Hamburgs neuer starker Mann
Bernd Hoffmann ist erst seit einem Monat als Präsident zurück beim HSV – und hat bereits die sportliche Führung abgesetzt. Die Krise aber ist damit nicht zu Ende
Dass er vor Konflikten nicht zurückschreckt und bereit ist, sich mit Ellbogen durchzusetzen, hat Bernd Hoffmann zuletzt mehrfach bewiesen. Der 55-Jährige gewann Mitte Februar die Wahl zum Vereinspräsidenten des Hamburger SV in einer Kampfabstimmung: Mit 53 Prozent der Stimmen löste er den bisherigen Amtsinhaber Jens Meier ab. Im Aufsichtsrat, dessen Mitglied er als Vereinschef automatisch ist, brauchte der gebürtige Leverkusener gerade mal drei Wochen, um zu dessen Vorsitzendem aufzusteigen. In dieser Funktion traf Hoffmann dann seine ersten Entscheidungen, die sich direkt auf die darbende Profi-Mannschaft des Bundesligisten auswirken: Vorstandschef Heribert Bruchhagen und Sportdirektor Jens Todt sind jetzt ihre Jobs los.
Es waren Personalien, die die Handschrift von Hoffmann trugen: In einem Interview, das wenig später auf der HSV-Homepage erschien, wurde der Funktionär damit zitiert, dass eine sofortige Neuausrichtung des Klubs notwendig sei. Hoffmann, der zwischen 2003 und 2011 bereits als Vorstandsvorsitzender beim Hamburger SV gearbeitet hatte, fackelt nicht lange, wenn es darum geht, den Daumen über einen Mitarbeiter zu senken: Acht Trainer verbrauchte der Klub in seiner achtjährigen Amtszeit.
Sportlich verliefen damals vor allem die ersten Jahre unter seiner Regie erfolgreich: Der Traditi- onsklub spielte in der Bundesligaspitze mit und stand sogar im Halbfinale der Europa League. Bei den Fans galt Hoffmann, der in Köln und Pennsylvania Betriebswirtschaftslehre studiert hat, aber nie als Sympathieträger. Der Manager, der vom Sportrechtevermarkter Sportfive zum Bundesligisten kam, wirkt kühl, entrückt, mitunter sogar arrogant. Der oft in der Fußball-Branche geforderte Stallgeruch fehlt ihm. Trotzdem gilt er als Überzeugungstäter. Als einer, der sich in alle Bereiche des Vereins einmischt. Dass er sich nur mit dem Amt als Vereinspräsident nicht zufriedengeben würde, schien klar. Das Tempo, in dem Hoffmann sich den Posten des Aufsichtsratsvorsitzenden sicherte, überraschte aber auch viele Beobachter.
Innerhalb von nur wenigen Wochen hat sich Hoffmann zum neuen starken Mann beim Hamburger SV aufgeschwungen. Er übernimmt den Klub inmitten der größten Krise seiner Vereinsgeschichte: Angesichts von sieben Punkten Rückstand zum Relegationsplatz scheint der Bundesliga-Abstieg beschlossene Sache zu sein. Der Vater von vier Kindern (zwei Mal Zwillinge) muss nun den Neuaufbau des Vereins leiten, wohl in Liga zwei. Europapokal ist lange her.
Florian Eisele