Wenn das Internet in die Küche einzieht
Der Haushaltsgerätekonzern BSH will seine Rekordzahlen für die Zukunft sichern. Deshalb setzt er auf vernetzte Herde und Waschmaschinen
München Viel wird derzeit über Digitalisierung gesprochen. Geht es nach dem Haushaltsgerätehersteller BSH, wird sie auch unsere Küchen erobern. Das könnte so ausschauen: Daheim im Kühlschrank befindet sich eine Kamera. Auf der Fahrt von der Arbeit nach Hause lässt sich im E-Auto von Tesla auf dem eingebauten Bildschirm kontrollieren, was noch im Kühlschrank liegt. Wenig? Deshalb schnell im Supermarkt eine Pizza kaufen, der Ofen lässt sich dann ferngesteuert aus dem Auto heraus vorheizen.
Unnötige Spielerei? Mag sein. Nicht alle Anwendungen werden sich durchsetzen. Der oft beschriebene Kühlschrank, der selbstständig Joghurt bestellt, ist zum Beispiel in der Praxis deutscher Haushalte bisher nicht angekommen. Trotzdem ist man bei BSH überzeugt, dass in der Digitalisierung die Zukunft liegt. „Die Art, wie Menschen leben, kochen und ihre Hausarbeit erledigen, verändert sich“, sagte BSH-Chef Karsten Ottenberg anlässlich der Vorstellung der Jahreszahlen in München. Deshalb werde der Hersteller mit bekannten Marken wie Bosch, Siemens, Neff oder Gaggenau neben den Haushaltsgeräten selbst „zunehmend digitale Services anbieten“. Bisher liege die Zahl intelligenter Geräte, die BSH in Deutschland verkauft, „im einstelligen Prozentbereich“, berichtete BSH-Manager Michael Schöllhorn. Doch das Unternehmen wolle die Zahl der verkauften intelligenten Haushaltsgeräte pro Jahr verdoppeln. Damit käme man schnell auf eine ansehnliche Anzahl.
Beispiele für den intelligenten Haushalt gibt es schon einige: Der Ofen, der auf das Smartphone meldet, dass der Kuchen fertig ist. Der Geschirrspüler, der daran erinnert, dass die Spülmaschinen-Tabs ausgehen. Auch das Beispiel des Teslas, in dem man aus der Ferne den Ofen vorheizen kann, ist nicht aus der Luft gegriffen: BSH hat dies in Kooperation mit dem US-Autohersteller schon im Angebot. Im vergangenen Jahr hat man zudem die Mehrheit am Berliner Start-up „Kitchen Stories“gekauft, um Rezepte in BSH-Geräte einzubinden. Dabei läuft es anscheinend schon mit den bisherigen Produkten gut.
„Es war ein wirkliches Rekordjahr für uns“, sagte Finanzchef Johannes Närger. Der Umsatz sei 2017 um 5,8 Prozent auf 13,8 Milliarden Euro gewachsen – der achte Rekord in Folge. Und die Pläne sind groß: Bis 2025 soll der Umsatz auf 20 Milliarden Euro steigen. „Wir sind voll auf Kurs, unsere langfristigen Wachstumsziele zu erreichen“, berichtete BSH-Chef Ottenberg.
Bald soll digitale Intelligenz auch in den Geschirrspüler einziehen, wie er in Dillingen hergestellt wird. Dort ist das Werk mit 2500 Beschäftigten ein wichtiger Arbeitgeber. Die neue Generation an Spülern soll vernetzt sein, berichtete Organisationschef Schöllhorn. Die Geräte können selbst erkennen, wo sie stehen und wie hoch die Wasserhärte vor Ort ist. Sie nehmen Feedback entgegen und lernen dazu. Teilt man dem Gerät zum Beispiel mit, dass es Angebranntes schlecht entfernt hat, spült es das nächste Mal stärker. Die Geschirrspüler sollen auch individuell bestellt werden können: Will man zwei oder drei Ebenen, um Geschirr einräumen zu können? Braucht man eine Vorrichtung für Baby-Fläschchen?
In Dillingen gehe es jetzt darum, das Werk für die neue Generation an Spülmaschinen fit zu machen. Das betreffe das Training der Mitarbeiter, aber auch die IT. „Das Werk hat sich sehr gut entwickelt in den letzten Jahren“, sagte Schöllhorn unserer Zeitung. Man sehe für BSH in Dillingen „eine gute Zukunft“, auch wenn die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts zusammen mit den Arbeitnehmervertretern stets neu gesichert werden müsse. Längst ist BSH aber global tätig.
Vor allem in China legte das Unternehmen 2017 zu. Dort können Kunden ihren Kühlschrank bereits individuell konfigurieren. Und zwar bei WeChat – dem chinesischen WhatsApp. In Afrika will BSH dieses Jahr mit einem neuen Produkt antreten: einer blauen Frische-Box, die Lebensmittel ohne Strom kühl hält. 50000 Stück sollen für einen Preis zwischen 40 und 50 Dollar in Kenia und Nigeria verkauft werden. Das ist weniger bedeutend für den Umsatz, könnte aber die Marke „Bosch“stärken.
Welchen Gewinn BSH gemacht hat, sagte Finanzchef Närger nicht. Seit der Konzern allein zu Bosch und nicht mehr anteilig zu Siemens gehört, nennt man nicht mehr alle Zahlen. Mit der Profitabilität sei man aber „sehr zufrieden“, versicherte er. Für dieses Jahr ist man optimistisch; von den US-Strafzöllen erwarten die Manager nur „überschaubare Auswirkungen“.