Ein prachtvoller Untergang
Aus alten Quellen, hier eine kurze Beschreibung des Ortes, um den es heute gehen soll: Schöner als irgendein anderer Ort Europas soll er gewesen sein. Die Menschen seien unvorstellbar reich gewesen, sie hätten in unvergleichlicher Pracht gelebt. Aber, aber: War das Wohlleben schon bedenklich genug, es machten sich auch noch Hochmut und Gottlosigkeit breit. So kam es, wie es kommen musste: Eine Katastrophe brachte den Untergang.
Der Untergang war so vollkommen, dass man bis heute vergeblich nach der verlorenen Pracht sucht. Hat es den sagenhaften Ort überhaupt gegeben? Nun, es gibt viele interessante Forschungen zum Untergang und sehr schöne Karten aus alter Zeit.
Wann soll der Untergang stattgefunden haben? Er könnte sich vor ungefähr 860 Jahren ereignet haben. Moment mal. Vor 860 Jahren? Dann kann es das sagenhafte Atlantis, an das man bei einem solchen Untergangs-Szenario immer gleich denkt, ja wohl nicht gewesen sein. Ist es auch nicht. Diese Untergangsgeschichte handelt von Vineta und sie spielt nicht am südöstlichen Ende Europas, sondern deutlich weiter nördlich, an den Ufern der Ostsee.
Archäologen und Historiker schmücken Vineta mit der Ehrenbezeichnung „Atlantis des Nordens“. Aber wo genau war dieses Vineta, die damals „größte Stadt Europas“, wie der Vineta-Forscher Adam von Bremen vor fast tausend Jahren – noch als Augenzeuge – schrieb? Er platzierte die fantastische Stadt in der Nachbarschaft von Rügen. Und Helmold von Bosau schrieb gut hundert Jahre später schon vom Untergang Vinetas. Ein Wikinger-König sei mit einer gewaltigen Flotte angereist, habe die reiche Stadt geplündert und völlig zerstört. Dann war Vineta auf Jahrhunderte von der Bildfläche verschwunden. Bis spätere Forscher wieder Hinweise auf die Sagenhafte entdeckten. Rudolf Virchow fand Siedlungsreste an der Oder-Mündung, auf der heute polnischen Insel Wolin. Seither gibt es die Wolin-Theorie. Als schärfste deutsche Konkurrenz gilt die Usedom-Theorie. Den Untergang sollen auch nicht die Wikinger verursacht haben. Vielmehr seien die gewaltigen Deiche, die das meerumschlungene Vineta vor dem Wüten der Wellen schützten, eines Tages zusammengebrochen. So entschwand Vineta im Meer. Also war es doch eine Naturkatastrophe, wie es sich für ein Atlantis des Nordens gehört.