Der Impfrückstand im Landkreis Dillingen
Dillingen ist nicht die einzige Region, die eine Sonderlieferung Impfstoff erhalten hat. Doch die allein wird kaum helfen, den Rückstand aufzuholen
Der Landkreis Dillingen hinkt bei der Impfquote hinterher – dabei können mehr Menschen geimpft werden.
Landkreis Das Dillinger Landratsamt hat am Freitag die neuen Impfzahlen veröffentlicht. Demnach sind im Landkreis Dillingen derzeit 8,8 Prozent der Bevölkerung vollständig gegen das Coronavirus geimpft. In Bayern insgesamt sind es bereits 9,9 Prozent, in Deutschland 10,6 Prozent.
Der Landkreis Dillingen ist nicht der Einzige, der hinterherhinkt. Insgesamt 22 bayerische Stadt- und Landkreise erhalten nun ein Sonderkontingent an Impfdosen des Impfstoffs Johnson und Johnson vom Freistaat(wir berichteten). Von den Empfängern liegen sieben Regionen in Schwaben. „Das zeigt ein strukturelles Defizit“, beklagt der Dillinger Hausarzt Dr. Alexander Zaune. Auch die Kreise Aichach-Friedberg, das Unterallgäu, Günzburg, Kempten, Lindau und die Stadt Memmingen haben das Problem: zu wenige Kassenärzte. Im Dillinger Land sind drei Hausarztstandorte nicht besetzt. 1500 Dosen können die Hausärzte im Landkreis Dillingen pro Woche verimpfen. „Alle Kollegen machen mit. Aber mehr geht nicht, sonst müssten wir unsere Regelversorgung einstellen.“Zaune ist ärztlicher Koordinator für den niedergelassenen Bereich im Kreis Dillingen.
Er begrüßt es, dass sich Dillingens Landrat wegen der Impfquote Ende April an den Bayerischen Gesundheitsminister Klaus Holetschek gewandt hat. Die Sonderlieferung könkeine einmalige Sache sein, betont Zaune. „Wichtig wäre, dass das Impfzentrum, wo 5000 Menschen geimpft werden können, maximal ausgelastet ist – und wir Hausärzte das Kontingent kriegen, dass wir bestellen.“Denn auch das klappt nicht immer. Bislang kam im Schnitt 70 Prozent des bestellten Impfstoffes bei ihm und seinen Kollegen an. Gerade in städtischen Regionen, wo mehr Hausärzte sind, können diese auch mehr verimpfen.
Landrat Schrell hatte deswegen Ende April gefordert, den Impfstoff zunächst nach dem Bevölkerungsanteil gerecht auf die Landkreise und kreisfreien Städte zu verteilen und den Impfstoff, den die Arztpraxen mangels räumlicher und personeller Kapazitäten nicht abrufen und verimpfen können, dem Impfzentrum zur Verfügung zu stellen. Doch so einfach ist das nicht.
Wie das bayerische Gesundheitsministerium auf Nachfrage erklärt, basiert die Verteilung des Impfstoffes auf zwei Säulen. Zum einen teile der Bund dem Freistaat Impfstoff für die Impfzentren zu und zum anderen dem Apothekengroßhandel. Der wiederum versucht damit, die Anfragen der niedergelassenen Ärzte abzudecken. Der Freistaat habe auf das Ärzte-Kontingent keinen Zugriff und könne demzufolge auch nichts umschichten. Sondern nur verteilen, was da ist. „Die Sonderzuteilung ist ein Versuch, regionale Besonderheiten auszugleichen“, heißt es seitens des Ministeriums. Weitere Sonderzuteilungen seien nicht ausgeschlossen. „Unser Fokus liegt aber in der sicheren Durchführung aller anstehenden Zweitimpfungen.“
Die 1600 Dosen von Johnson und Johnson, die der Landkreis Dillingen am Freitag erhalten hat, sollen in der kommenden Woche verimpft werden. Das Vorgehen über die Verteilung will das Landratsamt noch festlegen. Entsprechend der Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko) erhalten Personen über 60 Jahre ein Impfangebot. Das Landratsamt geht davon aus, dass die Dosen von Johnson und Johnson dann binnen einer Woche verabreicht werden können.
Fest steht aber schon jetzt, dass der Impfrückstand des Landkreises auch damit kaum aufzuholen ist. „In der vergangenen Woche waren 2876 Impfungen möglich. Wir hatten 2376 Dosen von Biontech/Pfizer und 500 von Moderna“, sagt Peter Hurler, Pressesprecher des Dillinger Landratsamts. Ab Montag sollen wieder 500 Dosen von Moderna zur Verfügung stehen – aber nur 1608 Dosen von Biontech.
„Weitere Zusendungen könnten wir im Impfzentrum in Wertingen problemlos verimpfen, wenn wir entsprechende Lieferungen bekämen“, betont Hurler. Das Ziel sollte sein, dass sich die Impfquoten überall angleichen – stattdessen sei die Schere weiter auseinandergegangen. Erst ein einziges Mal bislang sei die komne plette Kapazität des Wertinger Impfzentrums ausgeschöpft worden. Das war am 15. April mit 731 Impfungen. Davon entfielen 449 auf AstraZeneca und 282 auf Biontech. Derzeit finden gar keine Erstimpfungen mit AstraZeneca im Impfzentrum mehr statt. Das Mittel wird seit 19. April ausschließlich an Hausärzte geliefert.
Im Impfzentrum sind derzeit Personen in der Priorisierungsgruppe 3 an der Reihe. Dazu zählen Personen, die das 60. Lebensjahr vollendet haben, sowie Personen mit erhöhter Priorität (Vorerkrankungen wie Asthma, Diabetes oder Adipositas). Zudem gehören zu dieser Priorisierungsgruppe Lehrkräfte der weiterführenden Schulen und der beruflichen Schulen. Hat jemand vor der Vereinbarung eines Impftermins im Impfzentrum beim Hausarzt bereits eine Impfung erhalten, werden zusätzliche Einladungen über das Registrierungsportal ausgelöst. So werde sichergestellt, dass der verfügbare Impfstoff im Impfzentrum komplett verimpft wird. Zudem kommen weiterhin Personen der Priorisierungsgruppe 1 und 2, die sich erst jetzt registriert haben, dran. Wie das Landratsamt weiter informierte, sind die mobilen Impfteams derzeit vor allem wegen der Zweitimpfung von immobilen Personen unterwegs. Laut Hurer würden die Teams offen und freundlich empfangen. In der Regel seien die Impflinge bereits gut auf den Termin vorbereitet.
Hurler und auch Zaune loben auch die Vorgänge im Wertinger Impfzentrum. Sowohl die Impflinge als auch die Hausärzte geben demnach positives Feedback. Eine weitere positive Nachricht ist Dr. Zaune auch wichtig: „Wenn man immer Inzidenzen vergleicht, kann man auch Fallzahlen vergleichen – und da gehört der Landkreis zu den corona-ärmsten in ganz Schwaben. Das heißt, die Menschen haben nicht viel falsch gemacht.“
Die Inzidenz ist im Landkreis Dillingen erneut gestiegen: von 125,3 am Donnerstag auf 134,6 am Freitag. Es sind 20 weitere CoronaFälle aufgetaucht und elf weitere Fälle der B 1.1.7.-Mutation. Besonders traurig: Zwei weitere Todesfälle sind im Landkreis Dillingen zu beklagen. Im Nachbarlandkreis Donau-Ries lag die Inzidenz am Freitag bei 105 im Landkreis Augsburg bei 108 und im Landkreis Günzburg bei 149.
Betrachtet man die Fallzahlen pro 100000 Einwohner in den Landkreisen Dillingen und drumherum, so wie von Dr. Zaune vorgeschlagen, liegt das Dillinger Land klar vorne. Laut Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) sieht es so aus: Im Landkreis Dillingen kommen 3611,2 CoronaErkrankte auf 100 000 Einwohner, im Landkreis Donau-Ries 4215,8, im Landkreis Augsburg 4328,8 und im Landkreis Günzburg sind es 4998,9.