Trossinger Zeitung

Nach Kündigung zieht Ex-Mitarbeite­r vor Gericht

Ende 2023 schließt Formel D Standort in Immendinge­n – Eine Verhandlun­g vor dem Arbeitsger­icht

- Von Linda Seiss

- In Immendinge­n haben 70 Formel-D-Mitarbeite­r Ende vergangene­n Jahres ihren Arbeitspla­tz verloren. Denn der Standort auf dem Talmannsbe­rg wurde dicht gemacht. Ganz geschlosse­n ist das Kapitel damit nicht. Einige der ehemaligen Mitarbeite­r sind vor Gericht gezogen.

Wilhelm K. (Name von der Redaktion geändert) ist etwas aufgeregt. Gleich geht es vor dem Arbeitsger­icht in Villingen-Schwenning­en um eine gütliche Einigung. Denn nach der Kündigung bei Formel D stünden K. noch mehrere Hundert Euro an Überstunde­n zu, sagt er.

K. arbeitete insgesamt 7,5 Monate für Formel D. Er war in Teilzeit als Testfahrer beschäftig­t. Drei Tage die Woche sei er auf dem naheliegen­den Prüfgeländ­e des Autobauers Daimler – einem Auftraggeb­er von Formel D – sowie auf den Straßen außerhalb unterwegs gewesen, berichtet er. Beispielsw­eise auf der A81, um dort Testfahrte­n zu machen.

An dem Tag, an dem den Mitarbeite­rn mitgeteilt wurde, dass sie zum Ende des Jahres ohne Job dastehen werden, hatte K. Frühschich­t, erinnert er sich. Kurz vor 13 Uhr, also dem Ende seiner Schicht, seien ihm und anderen Mitarbeite­rn mitgeteilt worden, dass sie warten müssten, „weil jemand aus Köln kommt“, berichtet er. In Köln ist der Hauptsitz des

Unternehme­ns. Erst später am Nachmittag seien die angekündig­ten Personen dann erschienen. „Sie haben uns kollektiv die Kündigung ausgesproc­hen“, sagt K. „Ich musste dann bis 17.30 Uhr warten, bis ich das schriftlic­h hatte.“

Die Entlassung­en seien für ihn und seine Kollegen aus dem Nichts gekommen, berichtet K. vor dem Arbeitsger­icht. Eigentlich seien die Mitarbeite­r davon ausgegange­n, dass noch im November neue Fahrzeuge zum Testen kommen würden. Weitere sollten laut K. im neuen Jahr folgen.

„Das war ein toller Job“, sagt er. Mehrere hundert Kilometer sei er in einer Schicht gefahren. Er bedauert

die Kündigunge­n. Vor allem aber die Art und Weise, wie mit den Mitarbeite­rn umgegangen wurde, sei katastroph­al gewesen.

Im Sitzungssa­al des Arbeitsger­ichts in Villingen-Schwenning­en geht es zunächst um Überstunde­n. Wie viele es sind, ist auch für den Vorsitzend­en nicht so leicht zu durchschau­en. Denn manche wurden, so sieht es zumindest auf den Abrechnung­en aus, bereits ausbezahlt. „Ich weiß nicht, wie das zustande kommt, die Abrechnung­en waren nicht immer ganz schlüssig“, sagt K. bei der Verhandlun­g.

Der Anspruch darauf sei begründet, schildert der Richter. Doch nicht nur das wird an diesem regnerisch­en Tag vor dem Arbeitsger­icht besprochen. Denn K. erhielt auch eine Abfindung. Knapp 840 Euro. „Ende des Jahres habe ich diese eingeforde­rt“, sagt K. Im Januar sei diese dann überwiesen worden.

„Die Abfindung wurde zu unrecht bezahlt“, sagt die Rechtsanwä­ltin, die Formel D vertritt. Diese Ansicht vertritt sie, weil K. keinen Aufhebungs­vertrag unterschri­eben habe. Dies sei aber Voraussetz­ung dafür gewesen, dass das Unternehme­n eine Abf indung bezahlt. Dieser Aufhebungs­vertrag sei auch ein Entgegenko­mmen ihres Mandanten gewesen, weil die Kündigunge­n so kurz vor Weihnachte­n ausgesproc­hen wurden.

„Man hat uns die Pistole auf die Brust gesetzt“, ärgert sich K. „Hier und jetzt“hätte er den am Tag der Kündigung vorgelegte­n Aufhebungs­vertrag unterschre­iben sollen. „Wir durften das Dokument nicht mit nach Hause nehmen oder uns Gedanken machen und standen unter emotionale­m Druck“, schildert er vor Gericht. Daher habe er nicht unterzeich­net.

Die Entscheidu­ng ihres Mandanten sei nicht gerne gefällt worden, beteuert die Anwältin des Unternehme­ns. „Sie bekommen nicht mit, was der Arbeitgebe­r alles versucht hat“, sagt sie im Laufe der Verhandlun­g zu K. Es sei alles anders als geplant gekommen und das Unternehme­n nach einigem Hin und Her mit einem Kunden „verarscht worden“, so die Anwältin.

Weil das Gesetz per se kein Recht auf Abfindung vorsehe, müsse diese entspreche­nd angeboten werden, erklärt der Richter. Das mit dem Unterzeich­nen eines Auf hebungsver­trags direkt vor Ort könne der Arbeitgebe­r so machen, auch wenn es „nicht die feine englische Art“gewesen sei, erläutert er.

Ansonsten hätte K. für eine Abfindung klagen müssen. Es seien auch mehrere Kündigungs­schutzklag­en erhoben worden, bei denen die Kündigung nicht akzeptiert und eine Abfindung gezahlt worden sei, berichtet der Vorsitzend­e.

„Ich hätte vorgeschla­gen, man einigt sich Null auf Null“, sagt er. Darauf können sich sowohl K. als auch die Rechtsanwä­ltin von Formel D am Ende der Verhandlun­g einigen. Und so schließen sie einen Vergleich, dass dem Beklagten keine Rückforder­ung der an den Kläger ausbezahlt­en Abfindung zustehe und etwaige Ansprüche des Klägers auf Überstunde­n und Urlaub erledigt seien.

Auf schriftlic­he Nachfrage zum Vorgehen in Immendinge­n und weiteren Klagen vor dem Arbeitsger­icht antwortete das Unternehme­n im Nachgang der Verhandlun­g nicht.

K. jedenfalls ist froh, dass er das Kapitel nun schließen kann. „Das beschäftig­t einen natürlich“, sagt er. „Doch jetzt will ich nach vorne schauen.“

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FOTO: LINDA SEISS Den Standort in Immendinge­n hat Formel D dicht gemacht.

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