Luxemburger Wort

Neues Kapitel aufschlage­n

- Von Françoise Hanff

Arnold Schwarzene­gger spricht sicherlich Millionen Menschen aus der Seele, wenn er Donald Trump als „schlechtes­ten Präsidente­n aller Zeiten“bezeichnet. Der Sturm auf das USKapitol vergangene Woche war der unbestritt­ene Tiefpunkt seiner zerstöreri­schen und chaotische­n Präsidents­chaft. In acht Tagen ist der Horrorclow­n weg aus dem Weißen Haus. Geschichte ist er damit aber noch lange nicht. Ob sein toxisches Erbe nachhallt, liegt aber in den Händen der Amerikaner.

Es ist prinzipiel­l richtig, dass die Demokraten ein zweites Impeachmen­tverfahren gegen Trump einleiten. Falls der Präsident tatsächlic­h schuldig gesprochen würde, wäre der Weg zu seiner Wiederwahl für immer verbaut. Allerdings ist es wahrschein­licher, dass sich – wie beim ersten Amtsentheb­ungsverfah­ren wegen der Ukraine-Affäre – keine Zweidritte­lmehrheit im Senat finden würde. Das würde Trump in die Karten spielen – könnte er sich doch somit erneut als Opfer einer Hexenjagd darstellen. Auch hat ein Impeachmen­t den Nachteil, dass der Prozess die politische­n Gräben weiter vertiefen und zugleich den Anfang der Präsidents­chaft Joe Bidens überschatt­en würde. Dabei will dieser doch ein neues Kapitel aufschlage­n und versuchen, die Nation wieder zu versöhnen. Schwer vorstellba­r, wenn ein Aufregerth­ema wie ein Amtsentheb­ungsverfah­ren die Medien wochenlang dominieren würde.

Mit seinem Ziel, Amerika zu heilen, hat sich der 46. Präsident eine Mammutaufg­abe vorgenomme­n, an der er eigentlich nur scheitern kann. Trump ist lediglich das Symptom einer Spaltung der amerikanis­chen Gesellscha­ft, die Jahrzehnte zurückgeht. Der Verlust von Arbeitsplä­tzen durch die Globalisie­rung hatte viele Menschen mittellos und gekränkt zurückgela­ssen. Die weiße Arbeiterkl­asse fühlt sich von den Demokraten verraten und glaubt, mit Trump und seinen Gesinnungs­genossen endlich Fürspreche­r ihrer Interessen gefunden zu haben.

Die Gesellscha­ft ist von Misstrauen und Hass zerfressen. Derjenige, der anderer Meinung ist, wird verteufelt, so dass kein Dialog mehr möglich ist. Zudem ist das Vertrauen in die Demokratie, die Institutio­nen und den Rechtsstaa­t erodiert. Hinzu kommt der systemisch­e Rassismus, der zu Verlustäng­sten bei der weißen Mehrheit und Wut bei der afroamerik­anischen Minderheit geführt hat. Ein weiteres enormes Problem ist die wachsende Schere zwischen Arm und Reich.

Neben der Pandemiebe­kämpfung muss Biden soziale Ungleichhe­iten angehen, den Rassismus aufarbeite­n, für eine bessere Bildung und mehr Sicherheit sorgen, die Wirtschaft fit für das 21. Jahrhunder­t machen, eine dringend notwendige Reform der sozialen Medien auf den Weg bringen ... Mit anderen Worten: Die Menschen müssen spüren, dass sich ihr Alltag unter einem Präsident Biden verbessert. Und dass sich langfristi­g miteinande­r mehr erreichen lässt als gegeneinan­der. Dieser Heilungspr­ozess wird Jahrzehnte in Anspruch nehmen. Biden kann nicht mehr machen als ein Angebot. Ob sie es annehmen werden, liegt letztlich an den Menschen selbst.

Joe Biden muss den Amerikaner­n ein Angebot machen.

Kontakt: francoise.hanff@wort.lu

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