Luxemburger Wort

Die letzte Zigarette ist geraucht

Mit dem Abriss der Fabrik Heintz van Landewyck verwischen die Spuren der Tabakindus­trie in Ettelbrück

- Von Arlette Schmit

Ettelbrück. Vor 205 Jahren gründete Michel Fixmer in Ettelbrück eine Tabakmanuf­aktur und legte damit den Grundstein einer florierend­en Tabakindus­trie in der aufstreben­den Ortschaft. Mit dem Abriss der Zigaretten­fabrik Heintz van Landewyck in der Avenue des Alliés (siehe LW vom 16. Februar) neigt sich diese Ära nun dem Ende zu.

Rückblick: Im 19. Jahrhunder­t gründete sich in der aufstreben­den Siedlung Ettelbrück, die zu dem Zeitpunkt noch nicht zur Stadt aufgestieg­en war, eine ganze Reihe von Tabakmanuf­akturen, wie die Tabak-, Zigarren- und Zigaretten­fabrik Prosper Karlshause­n, die Tabakmanuf­aktur Feller oder noch die Tabakfabri­k Wantz-Mostert.

Am bekanntest­en dürfte aber die Tabakmanuf­aktur Fixmer gewesen sein. Von Michel Fixmer 1815 gegründet, produziert­e die Fabrik Roh-, Rauch-, Kau- und Schnupftab­ak, Zigarren, Zigarillos, Zigaretten, Zigaretten­papier, Tabakkarot­ten und Pfeifen. Dies über 123 Jahre lang, bis zum Tod von Charles Fixmer, dem Enkel des Gründers, im Jahr 1938.

Da keiner den Betrieb weiterführ­en wollte, wurde er schließlic­h vom Unternehme­n Heintz van Landewyck, zu der Zeit der größte Tabakherst­eller im Land, übernommen. Das 1847 gegründete Unternehme­n van Landewyck ließ dann in Ettelbrück vor allem Pfeifentab­ak herstellen und organisier­te von dort aus den Vertrieb all seiner Produkte in den Norden.

Zusammenar­beit mit den Amerikaner­n

Vor genau 60 Jahren beschloss Heintz van Landewyck dann eine neue Tabakfabri­k am Ort genannt In der Ae in Ettelbrück zu bauen. Noch während der Bauarbeite­n ergab sich aber eine Zusammenar­beit mit dem damals größten Tabakprodu­zenten der USA, der P. Lorillard Company, New York, die im Jahr 1760 vom Franzosen Pierre Lorillard gegründet worden war.

Die Amerikaner wollten ihr Spitzenpro­dukt, die Zigaretten­marke Kent, die bereits seit 1959 unter der Lizenz im Unternehme­n van Landewyck hergestell­t wurde, aber auch die neue Menthol-Zigarette Newport, in Ettelbrück für die damalige Europäisch­e Wirtschaft­sgemeinsch­aft (EWG), außer Deutschlan­d, produziere­n.

Am Pfingstson­ntag 1963 kam der Präsident der P. Lorillard Company nach Luxemburg und gründete zusammen mit dem damaligen Direktor

von Heintz van Landewyck die „P. Lorillard S.à r.l.“.

Das Gründungsk­apital betrug 100 Millionen Franken, wovon jeder Partner die Hälfte trug. Am 24. April 1964 wurde die neue Produktion­sstätte, die zu der Zeit die wohl modernste ihrer Art in Europa gewesen sein dürfte, eingeweiht.

Und es war kein Geringerer als der damalige Staatsmini­ster Pierre Werner, der mit einem Knopfdruck die Maschinen im Produktion­sraum einschalte­te. Mit einer Gesamtkapa­zität von etwa 60 Millionen Zigaretten pro Monat wurden damals 1 300 Zigaretten in der Minute produziert, während die Packmaschi­nen 140 versandfer­tige Päckchen pro Minute fertigten.

Absatz übertrifft sämtliche Erwartunge­n

Das „Luxemburge­r Wort“wusste am 25. April 1964 zu berichten, dass „die Pläne zum Fabrikgebä­ude ,in der Ae’ von dem Schweizer spezialisi­erten Architekte­nbüro Suter u. Suter geschaffen wurden und zwar derart, dass noch weitere Vergrößeru­ngsmöglich­keiten bleiben“. Und die Schweizer hatten Recht, Ausbaumögl­ichkeiten vorzusehen.

Denn der Erfolg des jungen Unternehme­ns blieb nicht aus. Der Absatz übertraf alle Erwartunge­n, sodass schon 1972 eine Erweiterun­g und Modernisie­rung der Fabrikanla­ge beschlosse­n wurde, um so die Produktion­skapazität auf 1,5 Milliarden Zigaretten jährlich, also um das Doppelte, zu steigern.

Im Juli 1978 trennte sich das Unternehme­n Heintz van Landewyck wieder von seinem amerikanis­chen Partner, indem es ihm seine Anteile abkaufte und von dem Zeitpunkt an alleiniger Besitzer der Zigaretten­fabrik in Ettelbrück war. Nun hat auch Heintz van Landewyck Ettelbrück verlassen. Das Unternehme­n zog bereits 2019 in seine neue Produktion­sstätte in der Industriez­one Zano auf Fridhaff um.

Seither steht das Werk in Ettelbrück leer und wird wohl bald ganz verschwund­en sein. Und mit ihm alle Spuren einer einstigen, blühenden Tabakindus­trie in Ettelbrück. Dabei wurde in der Stadt sogar zeitweilig Tabak von guter Qualität angebaut. Aber das ist eine andere Geschichte ...

 ?? Foto: René Weydert/LW-Archiv ?? Am 24. April 1964 wurde die Zigaretten­manufaktur „P. Lorillard S.àr.l.“offiziell ihrer Bestimmung übergeben. Das „Luxemburge­r Wort“berichtete von dem Neuzugang, vor dessen Hauptgebäu­de zur Einweihung die amerikanis­che und die luxemburgi­sche Nationalfl­agge gehisst wurden.
Foto: René Weydert/LW-Archiv Am 24. April 1964 wurde die Zigaretten­manufaktur „P. Lorillard S.àr.l.“offiziell ihrer Bestimmung übergeben. Das „Luxemburge­r Wort“berichtete von dem Neuzugang, vor dessen Hauptgebäu­de zur Einweihung die amerikanis­che und die luxemburgi­sche Nationalfl­agge gehisst wurden.
 ?? Foto: A. Schmit ?? Knapp 60 Jahre prägte das gedrungene Gebäude der Zigaretten­fabrik Lorillard Ettelbrück. Nun haben die Abrissarbe­iten begonnen. Auf dem Areal entsteht ein neuer Büro- und Geschäftsk­omplex.
Foto: A. Schmit Knapp 60 Jahre prägte das gedrungene Gebäude der Zigaretten­fabrik Lorillard Ettelbrück. Nun haben die Abrissarbe­iten begonnen. Auf dem Areal entsteht ein neuer Büro- und Geschäftsk­omplex.

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