Ein Maulwurf auf dem Mars
Raumfahrt „HP3“soll herausfinden, wie der Rote Planet entstanden ist. Ob die Mission gelingt, steht in den Sternen
Washington/Berlin Der erste Maulwurf im Weltall war aus Plüsch. Als das Space Shuttle „Endeavour“2011 zu seinem letzten Flug abhob, hatte der Astronaut Andrew Feustel den „kleinen Maulwurf“des tschechischen Zeichners Zdenek Miler im Gepäck. Mehr als sieben Jahre später hat es erneut ein Maulwurf in den Weltraum geschafft.
Diesmal besteht er aus einem Hammer, mechanischen Federn und einem Elektromotor. Das Gerät kommt in wenigen Tagen am Mars an – und soll dort so bald wie möglich in das Innere des Planeten vordringen. Der „Marsmaulwurf“, wie ihn die Forscher liebevoll nennen, trägt den offiziellen Namen HP3. Entwickelt wurde das Forschungsinstrument vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt.
Derzeit befindet sich HP3 an Bord des Landers „InSight“, den die US-Raumfahrtbehörde Nasa im Mai auf eine 485 Millionen Kilometer lange Reise zum Mars geschickt hatte. Am Montag gegen 21 Uhr unserer Zeit soll „InSight“auf dem Roten Planeten landen. Es ist die erste Mars-Landung der Nasa seit „Curiosity“im Jahr 2012 – und die Forscher sind nervös.
Nur rund 40 Prozent aller bisher weltweit gestarteten Mars-Missionen waren der Nasa zufolge erfolgreich. Wie schwierig Mars-Landungen sind, erlebte 2016 auch die europäische Raumfahrtagentur Esa: Ihre Sonde „Schiaparelli“stürzte infolge eines Computerfehlers beim Landeanflug ab.
Nicht nur die Nasa-Forscher werden die „InSight“-Landung genau beobachten: Auf der ganzen Welt soll es Public-Viewing-Veranstaltungen geben. „Die gesamte Mission möchte das Innere des Mars erforschen“, sagt Tilman Spohn vom Deutschen Zentrum für Luftund Raumfahrt (DLR), der das Experiment HP3 wissenschaftlich leitet. Es gehe darum, mehr über den Aufbau des Planeten und über die Dynamik unter seiner Oberfläche zu erfahren. Der Marsmaulwurf werde dazu beitragen, indem er die Temperaturen und die Leitfähigkeit des Bodens messe.
„Jeder Planet ist im Grunde eine Wärmekraftmaschine. Die Abwärme, die so eine Maschine abgibt, ist ein Maß dafür, welche Arbeit der Motor in ihr leistet. Wir messen diese Abwärme und erstellen daraus Rechenmodelle über die Entstehung des Planeten“, erklärt Spohn.
Landen soll „InSight“in der Ebene Elysium Planitia nördlich des Mars-Äquators. Es handelt sich um eine Region, die weitgehend eben und frei von größeren Steinen und Felsen ist. Bisherige Mars-Missionen haben dieses Gebiet noch nicht vom Boden aus erkundet. Der noch aktive Nasa-Rover „Curiosity“befindet sich in einer Entfernung von 500 Kilometern – und ist damit noch am nächsten dran. Im Gegensatz zu ihm wird sich „InSight“aber nicht bewegen, sondern am Landeplatz verharren. Sobald der Lander sicher steht, beginnt im direkten Umfeld die Suche nach einem passenden Standort für den Marsmaulwurf. Ein an „InSight“befestigter Roboterarm wird HP3 dorthin heben. „An der Landestelle rechnen wir mit drei bis sieben Metern lockerem Material im Boden“, sagt Matthias Grott vom DLR. Das sei wichtig, weil HP3 auf die Verdrängung von Sand ausgelegt sei. „Wenn wir auf einen großen Stein treffen und nicht weiterkommen, dann ist Schluss.“
Wenn alles klappt, soll der Maulwurf zwei Jahre lang Daten an die Erde senden. Die rund 650 Millionen Euro teure „InSight“-Mission hatte eigentlich schon 2016 beginnen sollen. Wegen eines undichten Forschungsinstruments musste der Start damals jedoch um zwei Jahre verschoben werden.
Janne Kieselbach und Christina Horsten, dpa