Von solchen Löhnen können andere Branchen nur träumen
Die IG Metall nutzt die gute konjunkturelle Lage auch für den Einstieg in eine weitere Arbeitszeitverkürzung. Doch die Unternehmen lassen sich das bezahlen
Die Arbeitgeber hatten von Anfang an schlechte Karten in der Tarifrunde der deutschen Metall- und Elektroindustrie. Denn zu Weihnachten vergangenen Jahres packten die führenden Ökonomen dicke Pakete mit euphorischen Wirtschaftsprognosen aus. So frohlockte Ifo-Chef Clemens Fuest: „Deutschland befindet sich auf dem Weg in die Hochkonjunktur.“Folglich soll die Wirtschaft 2018 um traumhafte 2,6 und 2019 immer noch um schöne 2,1 Prozent zulegen. Dabei sind gerade die Auftragsbücher vieler Metallbetriebe – also von Maschinen-, Autound Flugzeugbauern – zum Bersten voll. Die einzige Sorge der meisten Firmeninhaber ist, dass diese Bestellungen nicht schnell genug abgearbeitet werden können.
In einer derartigen Situation war es für die bärenstarke IG Metall ein leichtes Spiel, die Arbeitgeber zu einem hohen Abschluss von 4,3 Prozent zu überreden. Von solchen Lohnerhöhungen träumen Beschäftigte anderer Branchen. Die IG Metall ist in Deutschland die erfolgreichste Gehalts-Erhöhungsmaschinerie, zumal es für die rund 3,9 Millionen Beschäftigten des boomenden Wirtschaftszweigs auch noch fette Einmalzahlungen und ab 2019 sogar eine Art großzügigen dauerhaften Extra-Bonus gibt.
Dabei zahlen etwa Autokonzerne über Weihnachts- und Urlaubsgeld hinaus schon jetzt ihren Beschäftigten satte Sonderprämien. Bei BMW kamen Facharbeiter zuletzt in den Genuss von im Schnitt 8095,50 Euro. Das waren etwa zwei Monatsgehälter zusätzlich. Insofern werden die Mitarbeiter der weltweit erfolgreichen Konzerne ohnehin ausreichend von den Managern finanziell gestreichelt.
Die Sahne für den bereits heute ausgesprochen nahrhaften Kuchen kommt aber noch obendrauf und wird von der IG Metall spendiert. So funktioniert die Verwöhn-Vollpension im Metaller-Wunderland.
Als sich die Arbeitgeber in der Tarifrunde dann doch einmal gegen weitere Wellness-Wohltaten kräftig wehrten, ließen die IG-Metall-Verantwortlichen ihre Muskeln spielen und bestreikten gerade Autofabriken 24 Stunden lang. Und das ohne eine Urabstimmung über einen Arbeitskampf, was ein Novum in der Metall-Tarifgeschichte ist. Die Proteste taten den Unternehmen weh. So erhöhten sie den Druck auf ihre Arbeitgebervertreter, einen Abschluss zu erreichen.
Doch nicht nur die Doppelrahmstufen-Konjunktur ließ die süßesten Träume von IG-Metall-Chef Jörg Hofmann wahr werden. Er ist auch ein großer Profiteur der Wiederauflage der Großen Koalition. Denn es war früh klar, dass seine SPD-Parteifreunde ein Rückkehrrecht auf Vollzeit nach einer Phase der Teilzeitarbeit durchsetzen. Das erkannten die Arbeitgeber und leisteten keinen grundsätzlichen Widerstand gegen Hofmanns Schokostreusel auf die Sahne. Demnach können Metaller ihre Arbeitszeit von 35 auf bis zu 28 Stunden pro Woche runterschrauben. Danach genießen sie ein Rückkehrrecht auf eine volle Stelle. Das haben sich die Arbeitgeber teuer abkaufen lassen, können doch mehr Beschäftigte bis zu 40 Stunden die Woche arbeiten. Bislang durften das in Bayern maximal 13 Prozent eines Betriebes. Das Interessante an dem Tarifabschluss ist: In der ohnehin mit unzähligen Arbeitszeitmodellen gesegneten Branche gibt es noch mehr Flexibilität – nach unten wie nach oben. Das ist eines der Erfolgsrezepte unserer Industrie.
Denn nur so können Firmen in einem Hochlohnland Jobs sichern. Derart viel Flexibilität bindet in Betrieben aber reichlich Personal. Gerade dieser komplizierte Abschluss wird Personalabteilungen viel Mehrarbeit bescheren. Im schönen Konjunktur-Doppelrahmstufen-Wunderland Deutschland gedeiht die Bürokratie prächtig.
Verwöhnpension für einen starken Wirtschaftszweig