Gedränge um den Weltmeister
VfB Stuttgart geht mit fünf Innenverteidigern in die Saison – Korkut muss Pavard bremsen
STUTTGART (falx/SID) Seit etwas über einem Jahr ist er nun der starke Mann beim VfB Stuttgart. Und auch wenn die schwäbische Mundart dem Rheinländer noch nicht anzuhören ist, hat Sportvorstand Michael Reschke das Motto „Ned schwätza: Schaffa!“schon tief verinnerlicht. Da bleibt auch nach Platz sieben als Aufsteiger kein Platz für Höhenflüge. „Wir träumen und sprechen für diese Saison definitiv nicht von irgendwelchen Europacup-Fantasien“, stellte Reschke bereits klar. Zwar ist die Euphorie um den VfB auch im zweiten Jahr nach dem Wiederaufstieg riesig. Nach Platz sieben in der letzten Saison umso mehr. Doch von höheren Zielen wollen die Verantwortlichen partout nichts wissen.
Man wolle und werde „mit dieser Mannschaft eine stabile und gute Saison spielen“, betonte Reschke, will diese Aussage aber nicht an einem Tabellenplatz festmachen. „Ich habe manchmal die Sorge, dass es im Umfeld zu hohe tabellarische Erwartungen gibt. Ich warne davor, zu große Träume zu hegen und zum Beispiel das internationale Geschäft als Ziel zu nehmen. Mein Wunsch ist, dass der Mannschaft Reifezeit gegeben wird“, sagte er der „Bild“. Das Ziel des VfB sei, „die Fans wieder mitzunehmen, so wie es in der vergangenen Saison der Fall war“.
Mit diesem Zusammenhalt soll bereits der Saisonstart mit dem Pokalspiel in Rostock (Samstag, 20.30/ Sky/Eurosport Player), den beiden Auswärtsspielen gegen Mainz und Freiburg und dem Heimkracher gegen Bayern München möglichst gut gemeistert werden. „Wir wissen, dass es ein hartes Brett ist. Aber egal, wie die Ergebnisse sein werden, eines kann ich versprechen: Die Zuschauer werden spüren, dass der VfB Stuttgart über eine Mannschaft verfügt, die alles geben wird“, sagte Reschke.
Dass vor allem die Abwehr ein Prunkstück werden könnte, ist nach dem wohl feststehenden Verbleib von Weltmeister Benjamin Pavard für eine weitere Saison nicht unwahrscheinlich. Vor allem auch, da Trainer Tayfun Korkut einen ständigen Reifeprozess sieht, der ihn optimistisch stimmt: „Mein Gefühl sagt mir, dass alle jungen Spieler einen Tick weiter sind als vergangene Saison.“Zu denen gehört nicht nur der 22-Jährige Pavard, sondern auch sein gleichaltriger Innenverteidiger-Kollege Timo Baumgartl. Dass mit Neuzugang Marc-Oliver Kempf aus Freiburg, mit dem Oberschwaben Holger Badstuber, der seinen Vertrag verlängert hat, und Marcin Kaminski etwas Gedränge auf der Innenverteidigerposition herrscht, ist für Reschke kein Anlass für Notverkäufe. Dreierkette als Alternative „Tayfun überlegt auch, ob er nicht zeitweise auf Dreierkette umstellen soll und dann wären es schon nicht mehr zu viel“, so Reschke. Was der Sportvorstand nicht sagen will und damit auch die Situation von Kaminski erschwert: sollte für Pavard doch noch ein unerhört hohes Angebot in die Geschäftsstelle flattern, und der Weltmeister nicht erst nächsten Sommer für 35 Millionen Euro Ablöse, sondern bereits jetzt für eine deutlich höhere Summe gehen, ist der 26-Jährige Kaminski wieder en vogue.
Doch Pavard ist heiß. Nicht nur, dass er seinen WM-Urlaub um fünf Tage verkürzte, er zeigt auch auf dem Platz bereits wieder unbändige Spielfreude. „Das zeigt, wie ungeduldig er ist, positiv ungeduldig. Aber Benji ist jung“, so Korkut, der ihn sogar „bremsen“musste.
Beste Voraussetzungen also, dass das 125-jährige Jubiläum des Vereins erfolgreich werden könnte. Korkut, der den VfB in der Rückrunde von Rang 14 nach oben führte und seinen Vertrag bis 2020 verlängerte, hat alles für eine Überraschung zusammen: er formte eine Mannschaft um die Routiniers Christian Gentner, Mario Gomez und Badstuber mit klaren Strukturen. Zumal Reschke den Kader trotz des Abgangs von Stürmer Daniel Ginczek (Wolfsburg) geschickt verstärkte. In Daniel Didavi und Gonzalo Castro holte er gestandene Bundesligaspieler. Erfahrung sei, so Reschke, ein „wesentlicher Faktor“. Junge Spieler einen Tick weiter Dazu kamen vielversprechende Talente wie Pablo Maffeo, Nicolas Gonzalez, Kempf oder Borna Sosa. Hinzu kommt Leistungsträger Badstuber. Er sei „vom Weg, den der VfB eingeschlagen hat, genauso überzeugt wie von den Transfers, die getätigt wurden“, sagte Badstuber. Unabhängig davon: Die Stimmung im Ländle ist so gut wie schon lange nicht mehr.