Wertinger Zeitung

Hier steht der geklaute Lauinger Maibaum

Brauchtum Die Birke, die den Marktplatz hätte zieren sollen, ist nun auf einem Hof im Süden der Stadt. Ein Lauinger sieht Anlass, falsche Aussagen zu dieser Aktion richtigzus­tellen.

- VON BERTHOLD VEH

Lauingen Über den Lauinger Maibaumkla­u wird in sozialen Netzwerken weiter heftig diskutiert. Wie unserer Redaktion bekannt wurde, steht die gestohlene Birke nun auf einem Hof im Süden der AlbertusMa­gnus-Stadt. Und zwar auf dem Anwesen des Landwirts Helmut Kinzler. Weil die Stadt Lauingen den für den Marktplatz bestimmten Maibaum nicht auslösen wollte, suchten die Mitglieder der „Hütte“, die nach Informatio­nen unserer Zeitung überwiegen­d aus dem Bachtal und dem Egautal stammen, einen Lagerplatz. „Ich habe dem Baum Asyl gegeben“, sagt Helmut Kinzler, der überrasche­nderweise zum „Herbergsva­ter“geworden war.

Etwa 25 Mitglieder einer „Hütte“aus dem nördlichen Landkreis hatten den Maibaum in der Nacht zum Freitag vom Gelände des Lauinger Bauhofs gestohlen. Bei den Verhandlun­gen mit einem Bauhof-Mitarbeite­r über die Auslöse seien zunächst 80 Kisten Bier und vier Spanferkel, danach 40 Kisten und zwei Spanferkel gefordert worden – Kosten rund 1200 Euro. Bürgermeis­terin Katja Müller ging auf das Angebot vor allem deshalb nicht ein, weil Lauinger unter den Dieben gewesen sein sollen. „Wer stiehlt denn seinen eigenen Baum?“, fragte die Rathausche­fin. Mit einem Autokran wurde schließlic­h ein kurzfristi­g organisier­ter Ersatzbaum auf dem Lauinger Marktplatz aufgestell­t. Auf Facebook entbrannte zudem eine weitere Debatte, da der Maibaum nicht von Lauinger Vereinen per Hand aufgestell­t wurde. Weil man nicht wusste, wie sich die Corona-Pandemie entwickeln würde, habe man bereits im Februar einen Autokran geordert, teilte Bürgermeis­terin Müller mit.

Der größere Lauinger Maibaum steht deshalb nun im Süden der Stadt – ausgelöst haben ihn Reiner Halbeck und eine Person, die namentlich nicht genannt werden will. Die Kosten sollen bei 250 Euro gelegen haben. „Ich fand es schade, dass sich die Stadt gar nicht auf das Gespräch eingelasse­n hat“, sagt der Lauinger, der in den vergangene­n anderthalb Jahrzehnte­n beim Aufstellen des Maibaums auf dem Marktplatz vor dem Rathaus dabei war. Am Dienstagab­end hat sich Halbeck mit Mitglieder­n der Gruppe getroffen, in einem Brief an unsere Redaktion sieht er Anlass zur Entkräftun­g einiger „Unwahrheit­en“und Gerüchte. „Es waren nicht die ‚Lauinger Bauern‘ oder ‚Jungbauern‘ oder gar Lauinger, die den geschmückt­en Maibaum gestohlen haben. Es war vielmehr eine Vereinigun­g von jungen Burschen aus zwei nördlich angrenzend­en Gemeinden.“Diese machen sich seinen Worten zufolge jedes Jahr vor dem 1. Mai auf Tour, um für eine Brotzeit und etwas Bier einen entspreche­nden Baum gegen Auslöse zu ergattern. Halbeck sagt: „Somit pflegen sie nichts weiter als das Brauchtum.“Auf dem Weg vom Bachtal zum ursprüngli­chen Ziel in Offingen sei der auf dem Lauinger Bauhofgelä­nde gelagerte Baum in der Nacht zum Freitag ins Visier der Maibaumdie­be geraten. Der Zugang sei ganz einfach per „Spitzbuben­leiter“möglich gewesen.

Anschließe­nd suchte die offensicht­lich gut vernetzte Gruppe einen geeigneten Lagerplatz in der Nähe. Bei einem ersten Kontakt mit einem Bauhofmita­rbeiter seien keinerlei Forderunge­n gestellt worden, erläutert Halbeck. Am Freitag um 8 Uhr habe die Gruppe, wie angekündig­t, versucht, mit einem Verantwort­lichen der Stadtverwa­ltung wegen Verhandlun­gen über die Auslöse telefonisc­h in Kontakt zu treten. Der Anruf sei ignoriert worden. Die Stadt Lauingen habe bereits zuvor entschiede­n, einen neuen Maibaum aus dem Wald zu holen. „Somit kam es nie zu einem Gespräch zwischen beiden Parteien“, erläutert Halbeck. Daher habe sich den jungen Burschen gar nicht die Möglichkei­t geboten, ihre Forderunge­n zu äußern.

Er habe zusammen mit einer Privatpers­on den 19 Meter hohen Maibaum nun für eine Brotzeit und Getränke ausgelöst. Halbeck sagt: „Der Maibaum wird nun für einen Monat als Symbol für Frühling und Liebe auf dem privaten Gelände stehen.“

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Foto: Berthold Veh Der schön geschmückt­e, 19 Meter hohe Maibaum der Stadt Lauingen, der für den Marktplatz vorgesehen war, steht jetzt auf einem Hof im Donauried.

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