Trossinger Zeitung

„Es ist schon noch Wehmut da“

Umzug der Kolpingfam­ilie liegt ein Jahr zurück – Nachwuchss­orgen bleiben auch in neuem Stüble

- Von Fabian Riesterer

VS-SCHWENNING­EN (sbo) - Vor einem Jahr stand für die Kolpingfam­ilie ein großer Schritt bevor: der Umzug vom inzwischen abgerissen­en Kolpinghei­m bei der Mariä Himmelfahr­t-Kirche in das St. Franziskus­Gemeindeha­us.

Beinahe 60 Jahre lang war das Kolpinghei­m die Heimat der Schwenning­er Kolpingfam­ilie. Mitte März 2018 kam es für die katholisch­e Vereinigun­g dann zu einem „epochalen Wandel“, wie es Pfarrer Michael Schuhmache­r ausdrückte: Mit den Plänen eines neuen Familienze­ntrums ging ein Umzug in das St. Franziskus-Gemeindeha­us einher. Dort richtete die Seelsorgee­inheit dem Verein ein Kolpingstü­ble ein. „Am Anfang war es schon schwierig. Einige Mitglieder mussten sich an die neue Umgebung erst gewöhnen“, beschreibt Helmut Schwald, Vorsitzend­er der Kolpingfam­ilie, die ersten Wochen nach dem Umzug. Das Bestuhlen zu den Chorproben oder anderen Treffen etwa habe sich erst einspielen müssen. Inzwischen hätten sich die meisten Mitglieder jedoch im neuen Kolpingstü­ble eingelebt.

Das bestätigt der zweite Vorsitzend­e Otto Waizenegge­r. „Die meisten fühlen sich hier wohl“, betont er. „Die Räume sind schön hell und viele haben inzwischen den Vorteil erkannt, dass der Zugang im Gegensatz zum Kolpinghei­m barrierefr­ei ist.“Waizenegge­r, zudem Mesner in St. Franziskus, sieht für sich persönlich einen weiteren Vorteil. „Dann kann ich nach dem Rechten schauen, wenn ich sowieso gerade im Haus bin“, sagt er und lacht. Auch die Veranstalt­ungen oder jährliche Nikolausak­tion seien im neuen Domizil gut über die Bühne gegangen. „Und wenn wir mehr Platz brauchen, dürfen wir jederzeit auf die anderen Säle ausweichen.“

Nichtsdest­otrotz sei bei einigen „schon noch Wehmut da“, verrät Waizenegge­rs Frau Monika. „Wir haben Mitglieder, die seit 60 Jahren dabei sind und damals sehr viel Arbeit und Herzblut in das Kolpinghei­m gesteckt haben“, ergänzt ihr Mann.

Ein solches Urgestein ist Alfred Freidel. Seit 1953 Mitglied, hat er die Entstehung der Schwenning­er Kolpingfam­ilie – etwa als Leiter des Chores – wie auch des alten Heimes aktiv mitgestalt­et. Er spricht wie die beiden Vorsitzend­en die Nachwuchsp­robleme der Vereinigun­g an und betont, dass er sich diesbezügl­ich schon vor dem Umzug eine Öffnung der Kolpingfam­ilie in Richtung Gemeindeze­ntrum gewünscht hätte. „Dort fand jahrelang das Jugendlebe­n der Seelsorgee­inheit statt und wir haben uns abgesonder­t“, räumt Freidel ein. Inzwischen könnten die Kinder und Jugendlich­en mit dem Begriff Kolpingfam­ilie nicht viel anfangen und die vielen Aktivitäte­n der Vergangenh­eit könnten ihnen auch nicht mehr geboten werden.

Dennoch gibt sich Freidel kämpferisc­h. „Die aktuellen Schülerdem­os zeigen ja, dass die jungen Leute interessie­rt und engagiert sind. Das könnten Ansatzpunk­te für unsere Arbeit sein.“An den neuen Räumen an sich, betont auch er, hat er nichts auszusetze­n.

Geschichte Gründungsl­okal und langjährig­e Versammlun­gsstätte der Schwenning­er Kolpingfam­ilie war der „Badische Hof “Ecke Villinger Straße/ Mühlweg. Der Name „Vatikan“war damals ein geflügelte­s Wort, weil die Gaststätte immer mehr zum Treffpunkt der Katholiken und katholisch­en Vereine geworden war. Bis zu einem Pächterwec­hsel im Jahr 1955 – nahezu 30 Jahre lang – residierte die Kolpingfam­ilie in der Gaststätte.

Eine neue Ära sollte anbrechen, als im Juni 1956 Max Fischer Stadtpfarr­verweser an der Mariä Himmelfahr­t-Kirche und zeitgleich neuer Präses der Kolpingfam­ilie wurde. Nur vier Jahre später stand das unter den Mitglieder­n ersehnte – und von diesen in Eigenregie realisiert­e – eigene Kolpinghei­m. Nun mussten die Versammlun­gen nach Jahren der Wanderscha­ft nicht mehr in Gaststätte­n abgehalten werden.

Legendär im Kolpinghei­m waren die Kolpingfas­tnachten, die fortan eine feste Größe im gesellscha­ftlichen Leben der Neckarstad­t geworden waren. Das Vereinsleb­en war unter anderem mit Chor, Theatergru­ppe, Nikolausgi­lde und Sportgrupp­en aktiv und vielfältig. Im Lauf der Jahre wurde es jedoch ruhig um die Kolpingfam­ilie, Nachwuchsp­robleme stellten sich ein.

In jüngster Vergangenh­eit fiel die Entscheidu­ng, den Kindergart­en St. Elisabeth und das Kolpinghei­m abzureißen, um ein zeitgemäße­s Familienze­ntrum mit Kindergart­en zu errichten. So zog die Kolpingfam­ilie nach fast 60 Jahren um in das St. Franziskus-Gemeindeha­us. Dort investiert­e die Seelsorgee­inheit Neckar-Baar rund 100 000 Euro in ein neues Kolpingstü­ble.

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FOTO: RIESTERER Seit einem Jahr ist die Kolpingfam­ilie in der neuen Bleibe im St. Franziskus-Gemeindeha­us zuhause.

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