Als Wortelstetten einen eigenen Sekt hatte
Fußball-Rückblick Im Sommer 1989 behielt der SV Wortelstetten im Fernduell mit dem SV Roggden die Oberhand und schaffte mit dem torlosen Remis beim SV Kicklingen den Aufstieg in die B-Klasse Donau. Für Erfolgstrainer Josef Hillenbrand war nach dem Triumph
Als vor 45 Jahren der SV Wortelstetten gegründet wurde, hatte es der damals jüngste Sportverein in der Großgemeinde Buttenwiesen alles andere als leicht. Sportlich konnten die SVW-Kicker mit den etablierten Teams des TSV Buttenwiesen, TSV Lauterbach, TSV Pfaffenhofen und TSV Unterthürheim nicht mithalten. „Unsere Konkurrenten waren uns damals um einiges voraus“, erinnern sich Gründungsmitglied Johann Kratzer und der langjährige Spieler und jetzige Platzwart und Stadionsprecher Xaver Hillenmeyer an die zähen Anfangszeiten. Der SV Wortelstetten fristete von 1975 bis Mitte der 1980erJahre in der damaligen C-Klasse Donau II – der untersten Fußball-Spielklasse im Kreis Donau – sportlich ein tristes Dasein. „Wir waren viele Jahre lang Letzter“, erzählen Archivar Peter Schiffmann, der zu seiner aktiven Zeit zwischen der ersten und zweiten Mannschaft pendelte, sowie ExTorjäger Reiner Kurz. Als dann in der Saison 1987/88 der Unterthürheimer Josef Hillenbrand das Amt des Trainers übernahm, ließen die Erfolge nicht lange auf sich warten: Im ersten Jahr seiner Tätigkeit bei den Schwarz-Roten sprang Platz drei heraus, ein Jahr später fuhr der SVW seine erste Meisterschaft in der Vereinsgeschichte ein.
Punktgleich mit dem SV Roggden lag die Mannschaft vor dem letzten Spieltag der Saison 1988/89 auf Platz zwei. Während die Roggdener ihr letztes Spiel beim TSV Wertingen II bestreiten mussten, ging es für die HillenbrandSchützlinge am Sonntag, 4. Juni, zum Auswärtsspiel nach Kicklingen. Johann Kratzer fuhr nicht mit in den Dillinger Stadtteil. Er beobachtete mit einem Sprechfunkgerät ausgestattet die Begegnung der Roggdener in Wertingen. Zweimal konnte er gute Nachrichten an ExTorwart Gerhard Neumann, der beim Spiel in Kicklingen dem SVW die Daumen drückte, übermitteln: Die Gastgeber erzielten im Verlauf der Partie nämlich frühzeitig zwei Treffer und gewannen am Ende mit 2:0. Somit war im Parallelspiel in der spannenden Schlussphase klar, dass Wortelstetten ein Punkt genügen würde, um Meister zu werden. Doch die letzten acht Minuten wurden für die Gäste zu einer kleinen Ewigkeit. Torwart Bernhard Miller sah nämlich in der 82. Minute die Rote Karte, sodass Feldspieler Peter Uhl zwischen die Pfosten musste. Die Kicklinger wollten in Überzahl unbedingt den Sieg, was Reiner Kurz und seine Nebenleute aber nicht zuließen. „Wir haben die Bälle oft weit ins Aus geschlagen, um Zeit zu schinden“, lächelt der heute 62-Jährige. Der gelernte Stürmer wurde in dieser Saison zum Abwehrchef umfunktioniert, wurde mit 13 Treffern dennoch Torschützenkönig. „Den hat es oft nicht hinten gehalten“, verrät Ex-Teamkollege Hillenmeyer.
Als in Kicklingen endlich der Schlusspfiff erfolgte und das 0:0 in trockenen Tüchern war, kannte der Jubel bei den Gästen keine Grenzen. Noch auf dem Platz wurden die ersten Flaschen Meisterschaftssekt geköpft. Ein Oberfan hatte diesen in Vorahnung auf ein Happy End extra etikettieren lassen. Bis weit nach Mitternacht wurde nach der Rückkehr im heimischen Sportheim nicht nur Perlwein ausgeschenkt, auch das Bier floss in Strömen, blickt Johann Kratzer schmunzelnd zurück. 30 Liter des edlen Gerstensafts fanden am Tag des Triumphes auch noch den Weg zum Judenberg nach Wertingen. Als Dankeschön für die Schützenhilfe des TSV Wertingen II beim Sieg über den SV Roggden.
Für den inzwischen schon verstorbenen Erfolgstrainer Josef Hillenbrand war nach seiner zweiten Saison in Wortelstetten bereits wieder Schluss. Der damalige Abteilungsleiter Wilhelm Nittbaur und Vorsitzender Horst Steinbach hätten den Unterthürheimer noch längere Zeit beim SVW gesehen. Überzeugen konnten sie ihn trotz aller Bemühungen freilich nicht.
Doch nicht nur Trainer Hillenbrand und Abteilungsleiter Nittbaur unternahmen vor 31 Jahren alles, damit der SV Wortelstetten den ersten von inzwischen vier Aufstiegen realisieren konnte. Vor dem Spiel in Kicklingen holte Vorstandsmitglied
Horst Steinbach in einer Nachtfahrt die Spieler Hans Koller und Helmut Müller vom Truppenübungsplatz der Bundeswehr in Wildflecken nach Hause und hat sie anschließend wieder zurückgefahren. Der damalige Landtagsabgeordnete Johannes Strasser (SPD) hatte sich erfolgreich mit in die Verhandlungen mit den BundeswehrVorgesetzten von Koller und Müller eingeschaltet. Unter dem neuen Trainer Max Mordstein konnte der SV Wortelstetten als B-Klassen-Aufsteiger im ersten Jahr den Abstieg vermeiden, „danach hat es uns aber leider erwischt“, lassen der heute 64-jährige Xaver Hillenmeyer und der sechs Jahre ältere Johann Kratzer wissen. Die Kameradschaft litt durch den ersten Abstieg beim SV Wortelstetten aber keineswegs. „Der Zusammenhalt hat uns schon immer ausgezeichnet“, weiß Peter Schiffmann, der im benachbarten Hirschbach wohnt. Auch nach bitteren Niederlagen habe man sich in früheren Zeiten so manches „Halbe“gegönnt, ergänzen Kratzer und Hillenmeyer.
Beide Letztgenannten sind dem Verein noch heute als Linienrichter bei Auswärtsspielen neben weiteren Tätigkeiten eng verbunden. Kratzer ist zum Beispiel Ehrenamtsbeauftragter des Vereins. Besonders stolz sind er und Hillenmeyer darauf, dass beim SVW trotz aller sportlichen Startschwierigkeiten weiter selbstständig Fußball gespielt werden kann. Was bei einigen Gemeinderivalen nicht mehr der Fall ist.
So haben sie gespielt
SV Wortelstetten Bernhard Miller, Johann Koller, Helmut Müller, Reiner Kurz, Gerhard Miksch, Alfred Semelink, Erwin Binder, Werner Fech, Anton Gleich, Rainer Fech, Peter Uhl (Alfred Gundel, Manfred Durner, Xaver Hillenmeyer)
Tore: Fehlanzeige – Zuschauer: 250