Luxemburger Wort

Und dann kam die Flut

Hochwasser wird als Naturkatas­trophe eingestuft – Regierung sagt 50 Millionen Euro zu

- Von David Thinnes

Luxemburg. Gestern war ein Tag, an dem jeder betroffen war – weil er selbst vom Hochwasser heimgesuch­t wurde oder aber ein Familienmi­tglied, ein Freund, ein Bekannter. Erzählunge­n von Kellern, die voller Wasser stehen, von geretteten Fotoalben, von Familien, die bei Freunden unterkamen, sich gegenseiti­g unterstütz­ten – jeder hatte seine Geschichte.

Die wichtigste Nachricht gab es am Abend bei der Pressekonf­erenz der Regierung: „An der Regenfront beruhigt sich die Situation. Das Gröbste ist überstande­n“, erklärte Luc Feller, Leiter des Haut Commissari­at de la Protection Nationale: „Einige Pegel sind bereits am Fallen, andere sind stabil und werden am Freitag zurückgehe­n – in Anbetracht

dessen, dass wir an einigen Stellen über den Pegelständ­en der vergangene­n 100 Jahre lagen.“

Das Hochwasser war im Vergleich zu vorherigen Katastroph­en flächendec­kender. Bereits am Mittwoch war es an vielen Orten zu Überschwem­mungen gekommen – aber nicht mit dem zu vergleiche­n, was in der Nacht zu gestern und den Tag über noch kommen sollte. Der Interventi­onsplan „Intempérie­s“wurde ausgelöst. Um Mitternach­t kam der Krisenstab der Regierung zum ersten Mal zusammen, gefolgt von zwei weiteren Sitzungen gestern. Premiermin­ister Xavier Bettel verkündete am Abend, dass der Staat das Hochwasser

als Naturkatas­trophe einstuft und eine Unterstütz­ung von 50 Millionen Euro zur Verfügung stellt, um den Menschen „unkomplizi­ert zu helfen“.

6 230 Anrufe auf der 112

Die Koordinier­ung dieser Hilfe wurde vom Centre de Gestions des Opérations des CGDIS übernommen. Seit Mittwoch 14 Uhr und bis gestern Nachmittag wurden 6 230 Anrufe entgegenge­nommen. Daraus sind 1 200 Einsätze mit Bezug auf das Hochwasser herausgeko­mmen. CGDIS-Direktor Paul Schroeder sagt im Rückblick, dass die Rettungsdi­enste vor allem in der Nacht zu gestern „an Grenzen gestoßen“sind. Dennoch kann er bereits nach vorne blicken und die nächste Phase – Aufräum- und Putzarbeit­en – vorbereite­n. Schroeder konnte auch mitteilen, dass eine Sektion des Groupe de sauvetage aquatique – sechs Taucher und zwei Boote – nach Liège entsandt wurde: „Dort konnten sie zwölf Menschen retten.“Außerdem war es die Nachricht, dass gestern 400 Personen in Sicherheit gebracht wurden, so Innenminis­terin Taina Bofferding. Tote oder Verletzte sind aktuell nicht zu beklagen.

Auch die Armee ist bei den Hilfsaktio­nen rund um die Überschwem­mungen aktiv präsent und greifen dem Corps grand-ducal d'incendie et de secours (CGDIS) unter die Arme. 47 Soldaten sind im ganzen Land unterwegs und die Armee teilt auf Nachfrage auch mit, dass sie momentan 1 000 Sandsäcke für die verschiede­nen Ortschafte­n vorbereite­t.

Das Hochwasser hatte auch Auswirkung­en auf den öffentlich­en Transport. Neben den zahlreiche­n gesperrten Straßen hatte auch die nationale Eisenbahng­esellschaf­t mit dem Hochwasser zu kämpfen. Die CFL teilte mit, dass es vor allem auf zwei Linien große Probleme gebe. So werden zwischen Luxemburg und Thionville – stark frequentie­rt von den Pendlern – bis Sonntag keine Züge fahren. Im

Stellwerk von Bettemburg hatte es eine Überschwem­mung gegeben. Richtung Norden ging auf der Strecke zwischen Luxemburg und Ulflingen in beiden Richtungen nichts mehr – dies noch bis heute.

Mosel wird ansteigen

Normalerwe­ise ist man im Großherzog­tum Überschwem­mungen entlang der Mosel gewohnt. Bislang war es dort aber noch verhältnis­mäßig ruhig. Dennoch muss die Entwicklun­g in diesem Bereich im Auge behalten werden. Das Wasserwirt­schaftsamt meldete in seinem letzten Bericht von gestern, dass „die Mosel vermutlich bis Samstag ansteigen wird“. In der

Das Hochwasser hat das Großherzog­tum fest im Griff, so wie hier in der Hauptstadt auf der Place Dargent.

Das Gröbste ist überstande­n. Luc Feller, Haut Commissari­at de la Protection Nationale

Nacht von heute auf morgen ist in Stadtbredi­mus voraussich­tlich mit einem Wasserstan­d von 550 Zentimeter­n zu rechen, in Remich mit 463 Zentimeter­n. Das Wasserwirt­schaftsamt meldet ebenfalls, dass die Voralarmst­ufe von 620 Zentimeter­n in Stadtbredi­mus und 522 Zentimeter­n in Remich „sehr wahrschein­lich nicht erreicht“wird. Mit Niederschl­ägen ist weiterhin zu rechnen, wenn auch nicht mehr mit unwetterar­tigen Regenfälle­n.

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Foto: Gerry Huberty In Steinheim versuchen Einwohner alles Mögliche, um ihr Hab und Gut vor dem Wasser zu schützen.
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Foto: Alice Enders In Winseler ist ein Teil der Straße, die nach Wiltz führt, eingesackt und nur noch zur Hälfte befahrbar.

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