AKW-Betreiber erheben schwere Vorwürfe gegen Habeck
Konzerne widersprechen Aussagen des Wirtschaftsministers zum Atomausstieg – Isar 2 hätte weiterlaufen können
- Steht das grüne Parteiprogramm über dem Gemeinwohl der Bürger? Beim Ausstieg aus der Atomkraft gibt es weiter offene Fragen. Jetzt setzen Stromkonzerne den Wirtschaftsminister unter Druck. Es wird politisch eng für Robert Habeck: Nachdem zunächst interne Dokumente und vom Magazin „Cicero“herausgeklagte Unterlagen gezeigt hatten, dass die Spitze des Wirtschaftsministeriums Hinweise der hauseigenen Fachebene, wonach ein Weiterbetrieb der Atomkraftwerke möglich gewesen sei, ignoriert habe, bringen die Stromkonzerne PreussenElektra und Eon den Minister zusätzlich in Bedrängnis. Habecks Behauptung, er sei vom Rat der Betreiber überzeugt worden, die Atomkraftwerke stillzulegen und die Brennstäbe seien „ausgelutscht“gewesen, stößt bei den Unternehmen auf Widerstand.
„Wir als PreussenElektra haben uns zu jeder Zeit offen für eine Prüfung und Umsetzung eines Weiterbetriebs gezeigt und dies – wo immer möglich – artikuliert“, heißt es laut Bild in einer internen Mail des Stromkonzerns an seine Mitarbeiter. Die von Habeck in der Öffentlichkeit geäußerte Einschätzung bezeichnete PreussenElektra als „erheblich verkürzt“.
Weiter wird in dem Schreiben kritisiert, dass „wesentliche Argumente, die die Machbarkeit eines Weiterbetriebs belegen, ausgeblendet“worden seien. PreussenElektra erhob den Vorwurf, es werde der „Eindruck erweckt, wir hätten uns grundsätzlich einem längerfristigen Weiterbetrieb verschlossen. Dies können wir nicht stehenlassen!“
Konkret bezieht sich das Unternehmen in dem Zusammenhang auf die Stilllegung des Atomkraftwerks Isar 2. „Unser Angebot, den Weiterbetrieb von KKI2 prüfen und umzusetzen, stand. Es fehlte jedoch am notwendigen politischen Willen dazu“– dies sei auch durch ministerielle Prüfvermerke belegt worden. Eon, die Muttergesellschaft von PreussenElektra, bestätigte die Aussage in Bezug auf das AKW Isar 2. Der Energiekonzern sagte gegenüber der Bild: „Wir haben in der gesamten Debatte klargemacht, dass wir einen Weiterbetrieb des Kraftwerks technisch und logistisch ermöglichen könnten, sofern die Bundesregierung dies wünscht.“
Dem wiederum widerspricht das Bundeswirtschaftsministerium. Eine Sprecherin von Habeck erklärte, dass Ende Februar/Anfang März 2022 die Aussage von EnBW, Eon und RWE gelautet habe, dass ein Streckbetrieb keine zusätzlichen Strommengen bringen würde. Laut dieser Aussage hätten die Atomkraftwerke entweder die Stromproduktion 2022 reduzieren oder die Anlagen hätten abgeschaltet werden müssen, um im Winter 2022/23 zur Verfügung zu stehen.
Wer sagt die Wahrheit? Die ehemaligen AKW-Betreiber oder der Bundeswirtschaftsminister? Fragen, die auf Antworten warten und mittlerweile auch innerhalb der Bundesregierung offenbar diskutiert werden. Michael Kruse, energiepolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, griff Habeck, ohne den Namen des Ministers zu nennen, verdeckt an: „Die Angebote zum Weiterbetrieb der Kernkraftwerke waren bekannt. Wer sie in der größten Energiekrise des Landes nicht gekannt haben will, verrät viel über sich.“
Bereits vor den politisch brisanten Stellungnahmen der Stromkonzerne hatte Torsten Frei, parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, auf X geschrieben: „Der alte Verdacht erhärtet sich: Beim Kernkraft-Aus wurden Parlament und Bevölkerung belogen.“CSUGeneralsekretär Martin Huber sagte: „Robert Habeck hat das Land beim AKW-Aus getäuscht. Entweder hat er gelogen oder sein eigenes Ideologie-Ministerium nicht im Griff.“