So wirkt sich Corona auf die Bauern aus
Corona Schon vor der Krise war die Situation für Landwirte nicht einfach. Jetzt müssen sie unter noch schwereren Bedingungen zurechtkommen. Wie die Lage bei den Landkreis-Bauern ist
Schon vor der Krise war die Situation für Landwirte nicht einfach. Jetzt werden die Bedingungen noch schwerer.
Landkreis Leere Supermarktregale – volle Dorfläden? Steigt der Verdienst der Landwirte jetzt? Von wegen. Das erklärt BBV-Kreisgeschäftsführer Eugen Bayer. Er verfolgt den Preisdruck auf landwirtschaftliche Erzeugnisse. Der wächst, etwa beim Rindfleisch – auch für die Bauern in der Region. „Obwohl gerade bei länger andauernden Krisenzeiten die Nachfrage beim Endverbraucher für regionale Produkte steigen wird, fehlt dem landwirtschaftlichen Handel die Nachfrage der Gastronomie, der Großküchen, der betrieblichen Kantinen, vom Catering-Service, den Versorgern von Schulen, Hochschulen und Universitäten“, ergänzt Landwirt und BBV-Kreisobmann Klaus Beyrer.
Und das nächste Problem wirft der Kreisobmann gleich mit auf: So fehlen Erntehelfer für den Spargel, oder das Pflanzen der Salatfelder in Gundelfingen oder für andere große Anbaubetriebe in Deutschland. Und wer erntet dann Salat und Gemüse? Und was passiert im Sommer, wenn die Getreideernte auf den Feldern ansteht? „Glaubt da wirklich jemand daran, dass sich Kurzarbeiter aus Restaurants, Friseurstuben oder Nagelstudios nach der ersten Euphorie eines Hilfsangebots für Monate den Rücken krumm machen, um Schnittlauch und Petersilie, Karotten, Pastinaken, Rote Beete, Kohlrabi oder Rettiche zu ernten?“, fragt Beyrer. Auch Werner Hopf, Geschäftsführer der Gartenbauzentrale in Gundelfingen, stellt sich diese Fragen, wenn die Helfer aus Polen und Rumänien fehlen. „Noch haben wir genügend Wurzel- und Kohlgemüse auf Lager, um die Nachfrage bedienen zu können“, sagt Hopf. Dabei habe sich die Nachfrage nach
Gemüse und Obst bis zum vergangenen Samstag beinahe verdoppelt. Mit der Schließung aller Verbraucherbetriebeund unternehmen bis auf die Lebensmittel- und Wochenmärkte sowie Discounter sei die Nachfrage dann ab Montag stark zurückgegangen. Gemüse könne eben nicht so gelagert werden wie Toilettenpapier, sagt Hopf. Doch sollten sich die Verbraucher im Klaren darüber sein, dass der Nachschub mit der Natur und vielen Helfern produziert werden müsse. Magnus Mayer, Leiter des Amts für Landwirtschaft (AELF) in Wertingen, erinnert daran, dass neben den Landwirten eine riesige Anzahl an vor- und nachgelagerten Betrieben und Unternehmen mit ihren Mitarbeitern von diesem Wirtschaftszweig abhängig sind: Logistikunternehmen, die Saatgut und Dünger verteilen, der Landhandel, Werkstätten für landwirtschaftliche Maschinen, die Logistik der Molkereien und des Lebensmittelhandels. „Dies alles muss weiter funktionieren, um die Versorgung der heimischen Bevölkerung zu sichern“, sagt Amtsleiter Mayer. Verbraucher sollten darüber nachdenken, was passiert, wenn diese Kette vom Coronavirus durchtrennt wird. Ein Bauer könne sich ebenso wenig ins Homeoffice zurückziehen wie der Milchfahrer, der Saatgut- oder der Lebensmittellieferant, sagt BBV-Mann Eugen Bayer. Zudem könne sich der Landwirt nicht leisten, Kurzarbeit anzumelden. Die Kühe müssten ja trotzdem weiter gemolken werden, fügt Milchviehlandwirt Albert Spomaier,
aus Oberliezheim an. Grünland und Äcker müssen gedüngt und bestellt werden, um neben dem bereits ausgebrachten Wintergetreide die Saat für weitere Feldfrüchte als Tierfutter oder zur Verarbeitung von Lebensmitteln auszubringen. Des Weiteren stehe nicht nur Milchvieh in den Ställen, um die Versorgung für die Bevölkerung abzusichern. Da gibt es Geflügelhöfe, Bullen- und Schweinemäster in der Region, die durch die Corona-Krise mit einem enormen Preisdruck zu kämpfen haben, da die Nachfrage durch die Anordnungen der Regierung um rund 40 Prozent eingebrochen sei. Zwar stimme die Landwirtschaft den Beschränkungen und Anordnungen zum Schutz vor einer weiteren Ausbreitung des Coronavirus in vollem Umfang zu, sagt Sporer. Dennoch würden die Landwirte wie alle anderen, die in solchen Zeiten ihren Dienst für die Menschen und für das Funktionieren der Gesellschaft einbringen, ihren Beitrag leisten.
Klaus Beyrer wünscht sich, dass sowohl die Bevölkerung als auch mediale Kritiker den bäuerlichen
Einsatz anerkennen. „Blühflächen und Gewässerstreifen sind soweit okay“, sagt der Obmann. „Doch daneben brauchen auch die Menschen Nahrungsmittel, die wir für sie produzieren.“
Vor 50 Jahren, 1970, sind seinen Angaben zufolge von einem Landwirt samt Helfern auf dem Hof statistisch 27 Menschen ernährt worden, im Jahr 2019 waren es rund 155 Verbraucher in Deutschland und somit auch im Landkreis Dillingen. Daran sollte auch die Politik denken, die mit ihren Rahmenbedingungen den Landwirten das Leben immer schwerer mache. „Ohne die konventionelle Landwirtschaft kann die Bevölkerung von Deutschland nicht ernährt werden“, sagt Beyrer. Das mittelfristige Ziel der Politik, 20 bis 30 Prozent der Landwirtschaft auf Bioanbau umzusetzen, hält der Landwirt für sinnlos. „Dafür gibt es keine Absatzmärkte, und dafür wird es auch keine geben.“Immerhin gibt es einen Lichtblick: Am Sonntag verkünden Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner und Bundeswirtschaftsminister Peter Altrer
dass auch Landwirte finanzielle Soforthilfen erhalten sollen.
In den Hof- und Dorfläden in der Region kam es durch die Coronakrise kurzfristig zu Umsatz- und Absatzsteigerungen von bis zu 150 Prozent. So berichtet Christa Käsbohrer vom Hofladen in Fultenbach, dass in ihrem Geschäft abgesehen von der Stammkundschaft die Frequenz an Neukunden dermaßen zugenommen habe, dass mehr als doppelt soviel an Eiern, Nudeln, Kartoffeln und Mehl verkauft wurde. Dies bestätigt auch Petra Weil vom gleichnamigen Hofladen in Blindheim, die neben den angesprochenen Produkten auch noch Geflügel und Wurstwaren von ihrem Hausmetzger anbietet. „Doch ich weiß das richtig einzuschätzen“, sagt Weil. Mittlerweile sei die von „Hysterie“geleitete Nachfrage wieder gesunken. Neukunden hatte sie, als Regale in Supermärkten und Discountern leer waren. „Da deckten sich die Kunden bei uns mit Eiern und Nudeln ein.“Beim Biohofladen in Zusamaltheim ist die Nachfrage laut Josef Ilg unverändert.
Landwirte können nicht ins Homeoffice