor dem Ortseingang Temmels stauen sich die Autos“, meint er. Er hat schon beobachtet, dass manche Autofahrer, die offenbar unter Zeitdruck stehen, auf den Radweg ausweichen. „Neulich hat die Polizei dort Kontrollen gemacht und Strafzettel verteilt“, sagt Philipp Prison. Weil die Baustelle an der Grenzbrücke von Wormeldingen noch bis November dauern wird, ist fürs Erste keine Besserung in Sicht. Grenzgänger Philipp Prison hat sich schon eine Alternative überlegt: „Wenn es jetzt wärmer wird, möchte ich mir einen E-Roller zulegen und in Temmels parken. Dann kann ich am Stau vorbeifahren. Oder ich nehme den Zug zum Bahnhof Wellen und gehe das letzte Stück zu Fuß.“
„Die Kunden stöhnen alle“
Wenn ihre Mitmenschen noch schlafen, beginnt für Katrin Rota der Arbeitstag. Die Kassiererin an der Aral-Tankstelle in der Rue Kummert in Grevenmacher ist bereits um 5 Uhr da, um die Rollläden hochzufahren und die Kassen einzuschalten. Sie selbst habe zwar um diese frühe Uhrzeit noch keine Probleme mit dem Stau, sagt die Grenzgängerin aus Wellen. „Doch die Kunden im Berufsverkehr stöhnen alle über die verlorene Zeit.“
Bei Verkehrsteilnehmern und Gemeinden entlang der Obermosel erhebt sich Kritik an der starren Verkehrsführung. Die verbleibende Spur der Brücke von Wormeldingen ist nur in Richtung Deutschland geöffnet. In der anderen Richtung müssen Autofahrer auf die Brücken von Remich oder Grevenmacher ausweichen. Die Brückenarbeiten und die hohe zusätzliche Verkehrsbelastung waren bereits Thema im Gemeinderat Grevenmacher. Bürgermeister Léon Gloden verwies darauf, dass die Luxemburger Straßenbauverwaltung eine variable Verkehrsführung abgelehnt hatte. Auch eine abwechselnde Richtungsänderung – etwa morgens in Richtung Luxemburg, nachmittags in Richtung Deutschland – wurde verworfen. Verwaltungssprecher Ralph Di Marco antwortet auf LWNachfrage: „Die Fahrtrichtung dem Verkehr anzupassen, würde zu viele Angriffsflächen für Missverständnisse bieten. Aus Sicherheitsgründen können wir deshalb keine variable Verkehrsflussregelung anwenden.“
Deutsche Behörde gegen Ampel
Auf deutscher Seite hat sich der rheinlandpfälzische Landesbetrieb Mobilität (LBM) schon Gedanken über mögliche Änderungen gemacht, auch aufgrund der „vielfältigen Beschwerden“, heißt es von der Behörde. Im Vorfeld war zum Beispiel eine Ampelschaltung für die Brücke diskutiert worden. „Der LBM hat sich dagegen ausgesprochen, weil die Ampel dann unmittelbar am Kreisverkehr Wincheringen stehen müsste und bereits der Rückstau von einem oder zwei wartenden Autos vor der Ampel den Verkehr im Kreisel komplett zum Erliegen bringen würde“, sagte eine Sprecherin. Derzeit prüfe die rheinland-pfälzische Verkehrsbehörde verschiedene Verbesserungsvorschläge. „Verkehrssichere Alternative stehen aber nicht zur Verfügung, genauso wenig wie Ausweichstrecken über Feld- oder Radwege“, heißt es weiter.
Gegen eine Umkehrung der Einbahnregelung in Richtung Luxemburg hat man von deutscher Seite dagegen nichts einzuwenden. Zwar ist bei dieser Variante ebenfalls mit Stau zu rechnen, nämlich am Nachmittag in den Straßen von Wincheringen. Für die Autofahrer hätte diese Änderung dennoch möglicherweise Vorteile: Nachmittags verteilt sich der Berufsverkehr auf einen längeren Zeitraum als morgens – und die Verkehrsteilnehmer stehen nicht so sehr unter Zeitdruck.