Oster-Lockdown im Osten Österreichs
In Wien und anderen östlichen Regionen der Alpenrepublik werden rund um die Feiertage die Corona-Maßnahmen verschärft
Daraus, was ihm so vorschwebe, hat Österreichs Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) nie einen Hehl gemacht: Seit Tagen hatte er davon geredet, dass man die „Notbremse“ziehen müsse. In ganz Österreich wohlgemerkt. Ein „Paket, das wirklich hilft, den drohenden Kollaps der Spitäler zu verhindern“hatte er zuletzt gefordert.
Und Maßnahmen kommen jetzt zumindest in Wien, Niederösterreich und dem Burgenland – allerdings zeitlich begrenzt. Oder anders gesagt: Ostösterreich geht über Ostern in ein Lockdownchen, der Handel (mit Ausnahme von Supermärkten und Apotheken) sowie Geschäfte, die körpernahe Dienstleistungen anbieten, werden von Gründonnerstag bis Dienstag nach Ostern geschlossen – ein verlängertes Lockdown-Wochenende inklusive Ausgangsbeschränkungen also. Die Schulen gehen nach den Osterferien erneut in den Fernunterricht.
Landesweite Inzidenz bei 247
In ganz Österreich steigen die Infektionszahlen – und das ausgehend von einem hohen Niveau nach der nie ganz abgeflauten zweiten Welle. Landesweit liegt die Inzidenz bei 247 (Stand Mittwoch). Zur Problemregion hat sich vor allem der Osten Österreichs entwickelt: In Wien liegt die Inzidenz bei 298, in Niederösterreich bei 292 und im Burgenland bei 283. Punktuell liegen die Werte allerdings weit darüber: In Burgenlands Hauptstadt Eisenstadt etwa (647) oder der 50 Kilometer südlich von Wien gelegenen Stadt Wiener Neustadt (471).
Es ist die britische Mutation, die in Ostösterreich zur dominanten Variante geworden ist. Und in Wien hat das massive Folgen: Die Auslastung der Intensivstationen liegt weit über dem bereits als kritisch eingestuften Wert von Mitte November am Höhepunkt der zweiten Welle. In den Spitälern der Hauptstadt – medizinisches Zentrum für die gesamte Ost-Region – wurden nicht lebensnotwendige Operationen bereits verschoben.
Dass es jetzt regionale Maßnahmen geben wird, passt dabei durchaus in den Fahrplan der Bundesregierung. Die Ausarbeitung von Details allerdings, die ist dabei ein Parcours voller parteipolitischer Fallstricke. Letztlich, so hieß es gestern, habe sich bei den auf die Ostregion fokussierten Gesprächen vor allem Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl Leitner (ÖVP) mit Rückendeckung
von Parteifreund und Kanzler Sebastian Kurz gegen weitreichendere Pläne Anschobers und auch der Wiener Stadtregierung quergelegt.
Bei den Gesprächen am Montag, als der Gesundheitsminister mit allen Landeschefs beriet, war dessen Ruf nach einer „Notbremse“komplett ohne Folgen geblieben. Trotz bundesweit steigender Zahlen gab es keine zusätzlichen Maßnahmen. Man blieb beim angestrebten Automatismus, „Hochinzidenzgebiete“(über einer Inzidenz von 400) abzuriegeln.
Administrativer Drahtseilakt
Das hat sich in den bergigen Regionen Österreichs als einigermaßen effizienter Weg erwiesen. Im Osten Österreichs ist die Ausgangslage für solche Maßnahmen aber eine völlig andere. Der Ballungsraum Wien hat knapp drei Millionen
Einwohner – das ist ein Drittel der Bevölkerung Österreichs. Die Region ist wirtschaftlich eng vernetzt, die Mobilität zwischen Städten und Orten der Region ist hoch.
Man wolle den Betrieb massiv herunterfahren, so Anschober gestern. Und die Ankündigung der Maßnahmen nutzte der Minister auch für eine kleine Breitseite gegen seine Gesprächspartner vom Montag. Denn für eine Öffnung waren nicht zuletzt auch viele Landeshauptleute eingetreten. Die Entwicklung in Ostösterreich, so Anschobers Befürchtung, werde vor anderen Bundesländern nicht haltmachen. Froh sei er jedenfalls, dass die in den vergangenen Wochen angedachten Öffnungsschritte nun abgesagt seien. Auch er würde lieber im Schanigarten sitzen, so Anschober. „Aber das ist jetzt nicht die Zeit für Öffnungen.“