Weniger wilde Hühner in Bayern
Die Zahl der Fasane, Wachteln und Rebhühner sinkt seit Jahren im Freistaat. Die Gründe dafür sind vielfältig. Was der Jagdverband nun plant
Wunsiedel Hühnervögel auf den Feldern werden in Bayern immer seltener. Die Bestände von Fasan und Wachtel sind seit Jahrzehnten rückläufig, das Rebhuhn ist vielerorts vom Aussterben bedroht. Die Ursachen sind vielfältig. Vor allem der Mangel an Insekten im Frühjahr und Sommer macht dem HühnerNachwuchs zu schaffen. Christof Janko von der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft erklärt: „Gerade junge Rebhuhn-Küken benötigen in den ersten Lebenswochen tierisches Eiweiß.“Mangele es an proteinreicher Insektennahrung, starten die Jungen ihr Leben mit körperlichen Defiziten oder sterben früh. Janko zufolge kommen noch andere Ursachen dazu – „angefangen von den Lebensräumen, über das Wetter bis hin zu Beutegreifern und Krankheiten“.
Um dem Verschwinden der Hühnervögel entgegenzuwirken, hat der Bayerische Jagdverband (BJV) im oberfränkischen Wunsiedel eine Niederwildstation eröffnet. Die 300 Quadratmeter große und für rund 250 000 Euro errichtete Volierenanlage ist integriert in den Landesjagdschulbetrieb am Katharinenberg und derzeit einzigartig in Bayern. Dort sollen künftig Rebhühner und Fasane gezüchtet werden, um sie später auszuwildern. Die Wachtel als Zugvogel lässt sich nur schwer auswildern, weil das Zugverhalten nicht angeboren wird, sondern erlernt werden muss.
Um die jungen Rebhühner und Fasane können sich bayerische Revierpächter ab Herbst bewerben. „Wir wollen in jedem Regierungsbezirk mindestens ein Musterrevier haben“, erklärt BJV-Vizepräsident Günther Baumer. Die Biotop- im jeweiligen Jagdrevier wird ein wichtiger Faktor bei der Auswahl sein. Ein weiteres Kriterium ist die Bejagung der Fressfeinde. Bewerber sollten bereits im Vorfeld Füchse und Krähen sowie eingewanderte Arten wie Marderhunde und Waschbären dezimieren, damit die Feldvögel eine möglichst große Chance haben, sich dauerhaft zu etablieren. Zusätzlich verpflichten sich die Bewerber, die Vögel drei Jahre lang nicht zu bejagen.
Getestet wurde das Auswilderungsverfahren während der vergangenen Jahre im 1000 Hektar großen Lehr- und Forschungsrevier des BJV in Wunsiedel. Entscheidend für den Auswilderungserfolg sei die genetische Veranlagung der Hühnervögel, erklärt der Leiter der Landesjagdschule, Severin Wejbo- ra. Die Zuchtvögel in der Niederwildstation seien aufgrund ursprünglicher Genlinien ausgewählt worden. Wejboras Ziel ist es, im kommenden Jahr bayernweit zwischen 50 und 100 Rebhühner sowie etwa 300 Fasane auszuwildern.
Sophia Engel, Ornithologin beim Landesbund für Vogelschutz (LBV), sieht als Voraussetzung für ein Auswilderungsprojekt die nachhaltige und dauerhafte Förderung von landwirtschaftlichen Strukturen. Ihr zufolge ist die Hauptursache für den Bestandsrückgang der Hühnervögel ein Strukturwandel in der Agrarlandschaft. Großflächige Monokulturen erleichtern zwar die Arbeit der Landwirte und ermöglichen den Einsatz großer Maschinen, doch für die Vögel sei diese Entwicklung ungünstig. „Es fehlen KleinstruktuStruktur ren wie Wegränder, Hölzer oder Hecken“, sagt Engel. Zusätzlich gehen wichtige Nahrungsbestandteile wie Unkrautsamen und Insekten durch den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln verloren.
Seit 2014 gibt es in Bayern sogenannte Wildlebensraumberater, die Landwirte und Jäger bei der Förderung der biologischen Vielfalt unterstützen sollen. Koordinator der bayerischen Wildlebensraumberater ist Christof Janko von der Landesanstalt für Landwirtschaft. Für ihn ist die Qualität des Lebensraumes die größte Stellschraube im System. Von einer strukturreichen Kulturlandschaft profitieren nicht nur die wilden Hühner, sondern auch andere rückläufige Tierarten wie Kiebitz, Feldlerche oder Feldhase.
Adriane Lochner, dpa