Wertinger Zeitung

Die rätselhaft­esten Transfers der Fußball-Geschichte

Fußball Der Wechsel von Kevin-Prince Boateng zum FC Barcelona kam unvermitte­lt. Es gibt allerdings noch zahlreiche weitere wundersame Transfers. Mit dabei: eine Schnee-Allergie, Zwillingsb­rüder und die Unkenntnis des Abédi Pelé

- VON WOLFGANG LANGNER UND TILMANN MEHL

● Kevin-Prince Boateng Straßenkäm­pfer finden selten den Weg ins Literaturc­afé. Dabei täte ein wenig Realitätsb­ezug den Intellektu­ellen manchmal nicht schlecht. Der FC Barcelona ist der Feingeist unter all den Kloppern im internatio­nalen Fußball. In den vergangene­n Jahren gelang es den Mourinhos der Welt immer wieder Barca in eine dunkle Ecke zu ziehen und zu vermöbeln. Die Katalanen verpflicht­eten zur Erhöhung der Wehrhaftig­keit bereits im Sommer den Münchner Türsteher Arturo Vidal. Fortan ist der Rüpel kein Einzelgäng­er mehr. Messi und Co. werden nun von zwei Leibwächte­rn geschützt. Grätsche um Grätsche, Ellbogench­eck um Ellbogench­eck.

● Vahid Hashemian Die Geschichte der bayerische­n Stürmertra­nsfers ist eine Geschichte voller Missverstä­ndnisse. Adolfo Valencia, genannt El tren, hatte die Beweglichk­eit eines Güterwaggo­ns. Mic und Mac spielten wie Hanni und Nanni (siehe weiter unten). Hashemian wiederum erhielt zu Bochumer Zeiten den Spitznamen „Hubschraub­er“. Der Iraner stieg hoch, schien in der Luft zu stehen, köpfte ein. In München aber hob er nicht ab. Neun Einsätze, kein Tor. Kein Wunder bei der Konkurrenz: Santa Cruz, Zickler, Makaay, Pizarro. Er zog nach nur einem Jahr weiter nach Hannover. Auch dort blieb der Hubschraub­er meist am Boden.

● Srdjan Cebinac Leidlich talentiert­er Offensivsp­ieler. Hatte aber pünktlich zum Probetrain­ing beim

1. FC Köln den besten Tag seines Lebens. Zufälle gibt’s! Vielleicht war es aber auch nur Zwillingsb­ruder Zvezdan, der aufzaubert­e. Diese Geschichte hält sich seit über 50 Jahren. In seinen drei Pflichtspi­elen für Köln hatte Srdjan jedenfalls am meisten damit zu kämpfen, bloß nicht negativ aufzufalle­n. Bruder Zvezdan wiederum war eine der Säulen bei der Nürnberger Meistersch­aft 1968. Srdjan zog weiter nach Holland und Österreich. Regelmäßig gespielt aber hat er nirgendwo.

● Thomas Gravesen Selbst ernannte „Humörbömbe“. Kickte recht gefällig für den HSV in der Bundesliga. Dass er aber später in seiner Karriere den Weg von Everton zu Real Madrid fand, überrascht­e dann doch. Erdete die Galaktisch­en um Roberto Carlos, David Beckham, Raul und Ronaldo (dem Brasiliane­r). Erfolg: kein Titel. Musste den Verein verlassen, nachdem er Robinho im Training wegfräste. Lebt mittlerwei­le in Las Vegas, hat dank guter Investitio­nen rund 100 Millionen Dollar auf der hohen Kante und ist mit einem Model liiert. Hat jedenfalls nicht allzu viel falsch gemacht in seinem Leben.

● Henri Françillon Dass sich Haiti 1974 für die Weltmeiste­rschaft qualifizie­rt hatte, war eine Sensation. Die Haitianer verloren dann zwar jedes Gruppenspi­el, aber dennoch ist ihr starker Keeper Henri Francillon dem damaligen Bundesligi­sten TSV 1860 München ins Auge gestochen. Auch Trainer Max Merkel wollte den „schwarzen Panther“. Das Gastspiel des Mittelamer­ikaners dauerte fast zwei Jahre, aber Fran- cillon absolviert­e nur sechs Spiele. Angeblich hatte er Angst, als er zum ersten Mal Schnee sah. Am Ende klagte der Schlussman­n über einen Rechtsanwa­lt gegen den Verein und bekam 20000 Mark Abfindung. 1999 gab es das Gerücht, dass Francillon bei Unruhen auf Haiti erschossen wurde. Doch der gab dann im Jahr 2010 noch quietschfi­del ein Interview.

● Abédi Pelé Wieder 1860. Dabei erlag der Ghanaer einem Irrtum. Als ihm sein Berater ein Angebot aus München unterbreit­ete, war Pelé geehrt, dass der große FCB ihn ver- pflichten wollte. Dass es zwei Bundesliga­klubs in München gab, wusste er nicht. Schließlic­h unterschri­eb er dann doch für zwei Jahre bei den „Blauen.“Na ja, ob Bayern oder 1860 – Hauptsache München.

● Zézé Ein Jahr vor Cebinac verpflicht­eten die Kölner den Brasiliane­r Zézé. Südamerika­ner gab es damals in der Bundesliga so oft wie Nonnen auf der Herbertstr­aße. 150000 Mark kostete die Investitio­n. Sie lohnte sich nicht. Fünf Einsätze und ein Tor später verließ Zézé Köln wieder. Er konnte ein ärztliches Attest vorlegen. Diagnose: Schnee-Allergie

● Karl Del’Haye „Calle“, wie ihn alle nannten, war bei Borussia Mönchengla­dbach eine Rakete. Am Bökelberg war er einer der schnellste­n und torgefährl­ichsten Stürmer. Das ärgerte die Bayern. Sie konnten Del’Haye zwar nicht brauchen, verpflicht­eten ihn aber trotzdem, um – wie man vermutete – Gladbach zu schwächen. „Calle“wurde ausgebrems­t und brachte es in fünf FCBJahren auf sieben Einsätze.

● Radmilo Mihajlovic Mitglied des legendären Sturm-Duos Mic und Mac in München. Mihajlovic traf noch schlechter als sein ebenfalls nur mäßig erfolgreic­her Partner Alan Françillon.

McInally. Warum der FC Schalke den Jugoslawen trotzdem verpflicht­en wollte? Verrückte 90er Jahre! Sonnenköni­g Günter Eichberg legte fünf Millionen Mark für Mic hin. Gekostet hatte der Chancentod die Münchner nur zwei Millionen. Rentiert hat sich die Ausgabe nicht. Zwei Jahre später verließ der Stürmer Schalke in Richtung Frankfurt. Eine Ablöse bekamen sie in Gelsenkirc­hen nicht mehr für Mic.

● Benno Larsen Da staunte der „Augschburg­er.“Ein dänischer Nationalto­rwart für den FCA. Als Larsen 1976 zum Zweitligis­ten kam,

Ob 1860 oder FCB: Hauptsache Bayern. Galt zumindest für Pelé.

Überrasche­nd mit Rendite weiterverk­auft: Radmilo Mihajlovic.

wirkte er jedoch leicht übergewich­tig. Und so richtig Lust schien Larsen auch nicht zu haben. Der FCA hatte damals unter Max Merkel schon ein bisschen Geld auf der Seite und der Däne verdiente etliches davon. Es gab Gerüchte, dass Larsen dem zweiten Torwart Albert Zettler gern den Vortritt mit den Worten: „Spiel du, ich brauche das Geld nicht so dringend“, ließ.

● Pablo Insua Eher eine tragische Geschichte. Mit viel Hoffnungen holte Schalke für 3,5 Millionen Euro den Innenverte­idiger 2017 aus Spanien. Doch kaum war er da, zog er sich eine Rippenfell­entzündung zu, die sich zu einer Herzbeutel­entzündung verschlimm­erte. Insua kam nur auf einen Einsatz. Er wurde jetzt ausgeliehe­n zum spanischen Erstliga-Aufsteiger SD Huesca.

● Aleksandr Hleb Steht stellvertr­etend für die Zeit, als Trainer Felix Magath beim VfL Wolfsburg und später beim FC Schalke 04 unter Vertrag stand und ihn ein wahrer Kaufrausch überkam. In diesen fünf Jahren holte der Trainer sage und schreibe 113 Spieler. Hleb war einer davon. In Wolfsburg durfte er immerhin viermal spielen. Das schafften nicht alle Spieler, die Magath verpflicht­et hat.

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Fotos: Witters (3), dpa Kevin-Prince Boateng wechselt von US Sassuolo nach Barcelona. Ähnlich überrasche­nd lief der Transfer von Thomas Gravesen (rechts oben) zu Real Madrid, wo er tatsächlic­h ein paar Spiele bestreiten durfte. Auch eher selten zum Einsatz kamen Calle Del’Haye (links unten) und Henri
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