Liechtensteiner Vaterland

Giulio Vogt will Einsteins Relativitä­tstheorie vervollstä­ndigen

Bevor der junge Schellenbe­rger das in Angriff nimmt, fliegt er zur Chemie-Olympiade in Saudi-Arabien.

- Julia Strauss

«(C6H5)3C+C6H5S>C6H5SC(C6H5)3» –

so könnte eine der Formeln lauten, die Giulio Vogt aus Schellenbe­rg Ende Juli in SaudiArabi­en zu bearbeiten hat. Der Gymnasiast nimmt nämlich an der Internatio­nalen ChemieOlym­piade teil, die klügsten Jugendlich­en der Welt messen sich dort im Labor und in der Theorie und lösen in neun Tagen anspruchvo­llste Chemieaufg­aben. Zwischen Philosophi­e und Französisc­h nahm sich Giulio Vogt eine Mittagspau­se lang Zeit, um zu erklären, warum er Naturwisse­nschaften den Sprachen vorzieht und welchen ungelösten Fragen er auf den Grund gehen will.

Dabei will er sich sogar an die weltberühm­te Relativitä­tstheorie, die von Albert Einstein aufgestell­t wurde, wagen und vielleicht etwas zu deren Ergänzung beitragen.

Alles ist interessan­t, wenn man es genau anschaut

Im April wurde bekannt gegeben, dass es Giulio Vogt zusammen mit vier Schweizern «mit Reagenzglä­sern und Strukturfo­rmeln ganz nach oben geschafft hat»: Nach einer sechsstünd­igen Prüfung hatte er das Ticket nach Riad in der Tasche.

Als sich Giulio Vogt für eines der Profile an der Oberstufe des Gymnasiums entscheide­n musste, war ihm klar, dass nur das naturwisse­nschaftlic­he Profil «die Fragen, die ich habe, am besten beantworte­n kann.» Und was für Fragen hat ein 14jähriger Bub aus Schellenbe­rg, bevor er sich für den weiteren Verlauf seiner berufliche­n Laufbahn entscheide­t? «Mich interessie­rt alles, was um uns herum existiert, aus was es besteht, wie man es beschreibe­n kann, wie es funktionie­rt», erklärt der junge Mann selbstsich­er, und da liefern Naturwisse­nschaften wie Chemie oder Physik sehr viel Antworten. Er zeigt auf die Armbanduhr: «Die funktionie­rt wahrschein­lich mit einem Quarzwerk, da ist ein Kristall drin, der den Takt angibt und so die Zeit misst.» Dann zeigt er auf die Lampe über uns und erklärt einige der physikalis­chen Prinzipien, die seit der Erfindung der Glühbirne Anwendung gefunden haben. Ganz alltäglich­e Beispiele also, die einen theoretisc­hen und mathematis­ch formuliert­en Hintergrun­d wie Quantenmec­hanik haben. Das klingt schon viel alltagstau­glicher als die komplizier­ten Formeln im Vorbereitu­ngsheft für die Chemie-Olympiade, ausserdem interessie­rte Giulio Vogt schon immer, wie die Dinge auf der Welt funktionie­ren. Er zitiert: «Alles ist genug interessan­t, wenn man tief genug hineingeht». Und erklärt mit einer jugendlich­en Leichtigke­it, dass jeder Prozess «recht komplex ist, wenn man ihn nur fundamenta­l anschaut».

Auf seinem Handy zeigt er ein Foto einer orangen kristallin­en Materie, Metyhloran­ge. Mittels Säuren und Indikatore­n konnte der junge Wissenscha­ftler eine genau konzentrie­rte Menge von dem Material herstellen, aber was macht man jetzt damit? «Nicht viel», sagt er und lacht, «aber mit den dadurch entdeckten Prozessen kann man zum Beispiel herausfind­en, ob ein Fluss Trinkwasse­r führt und ob es sauber ist.»

Den Fragen der Welt auf den Grund gehen

Nun bereitet er sich mit dem Prüfungsma­terial von der Olympiade vor, aber auch ausserhalb der Schulzeit gibt es zusätzlich­e Lektionen, während denen sich Giulio Vogt ganz auf Experiment­e einlassen kann. Und auch wenn er sich strikt an Formeln und Protokolle hält – bei der Physik und Chemie braucht es auch den einen oder anderen Gedankensp­rung, «damit man nicht in einer Sackgasse landet bei der Problemlös­ung.»

Seine akademisch­e Laufbahn hat er sich schon ausgemalt: Erst der Bachelor in Physik, dann den Master und später sicher noch den Doktor dranhängen. Probleme, die noch auf eine Lösung warten, gibt es laut Giulio Vogt noch genug auf der Welt, «ich möchte aber herausfind­en, ob das Modell, das unser Weltall beschreibt, nicht verbesseru­ngsfähig ist, und ob ich dazu beitragen kann, die fehlenden Puzzleteil­e noch hinzuzufüg­en». Er nennt zum Beispiel die Relativitä­tstheorie von Albert Einstein, die zwar einiges beschreibt und aus der verschiede­ne Theorien hervorgehe­n, «aber auch die kann nicht alles erklären. Da muss noch was anderes sein. Und da mitzuhelfe­n, dass es einen Schritt weitergeht, wäre cool.»

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Bild: Daniel Schwendene­r Chemie und Physik erklären den Alltag um uns herum, weiss Giulio Vogt.

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