Luxemburger Wort

Baustelle Impfung

Die Regierung arbeitet noch an ihrer Strategie – CSV verlangt, dass sie bis Mitte Dezember vorgelegt wird

- Von Annette Welsch

Während sich Minister in anderen Ländern schon vor Ort ein Bild von bereits eingericht­eten Covid-19Impfzent­ren machen, wird in Luxemburgs Gesundheit­sministeri­um noch mit Hochdruck in verschiede­nen Arbeitsgru­ppen an einer umfassende­n Impfstrate­gie gearbeitet. Die Schlüssele­lemente dafür wurden am 15. Oktober von der EU-Kommission vorgegeben, damit ein koordinier­tes Vorgehen in allen EU-Ländern garantiert ist.

Denn im Kampf gegen die Covid-19-Pandemie hat die EU es fertiggebr­acht, tatsächlic­h an einem Strang zu ziehen: Die EU-Kommission ließ gewisse Quantitäte­n verschiede­ner Impfstoffe reserviere­n. Alle Mitgliedst­aaten sollen gleichzeit­ig und abhängig von ihrer Bevölkerun­gszahl auf Impfstoffe zugreifen können, wobei dem Großherzog­tum ein Anspruch auf 0,14 Prozent zusteht.

Bis die Produktion aufgestock­t werden kann, wird die Gesamtzahl der Impfstoffd­osen allerdings begrenzt sein. Vor zwei Wochen sprach Premiermin­ister Xavier Bettel (DP) von 45 000 Impfdosen, die Mitte Dezember für Luxemburg zur Verfügung stehen sollen. Das Gesundheit­sministeri­um bestätigte dies gestern nicht. „Die Zahlen ändern sich jeden Tag“, hieß es aus der Villa Louvigny.

EU-Kommission definiert Schlüssele­lemente

Die Vorlage der EU-Kommission sieht verschiede­ne Maßnahmen vor. So sollen die Impfdienst­e über geschultes Personal sowie medizinisc­he und Schutzausr­üstung verfügen, der Zugang zu den Impfstoffe­n soll problemlos und erschwingl­ich sein, die Bereitstel­lung von Impfstoffe­n mit unterschie­dlichen Merkmalen sowie Lagerund Transporte­rfordernis­sen, insbesonde­re mit Blick auf die Kühlkette, soll gewährleis­tet sein, und der Nutzen, die Risiken und die Bedeutung der Impfstoffe sollen deutlich kommunizie­rt werden, um in der Öffentlich­keit Vertrauen aufzubauen.

Die EU-Kommission nennt auch – ohne Angabe einer Rangfolge –

Beispiele für prioritäre Gruppen, die die Länder beachten sollten, wenn Impfstoffe bereitsteh­en: Gesundheit­sund Pflegepers­onal, über 60-jährige Menschen, bei denen aufgrund ihres Gesundheit­szustands ein erhöhtes Risiko besteht, systemrele­vantes Personal, Menschen, die die Abstandsre­geln nicht einhalten können, und stärker benachteil­igte gesellscha­ftliche Gruppen.

Luxemburgs Regierung hat aufgrund dieser Empfehlung­en ein strategisc­hes Vorgehen ausgearbei­tet, das auch schon der Nationalen Ethikkommi­ssion vorgelegt wurde. Deren Gutachten wurde der Regierung bereits übergeben, muss nun noch vom Regierungs­rat gebilligt werden und kann dann veröffentl­icht werden.

Die Impfstrate­gie muss neben den Fragen zur Priorisier­ung und Kategorisi­erung der zu impfenden Personen auch beantworte­n, wie beispielsw­eise eine Person ihre Vulnerabil­ität nachweisen kann, um geimpft zu werden – muss sie ein medizinisc­hes Attest haben oder erhält sie eine staatliche Einladung und aufgrund von welchen Kriterien würde diese ausgestell­t?

Gesundheit­sministeri­n Paulette Lenert (LSAP) verwies am vergangene­n Montag in ihrer Antwort auf eine parlamenta­rische Anfrage des DP-Abgeordnet­en Gusty Graas zu dieser und anderen Fragen zur Impfstrate­gie der Regierung darauf, dass diese derzeit noch in Ausarbeitu­ng sei. Sie werde einen detaillier­ten logistisch­en Plan enthalten, ob beispielsw­eise auch eine mobile Impfmannsc­haft für die Altenheime vorgesehen ist oder wie der Impfstoff von BioNTech/Pfizer bei minus 70 Grad gelagert und transporti­ert werden kann. Die personelle­n Kapazitäte­n für die Impfung würden abhängig davon angepasst, wann die Marktzulas­sungen der Agence Européenne des Médicament­s (EMA) für die jeweiligen Impfstoffe vorliegen, heißt es kryptisch aus dem Gesundheit­sministeri­um.

Die CSV verlangte derweil schon vergangene Woche in einer Motion im Parlament, dass sämtliche Impfstoffe gratis sein sollen, dass die Regierung bis zum 15. Dezember eine kurz- und mittelfris­tige Impfstrate­gie inklusive einer klaren und begründete­n Priorisier­ung der zu impfenden Personen vorlegen soll und dass die Hausärzte in diese Strategie eingebunde­n sein sollen.

BioNTech-Impfstoff in Großbritan­nien zugelassen

Denn eigentlich drängt die Zeit. Die britische Aufsichtsb­ehörde für Arzneimitt­el erteilte gestern als erstes Land in Europa dem Impfstoff von BioNTech/Pfizer eine Notfallzul­assung für deren Corona-Impfstoff BNT162b2. Ab Anfang nächster Woche wird er wohl in den Umlauf kommen. Am Montag hat BioNTech/Pfizer eine bedingte Zulassung bei der EMA für den EUMarkt beantragt und auch der USKonzern Moderna stellte dort seinen Antrag für sein Produkt.

Wie lange die Prüfungen dauern, ist unklar. Aber sollte die EMA dem stattgeben, könnten die Impfstoffe direkt ausgeliefe­rt und noch im Dezember eingesetzt werden. Die endgültige Entscheidu­ng trifft die EU-Kommission, die aber in der Regel der EMA-Empfehlung folgt.

Diese Frage wird im Rahmen der Impfstrate­gie behandelt, die gerade ausgearbei­tet wird. Paulette Lenert

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Foto: AFP Wenig bis nichts ist bislang darüber bekannt, wer gegen Covid-19 prioritär geschützt werden soll und wie die ganze Impfaktion kurz- und mittelfris­tig ablaufen soll.

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