So viel weniger Grün
Fast 22 Fußballfelder pro Minute: In Südamerika hat der Mensch in den vergangenen Jahrzehnten enorm viel Natur zerstört. Im Zeitraum von 1985 bis 2018 wurden rund 2,7 Millionen Quadratkilometer natürliche Flächen vom Menschen umgewandelt, wie Forscher aus den USA und Brasilien nach Analysen von Satellitenbildern berichten. Das entspricht in etwa der gemeinsamen Fläche von Peru, Bolivien und Ecuador.
Seit 1985 ist die vom Menschen veränderte Fläche auf dem Kontinent um 60 Prozent größer geworden, wie ein Team um Viviana Zalles von der University of Maryland in der Zeitschrift Science schreibt. Insgesamt waren bis 2018 etwa 40 Prozent der Landmasse Südamerikas vom Menschen verändert – knapp 7,14 Millionen Quadratkilometer.
Mehr als die Hälfte der Veränderungen betraf Waldgebiete: 2018 war etwa ein Sechstel der 1985 vorhandenen natürlichen Walddecke zerstört, schreibt das Team. Auf fast der Hälfte dieser Fläche (44 Prozent) entstand direkt Weideland für die Fleischproduktion. Die direkte Umnutzung für neue Felder machte mit fünf Prozent zwar nur einen geringen Teil aus. Allerdings entstand in Südamerika der Großteil neuen Ackerlands durch Umnutzung von Weideland.
Am deutlichsten war die Entwicklung in Brasilien, wo von 1985 bis 2018 ein Fünftel der natürlichen Walddecke verschwand. Dort gingen bis 2004 pro Jahr 48000 Quadratkilometer Wald verloren – das entspricht etwa der Fläche von Niedersachsen. Von 2004 bis 2018 sank die jährliche Rate auf durchschnittlich etwa 10000 Quadratkilometer. Die insgesamt von Menschen beeinflusste Fläche stieg in Brasilien im Untersuchungszeitraum um 64 Prozent. In Argentinien waren es dagegen nur 23 Prozent.
Insgesamt verschwanden in Südamerika in den 34 Jahren des Untersuchungszeitraums jährlich durchschnittlich 8,1 Millionen Hektar Naturland: Das entspricht den Forschern zufolge 21,6 Fußballfeldern pro Minute.
Diese Entwicklung habe Folgen unter anderem für die Artenvielfalt und für den Klimawandel, schreibt das Forscher-Team. Veränderungen der Landnutzung seien voraussichtlich bis zum Jahr 2100 der wichtigste Grund für den Verlust der globalen Artenvielfalt. Davon sei Südamerika mit seinen extrem artenreichen Gebieten wie tropischen Regenwäldern und Savannen besonders stark betroffen. Zudem seien die großen Regenwaldgebiete wichtige Kohlenstoffsenken – und sie beeinflussten als solche so sowohl das regionale als auch das globale Klima. Hilal Özcan