Wertinger Zeitung

Tempo, bitte!

Marke Das Taschentuc­h wird 90 – und ein Limit ist nicht in Sicht

- VON MICHAEL STIFTER

Ach, es geht doch nichts über so eine Erkältungs­saison im Büro. Irgendwo hustet oder niest immer jemand. Und angesichts der Berge an zerknüllte­n Taschentüc­hern im Papierkorb erscheint dieses Tempolimit, von dem gerade alle reden, dringend angebracht. Oder haben wir da was falsch verstanden? Viele Deutsche denken jedenfalls zuerst an die weißen, akkurat gefalteten Papiertüch­er, wenn sie den Begriff Tempo hören. Und erst dann an schnelle Autos und Andreas Scheuer.

Aber der Reihe nach: Vor 90 Jahren ging ein gewisser Oskar Rosenfelde­r von den Vereinigte­n Papierwerk­en Nürnberg zum Reichspate­ntamt. Es war eine der besseren Ideen seines Lebens. Denn seine eingetrage­ne Marke wurde zum Synonym schlechthi­n für Taschentüc­her. Die meisten Deutschen bitten bis heute um ein Tempo, wenn

die Nase läuft – egal, von welchem Hersteller es kommt. Marketinge­xperten nennen dieses Phänomen „generische Verselbsts­tändigung“. Nur einer Handvoll Firmen ist das gelungen: Der Klebestrei­fen wurde im Volksmund zum Tesa, der Lippenpfle­gestift zum Labello, der wasserfest­e Stift ist ein Edding – und das Taschentuc­h eben ein Tempo. Millionen Päckchen werden jeden Tag produziert, und niemand denkt an ein Limit. Ach ja, da wären wir wieder bei Andreas Scheuer. Der Verkehrsmi­nister will ein Tempolimit auf deutschen Autobahnen unbedingt verhindern – und das ganze Land diskutiert mit. Nur leider über das falsche Thema. Warum? Das erklärt Tobias Schaumann im Leitartike­l.

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