Gewerkschaften wollen endlich mitreden
OGBL, LCGB und CGFP fordern die Einberufung einer Tripartite zur Krisenbewältigung
„Wenn sich die drei nationalen Gewerkschaften zusammentun, dann ist die Lage ernst.“Mit diesen Worten resümierte die Vorsitzende des OGBL, Nora Back, gestern die aktuelle Situation nach dem wochenlangen Lockdown. Und weil die Auswirkungen nicht nur für die Wirtschaft, sondern für die gesamte Bevölkerung sehr schwerwiegend sind, fordern OGBL, LCGB und CGFP, dass die Regierung eine Tripartite einberuft. „Premier Xavier Bettel muss Verantwortung übernehmen und eine nationale Tripartite einberufen“, betonte der Präsident des LCGB, Patrick Dury, gestern bei einer gemeinsamen Pressekonferenz.
Nur in einer großen Dreierrunde zwischen Regierung, Gewerkschaften und Arbeitgeber könne eine Antwort auf die gravierenden Probleme gefunden werden, meinten auch Nora Back und Romain Wolff von der CGFP. Die sanitäre und die wirtschaftliche Krise dürften unter keinen Umständen in eine soziale Krise münden.
Auch wenn jede der drei Gewerkschaften ihre eigenen Vorstellungen hat, wie man die Krise am besten in den Griff bekommen könnte, so gibt es doch gemeinsame Ansatzpunkte: Die Kaufkraft der Bürger müsse gestärkt werden, daher dürfe es nicht wieder zu einer „Austeritätspolitik kommen, wie nach den Krisenjahren 2007 und 2008“, erklärte etwa die Ogbl-vorsitzende. Eine steuerliche Mehrbelastung dürfte es daher unter keinen Umständen geben, meinte sie weiter.
Neben der Stärkung der Kaufkraft liegt ein weiterer Schwerpunkt auf der Absicherung der Arbeitsplätze.
Für Patrick Dury ist die Kurzarbeit dafür das geeignete Mittel. Allerdings dürfe es nicht zu Kündigungen kommen, so lange ein Unternehmen von der Kurzarbeiterregelung profitiert.
Informiert statt konsultiert
Dass die Gewerkschaften sich so vehement für eine Dreierrunde stark machen, hat einen Grund: Während des Ausnahmezustands fühlten sie sich von der Regierung übergangen. Back, Dury und Wolff betonten gestern übereinstimmend, dass der Sozialdialog in den vergangenen Wochen kaum bis gar nicht funktioniert habe. Die Gewerkschaften seien lediglich im Nachhinein informiert worden. Es habe zwar Gespräche gegeben, meinte die Ogbl-präsidentin, doch die hätten nie einen konsultativen Charakter gehabt. Als Beispiele nannte sie das wirtschaftliche Stabilitätsprogramm und dann, vor wenigen Tagen, das so genannte Relance-programm.
Die Syndikate seien nie wirklich um ihre Meinung gefragt worden, hieß es unisono. Erst auf gemeinsamen Druck hin sei es schließlich am 14. Mai zu einer längeren bilateralen Unterredung mit der Regierung gekommen. Für die Gewerkschaftsführer gab es gestern allerdings einen Hoffnungsschimmer: Auf der Tagesordnung der für Mittwoch geplanten zweiten Gesprächsrunde in Senningen findet sich ein Eintrag, aus dem hervorgeht, dass es Mitte Juli doch noch zu einer großen Tripartite-runde zwischen Regierung, Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden kommen könnte.
Kritik an den Covid-gesetzen
Dass die Gewerkschaften bei der Regierung kein Gehör finden, zeigt sich laut Romain Wolff auch an den beiden Covid-gesetzen, die die sanitären Maßnahmen über das Ende des Etat de crise hinaus fortschreiben sollen. Für den CGFPCHEF wiegt die fehlende Dialogbereitschaft in diesem konkreten Punkt besonders schwer, weil die Texte die Grundrechte der Bürger tangieren. Die Entwürfe würden nun im Hauruckverfahren durch das Parlament geboxt, „ohne dass überhaupt die Gutachten der Berufskammern eingefordert wurden“, so seine Kritik. Romain Wolff würde sich daher wünschen, wenn die beiden Gesetze nicht nur mit einer einfachen, sondern mit einer Zweidrittelmehrheit verabschiedet werden müssten. Dies wäre umso wichtiger, weil die beiden Gesetze, die nur eine Laufzeit von einem Monat haben, wahrscheinlich mehrmals verlängert werden müssen. Seit gestern liegen übrigens die Änderungsanträge der Gesundheitskommission zu den Covid-gesetzen vor.