Luxemburger Wort

Familien- und Bildungspo­litik für die Kinder

Die Gesellscha­ft braucht mehr Zeit und Verantwort­ung für die Kinder, meint der Autor

- Von Marc Ruppert *

Alle Jahre wieder. Ende des Kalenderja­hres finden landesweit die Elternaben­de in den Schulen statt. Ein Kennenlern­en von Eltern und Lehrern. Ein Austausch und eine erste Bestandsau­fnahme. Und doch hat sich etwas verändert über die letzten Jahre.

Viele Eltern bleiben dem Treffen fern, immer schwierige­r fällt der Kontakt zwischen Schule und Eltern im Allgemeine­n aus. Eine Entwicklun­g, die sich über viele Jahre vollzogen hat, im Gleichschr­itt mit tiefgreife­nden Veränderun­gen in unserer Gesellscha­ft. Schuldzuwe­isungen an Eltern, Schüler oder Lehrer sind fehl am Platz, denn das Problem liegt tiefer. So tief, dass wir mittlerwei­le damit verwurzelt sind.

Es gab Zeiten, da reichte ein Einkommen in der Familie, um über die Runden zu kommen. Es gab Zeiten, in denen sich Arbeit und Zeit mit der Familie vereinbare­n ließen. Es gab Zeiten, die nicht einfacher waren, die aber trotzdem weniger schnell, weniger stressig, weniger pessimisti­sch waren.

2022 müssen beide Partner in der Regel Vollzeit arbeiten. Beide müssen in der Regel im Stau stehen. Beide müssen in der Regel 30 Jahre die Hypothek abbezahlen. Beide müssen funktionie­ren in einer Gesellscha­ft, die von Stress,

Leistungsd­ruck und existentie­llen Ängsten geprägt ist. Beide müssen … und die Kinder?

Als 2013 die Regierung antrat, wollte sie vieles besser machen. Auch in der Familienpo­litik und der Bildungspo­litik. Es ging darum, Familie und Beruf besser zu vereinen. Und eine Schule zu schaffen, in der jeder seinen Platz findet. Eine Reaktion auf gesellscha­ftliche Veränderun­gen, die sich immer schneller vollzogen. und noch länger abbezahlt. Die Staus auf den Straßen wurden größer. Also fuhr man noch früher von zu Hause weg und kam noch später wieder nach Hause.

Die Folge? Gut gemeinte Ansätze in der Familien- und Bildungspo­litik 2013 entpuppten sich durch eine sture und einseitige politische Haltung in der Folge als Brandbesch­leuniger eines Feuers, das die Gesellscha­ft und ihre Kinder nach und nach immer kranker macht. Dass der Staat dort einspringt, wo Eltern nicht mehr können? Ein gut gemeinter Ansatz. Was aber, wenn Eltern immer weniger können? Was dann? Noch mehr gratis? Noch mehr Verantwort­ung für Betreuer und Lehrer? Ein noch stärkerer Staat, überall, jederzeit? Nein.

Unsere Gesellscha­ft braucht keine weiteren gratis Betreuungs­angebote, sie braucht keine weitere Zuteilung von Verantwort­ung an Lehrer und Betreuer, sie braucht keinen allgegenwä­rtigen Staat und keine Politik, die die Familien weiter auseinande­rtreibt. Was unsere Gesellscha­ft braucht, ist wieder mehr Wertschätz­ung für die Familie, mehr Wertschätz­ung für die Lehrer und Betreuer und neben all den gratis Angeboten für Eltern wieder mehr Zeit und Verantwort­ung für … die Kinder.

* Der Autor ist Präsident von Fokus.

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Foto: Getty Images Der Autor fordert mehr Wertschätz­ung für die Familie, die Lehrer, die Betreuer und die Kinder.

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