Helden brauchen Masken
Spanische Näherinnen, Kleinbetriebe und Großkonzerne versuchen, dem Mangel an Schutzausrüstung zu begegnen
Am Mittwoch brach der Direktor des Gesundheitsdienstes von Aragón, Javier Marión, während einer Pressekonferenz in Tränen aus, als er all denen Dank sagte, die sich der Ausbreitung des Corona-virus entgegenstellen. Natürlich denen an der Front, den Ärzten und Pflegern. Aber auch den Unternehmen und Privatleuten. Dann versagte seine Stimme.
Die Zahlen vom Freitag: 19 980 positiv Getestete, 1 002 Tote, 1 141 Patienten auf der Intensivstation. Eine 52-jährige Krankenschwester starb in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag in Bilbao. Sie ist das erste Todesopfer dieser Epidemie unter den spanischen Krankenhausarbeitern. Es gibt nicht genug Schutzmaterial. Allein das Madrider Hospital La Paz, das größte Krankenhaus Spaniens, braucht täglich 30 000 Op-masken, sagt ein Sprecher der Regionalregierung zur Netzzeitung „El Confidencial“. Die
Regionalpräsidentin Isabel Díaz Ayuso prognostiziert den Bedarf Madrids und dessen Umland für die kommenden Wochen auf 14 Millionen Masken an. Abgesehen von allem anderem Schutzmaterial. Die spanischen Maskenhersteller, Diseños
NT aus Andalusien und Nueva Sibol aus dem Baskenland, haben auf Dreischichtbetrieb umgestellt. Ihre Maschinen laufen heiß. So kann Diseños NT 80 000 Masken täglich herstellen und Nueva Sibol 16 000. Der größte Maskenproduzent
der Welt ist, nach eigenen Angaben, der chinesische Elektroautobauer BYD mit einer Kapazität von fünf Millionen Masken täglich. Überall auf der Welt haben sich Betriebe umgestellt, um das herzustellen, was jetzt gebraucht wird.
Modeketten stellen Produktion um Am Mittwoch gab der größte Bekleidungshändler der Welt, Inditex aus dem nordwestspanischen Galicien, seine Zahlen fürs abgelaufene Geschäftsjahr bekannt. Der Mutterkonzern der Modekette Zara machte so viel Gewinn wie nie und so viel Umsatz wie nie. Der bricht nun wegen der Corona-virus-krise gerade ein. Das macht Kapazitäten frei: um Masken aus China herbeizuschaffen. Und um in den spanischen Fabriken Op-kittel und anderes Schutzmaterial herzustellen. Die Produktion soll demnächst anlaufen. Eine Sofafabrik aus der Mittelmeerregion Murcia, Fama Sofás, hat vor ein paar Tagen schon umgestellt. Sie baut keine Sofas mehr, sondern Schutzmasken. Der Unterstoff der Sofas eignet sich ideal dafür. Die Arbeiter sind mit Herzblut bei der Sache. „Ich habe Kollegen bei der Arbeit weinen gesehen“, erzählt José Mateo, der Informatiker des Unternehmens, einem „El Confidencial“reporter.
Hersteller von Arbeitsbekleidung und Modeateliers haben dieser Tage begonnen, Masken und Schutzkleidung herzustellen. Manchmal ist es die Regierung, die den Anstoß gibt, manchmal sind es die Betriebe selbst. In Elda in der Mittelmeerprovinz Alicante haben sich Näherinnen, die sonst für die Schuhindustrie im benachbarten Elche arbeiten, per Whats-app verabredet, ab sofort Schutzmasken zu nähen. Maria Luisa, die Initiatorin, erzählt der Zeitung „El País“: „Du brauchst nur Geschicklichkeit. Ein bisschen Übung hilft natürlich. Alle Welt will mitmachen.“Die Helden brauchen Masken.