Eine Sportart schafft sich ab
Das altehrwürdige Gewichtheben hat ein Problem, seit die Menschen das Dopen entdeckt haben. Andere Sportarten haben dieses Problem auch, aber so gut wie nirgendwo ist es ähnlich systemimmanent. Der Gewichtheber möchte sich immer mehr aufladen können. Es zählt das reine Gewicht, ohne Haltungsnoten. Geben Arme, Beine und Rücken nicht mehr her, greift der Athlet zum chemischen Katalysator. So belastet der Radund Wintersport mit Ausdauerpräparaten war und ist, so verseucht ist das Gewichtheben mit Anabolikakonsum.
Wie das auf Dauer funktioniert? Weil dahinter ein ausgefeiltes System aus Korruption, Lügen und Betrug steht, ausgeheckt und gedeckt vom eigenen Weltverband IWF. Und wehe jemand stemmt sich dagegen: Vergangenes Jahr war die Interims-Präsidentin Ursula Papandrea, die nach dem erzwungenen
Abtritt des mächtigen Verbandsbosses Tamás Aján einige Reformen angestoßen hatte, von dessen Verbündeten abgesetzt worden.
Das Gewichtheben rückt gerade deshalb wieder in den Focus, weil Gewichtheber noch immer das alte Doper-Manöver des Urinaustausches praktizieren. Das Verfahren ist so unappetitlich, wie man es sich vorstellt. Die Ermittlungen richten sich im aktuellen Fall gegen den kasachischen Olympiasieger Nischat Rachimow. Dass er bereits einmal für zwei Jahre wegen Dopings gesperrt war, muss niemanden überraschen. Mit Fremdurin soll auch der Rumäne Dumitru Captari hantiert haben. Beide sind derzeit suspendiert. Aber sie werden wieder kommen – mit wessen Urin auch immer.