Lage in den Asylheimen spitzt sich zu
Corona Immer mehr Bewohner sind im Kreis Augsburg in Quarantäne. Eine Flüchtlingshelferin berichtet von bedrückenden Zuständen
Landkreis Augsburg Die Lage in den Asylunterkünften im Kreis Augsburg spitzt sich weiter zu. Immer mehr Menschen, die dort leben, stecken sich mit Corona an. „Das Virus hat leichtes Spiel“, sagt Elisabeth Sedlacek. Denn dort, wo viele Menschen auf engstem Raum zusammenleben, ist eine Eindämmung praktisch unmöglich. Die Flüchtlingshelferin aus Ehingen berichtet von großer Angst unter den Flüchtlingen.
Die Unterkunft dort ist nur eine von mehreren im Kreis Augsburg, in denen das Virus ausgebrochen ist. Als in Ehingen ein Familienvater positiv getestet wurde, hatte man noch Hoffnung, die Lage in den Griff zu bekommen. Der Mann, seine Frau und seine kleine Tochter wurden in eine andere Unterkunft gebracht. Doch da war es offenbar schon zu spät. Eine weitere Großfamilie in der Ehinger Unterkunft wurde kurz darauf positiv auf Corona
getestet. Alle Mitglieder der neunköpfigen Familie, bis auf ein sechsmonatiges Baby, hatten sich infiziert, berichtet Sedlacek. „Der Vater der Familie war sehr krank und wurde sogar im Krankenhaus behandelt.“Die Großfamilie konnte offenbar nicht in einer anderen Unterkunft untergebracht und von den anderen Bewohnern isoliert werden. Die Folge: Von den 17 Bewohnern, darunter zehn Kinder, sind inzwischen elf positiv getestet worden, so die Flüchtlingshelferin. Aus ihrer Sicht, ist das kein Wunder. Zwar versuche man, die Bewohner, die in Quarantäne sind, von den anderen zu trennen. Doch in der gesamten Unterkunft gibt es nur eine Küche und nicht jede Familie hat ein eigenes Badezimmer. „Da kann man sich nicht aus dem Weg gehen“, sagt Sedlacek.
Die Flüchtlingsunterkünfte im Landkreis Augsburg befinden sich in der Trägerschaft der Regierung von Schwaben und der des Landkreises Augsburg. Die Regierungseinrichtungen sind alle Gemeinschaftsunterkünfte. In den Asylunterkünften sind derzeit 1.568 Personen untergebracht, 705 Personen in Gemeinschaftsunterkünften der Regierung von Schwaben und 863 Bewohner in den dezentralen Asylunterkünften des Landkreises (Stand November). Im Moment stehen im Kreis 135 Bewohnerinnen und Bewohner der Asylunterkünfte unter Quarantäne.
Viel Platz, um sich zurückzuziehen, gibt es nicht. Sowohl Landkreis als auch die Regierung von Schwaben richten sich nach einer Vorgabe des Innenministeriums, die sieben Quadratmeter pro Person vorsieht. In den Unterkünften teilen sich meist zwei bis drei Bewohner ein Zimmer. Bei allen Unterkünften der Regierung von Schwaben achten private Sicherheitsdienste rund um die Uhr vor der Tür über die Einhaltung der Maßnahmen. Auch in Ehingen. Das führe zu Unsicherheit unter den Bewohnern, berichtet Sedlacek: „Die Polizei ist für viele von ihnen nach Erfahrungen in ihren Heimatländern nicht positiv besetzt.“
Die betroffenen Bewohner dürfen – wie alle anderen positiv getesteten – ihr Haus nicht verlassen. Im Falle der Asylbewerber in Ehingen heisst das: Eine vierköpfige Familie muss auf etwa 25 Quadratmetern ausharren, berichtet die Flüchtlingshelferin: „Da wird gegessen, geschlafen, gespielt, gelernt. Das ist sehr belastend.“ Die älteren Kinder wurden von der Mittelschule Meitingen zwar zum Lernen mit einem Leihcomputer versorgt, doch die Internetverbindung im Heim reicht für Distanzlernen nicht aus, berichtet Sedlacek.
Weil sich die Menschen in den Heimen schlecht aus dem Weg gehen können, sollen sie priorisiert mit dem neuen Impfstoff versorgt werden. Das Robert-Koch-Institut hat dazu sechs Kategorien erstellt. In der ersten Gruppe sollen unter anderem Menschen in Pflegeheimen und Pflegekräfte geimpft werden. In der dritten Kategorie sind die Menschen mit einer „moderaten Priorität“aufgeführt.
Darunter finden sich auch Bewohner von Asylunterkünften. Denn ähnlich wie die Menschen in Pflegeheimen leben auch die Flüchtlinge oft auf engstem Raum zusammen. Sie dürften in der Debatte um den Impfstoff nicht vergessen werden, so Elisabeth Sedlacek.