Binder bereitet Führungswechsel vor
Beim Tuttlinger Familienunternehmen soll Michael Pfaff auf Peter Michael Binder folgen
TUTTLINGEN - Beim Tuttlinger Familienunternehmen Binder deutet sich ein Wechsel in der Führungsspitze an. Firmengründer Peter Michael Binder wird sich zunehmend aus dem operativen Geschäft zurückziehen. Ein Dreierteam mit seinem Stiefsohn Michael Pfaff wird in den nächsten Jahren die Aufgaben beim Hersteller für Simulationsschränke übernehmen. Ein konkretes Ausstiegsdatum nannte Binder für sich aber nicht.
„Ich bin kein Unternehmer mit Verfallsdatum“, sagte Binder im Gespräch mit unserer Zeitung. Er betonte zwar, nicht „CEO mit Rollstuhl“sein zu wollen. Der Übergang werde aber allmählich und fließend über die Bühne gehen. „Wir arbeiten daran“, sagt der 65-Jährige. Ihm sei es wichtig gewesen, dass das Unternehmen, das er 1983 gegründet hatte, „langfristig in Familienhand bleibt. Das Firmenlogo auf dem Dach soll nicht ausgewechselt werden müssen.“
Muss es erst einmal nicht. Zum einen steht mit Michael Pfaff ein Familienmitglied bereit, das die Geschäfte übernehmen kann. Zum anderen geht es Binder wirtschaftlich gut. Der Umsatz hat sich von 2017 auf 2018 um acht Millionen auf 71 Millionen Euro gesteigert. Die Eigenkapitalquote liegt bei über 50 Prozent. Und für die nächsten Jahre wird mit einem weiteren Plus beim Umsatz gerechnet. „Wir sind sicher, dass Binder eine Firma mit Zukunft ist“, erklärt der Firmenchef. Nachfolger Michael Pfaff kennt Unternehmen genau Seine Zuversicht schöpft er daraus, weil sein Unternehmen nicht von einer Industrie abhängig ist. Die konstanten oder wahlweise extremen Temperaturen in den Simulationsschränken können genutzt werden, um die Belastbarkeit von Batterien für Elektroautos oder die Haltbarkeit von Medikamenten zu testen. In den Schränken kann auch Zell- beziehungsweise Knorpelmaterial für Implantate oder Fleisch gezüchtet werden. „Wir bieten Schränke für die wissenschaftlichen und industriellen Labore an“, meint Pfaff. Von den 22 000 Simulationsschränken, die pro Jahr ausschließlich in Tuttlingen gebaut werden, verkauft Binder rund 10 000 Geräte für das Trocknen und Temperieren“. „Das ist unser Brotund Buttergeschäft, betont Binder.
Rund 80 Prozent der Produktion geht ins Ausland. Deutschland sei zwar weiterhin der wichtigste Markt. Danach folgen aber die Absätze bei den asiatischen Kunden (30 Prozent) und das Geschäft mit dem amerikanischen Kontinent (zehn Prozent). Vor allem China rückt zunehmend in den Mittelpunkt. Dort hat Binder in diesem Jahr ein eigenes Lager eröffnet.
Den chinesischen Markt kennt Michael Pfaff gut. Er hat das Asienund Europageschäft des Unternehmens betreut. Eingestiegen ist der Stiefsohn von Binder aber weiter unten. Der 35-Jährige hat das Geschäft mit den Klimaschränken von Grund auf gelernt. „Ich bin seit elf Jahren bei Binder und habe das gesamte Unternehmen kennengelernt. Ich war in der Produktion, der Montage, im Vertrieb“, berichtet er. Irgendwann habe er immer mehr Verantwortung von Binder bekommen. „Ich wusste, dass es ein Test ist und ich Erfolge zeigen muss“, sagt Pfaff.
Offensichtlich hat er überzeugt. In einigen Jahren soll er die Gesamtleitung übernehmen. Der Kopf des Unternehmens bleibt bis auf Weiteres aber der Firmengründer. „Amüsanterweise kümmert sich der Älteste weiter um den Fortschritt und die Digitalisierung. Das Strategische ist einfach meine Stärke“, meint der Chef, der sich als Trainer der Führungsspitze versteht. „Tore schießen müssen aber die Kollegen. Ich sehe, ob sie es können.“Seinen drei Nachfolgern – die beiden anderen Namen neben Pfaff wollte das Unternehmen nicht nennen – will Binder viel Freiheit geben. Das spezielle Vetorecht hat er sich aber schon einräumen lassen. Nicht bedingt durch die Stellung als Patriarch des Unternehmens. „Ich muss sie schon intellektuell überzeugen. Aber im Grunde waren wir noch nie anderer Meinung.“