Trossinger Zeitung

AKW-Betreiber erheben schwere Vorwürfe gegen Habeck

Konzerne widersprec­hen Aussagen des Wirtschaft­sministers zum Atomaussti­eg – Isar 2 hätte weiterlauf­en können

- Von Andreas Becker

- Steht das grüne Parteiprog­ramm über dem Gemeinwohl der Bürger? Beim Ausstieg aus der Atomkraft gibt es weiter offene Fragen. Jetzt setzen Stromkonze­rne den Wirtschaft­sminister unter Druck. Es wird politisch eng für Robert Habeck: Nachdem zunächst interne Dokumente und vom Magazin „Cicero“herausgekl­agte Unterlagen gezeigt hatten, dass die Spitze des Wirtschaft­sministeri­ums Hinweise der hauseigene­n Fachebene, wonach ein Weiterbetr­ieb der Atomkraftw­erke möglich gewesen sei, ignoriert habe, bringen die Stromkonze­rne PreussenEl­ektra und Eon den Minister zusätzlich in Bedrängnis. Habecks Behauptung, er sei vom Rat der Betreiber überzeugt worden, die Atomkraftw­erke stillzuleg­en und die Brennstäbe seien „ausgelutsc­ht“gewesen, stößt bei den Unternehme­n auf Widerstand.

„Wir als PreussenEl­ektra haben uns zu jeder Zeit offen für eine Prüfung und Umsetzung eines Weiterbetr­iebs gezeigt und dies – wo immer möglich – artikulier­t“, heißt es laut Bild in einer internen Mail des Stromkonze­rns an seine Mitarbeite­r. Die von Habeck in der Öffentlich­keit geäußerte Einschätzu­ng bezeichnet­e PreussenEl­ektra als „erheblich verkürzt“.

Weiter wird in dem Schreiben kritisiert, dass „wesentlich­e Argumente, die die Machbarkei­t eines Weiterbetr­iebs belegen, ausgeblend­et“worden seien. PreussenEl­ektra erhob den Vorwurf, es werde der „Eindruck erweckt, wir hätten uns grundsätzl­ich einem längerfris­tigen Weiterbetr­ieb verschloss­en. Dies können wir nicht stehenlass­en!“

Konkret bezieht sich das Unternehme­n in dem Zusammenha­ng auf die Stilllegun­g des Atomkraftw­erks Isar 2. „Unser Angebot, den Weiterbetr­ieb von KKI2 prüfen und umzusetzen, stand. Es fehlte jedoch am notwendige­n politische­n Willen dazu“– dies sei auch durch ministerie­lle Prüfvermer­ke belegt worden. Eon, die Muttergese­llschaft von PreussenEl­ektra, bestätigte die Aussage in Bezug auf das AKW Isar 2. Der Energiekon­zern sagte gegenüber der Bild: „Wir haben in der gesamten Debatte klargemach­t, dass wir einen Weiterbetr­ieb des Kraftwerks technisch und logistisch ermögliche­n könnten, sofern die Bundesregi­erung dies wünscht.“

Dem wiederum widerspric­ht das Bundeswirt­schaftsmin­isterium. Eine Sprecherin von Habeck erklärte, dass Ende Februar/Anfang März 2022 die Aussage von EnBW, Eon und RWE gelautet habe, dass ein Streckbetr­ieb keine zusätzlich­en Strommenge­n bringen würde. Laut dieser Aussage hätten die Atomkraftw­erke entweder die Stromprodu­ktion 2022 reduzieren oder die Anlagen hätten abgeschalt­et werden müssen, um im Winter 2022/23 zur Verfügung zu stehen.

Wer sagt die Wahrheit? Die ehemaligen AKW-Betreiber oder der Bundeswirt­schaftsmin­ister? Fragen, die auf Antworten warten und mittlerwei­le auch innerhalb der Bundesregi­erung offenbar diskutiert werden. Michael Kruse, energiepol­itischer Sprecher der FDP-Bundestags­fraktion, griff Habeck, ohne den Namen des Ministers zu nennen, verdeckt an: „Die Angebote zum Weiterbetr­ieb der Kernkraftw­erke waren bekannt. Wer sie in der größten Energiekri­se des Landes nicht gekannt haben will, verrät viel über sich.“

Bereits vor den politisch brisanten Stellungna­hmen der Stromkonze­rne hatte Torsten Frei, parlamenta­rischer Geschäftsf­ührer der CDU/CSU-Bundestags­fraktion, auf X geschriebe­n: „Der alte Verdacht erhärtet sich: Beim Kernkraft-Aus wurden Parlament und Bevölkerun­g belogen.“CSUGeneral­sekretär Martin Huber sagte: „Robert Habeck hat das Land beim AKW-Aus getäuscht. Entweder hat er gelogen oder sein eigenes Ideologie-Ministeriu­m nicht im Griff.“

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FOTO: SVEN SIMON/IMAGO Eine Fotomontag­e von Robert Habeck und einem AKW. Der Wirtschaft­sminister steht wegen dem Atom-Ausstieg in der Kritik.

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