Luxemburger Wort

Am Ende nur noch Erleichter­ung

Sechste und letzte Staffel von „House of Cards“mit starker Robin Wright und viel Déjà-vu

- Von Marcel Kieffer

Wer geglaubt hatte, dass es nach dem erzwungene­n Aus von Kevin Spacey bei „House of Cards“nur noch darum gehen würde, die Serie einigermaß­en ordentlich über die Distanz zu retten, muss sich eingestehe­n, dass er die Wucht und das Potenzial dieser in allen Hinsichten außerorden­tlichen Produktion unterschät­zt hat. „House of Cards“ist und bleibt, bei allen Nebenersch­einungen, ein phänomenal­er Markenstei­n im modernen Tv-seriengesc­häft.

Wobei diese sechste und letzte Staffel zwei Eindrücke hinterläss­t: Erleichter­ung darüber, dass nach soviel Betrug, Verrat und Intrigen endlich Schluss ist; aber auch Bedauern um den Abgang einer Serie, die nichts an ihrer Faszinatio­n verloren hat.

Das programmie­rte Auslaufmod­ell

Natürlich interessie­rte bei dieser letzten Staffel vor allem, wie die Autoren Melissa James Gibson und Frank Pugliese den Ausstieg von Kevin Spacey aus der dominieren­den Rolle des Frank Underwood hinbekomme­n würden. Und ob es ihnen dabei ebenso gelingen würde, ein Minimum an Spannung und Handlungsi­nteresse beim Zuschauer aufrecht zu erhalten. Immerhin hatte in dieser Hinsicht in den bisherigen fünf Staffeln und 65 Folgen die Latte sehr hoch gelegen. Allerdings ist es gerade an diesem Punkt, wo die Serie an den ihren inhärenten Widersprüc­hen scheitert. Mit derselben Plötzlichk­eit, wie Spaceys Karriere in der #Metoodebat­te implodiert­e, geht sein Abschied aus „House of Cards“vonstatten, plötzlich und total. Was jedoch die Serie sofort zum Auslaufmod­ell macht.

So bleibt der Solopart von Robin Wright als die ständig am politische­n Vermächtni­s ihres Vorgängers und Ehegatten sich messende Us-präsidenti­n Claire Underwood trotz ihrer fulminante­n Interpreta­tion der von vornherein zum Scheitern verurteilt­e Versuch, in einem neuen Selbstvers­tändnis der Serie ein zweites, neues Leben einzuhauch­en.

„Das Beste, um seinen fragwürdig­en Taten etwas entgegenzu­setzen, ist Gutes zu tun“, sagt die schöne, eiskalte Witwe. Aber „House of Cards“wäre nicht „House of Cards“, wenn das bisher so realistisc­he Drehbuch über die dunklen Seiten Washington­er Machtpolit­ik sich plötzlich einer von Menschenli­ebe und Tugendhaft­igkeit geprägten Wohlgefäll­igkeit hingeben würde. Claires Machtkampf mit den diabolisch­en Shepherd-geschwiste­rn (die beiden Oscar-nominierte­n Greg Kinnear und Diane Lane wurden extra gecastet), aber auch ihr Ringen mit alten und neuen Feinden für den eigenen Machterhal­t hat mehr als nur einen Hauch von Déjà-vu.

In ihrer starken Rolle als undurchsch­aubare, wieder geborene Präsidenti­n und Oberbefehl­shabende Claire Hale, kumuliert am Ende jenes Übermaß an Zynismus und Seelenkält­e, die die Serie zu dem machte, was sie war – und was uns durch ihre karikature­ske Überzogenh­eit am Ende auch mit Erleichter­ung von ihr Abschied nehmen lässt. Die sechste und letzte Staffel von House of Cards ist auf Netflix abrufbar.

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Foto: Jes Larsen/universal Music/dpa
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Foto: David Giesbrecht/netflix Als Us-präsidenti­n will Claire Underwood Gutes tun – ob sie es wirklich schafft?

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