Ein dementer OB als neuer Zunftmeister?
Alfred Schlenker, Michael Schopfer und Volker Müller glänzen letzmals als Narrenrichter
VS-SCHWENNINGEN (sbo) - Sie gaben nochmal alles bei ihrem letzten Auftritt als Narrengericht: die drei Narrenrichter Michael Schopfer, Alfred Schlenker und Volker Müller, die OB Rupert Kubon im Schwenninger Rathaus in vier Angeklagepunkten für schuldig gesprochen haben. Mit Wehmut nahm das begeisterte Publikum Abschied vom Trio.
„Das eine oder andere ist vollbracht, mir konntet zeigen, wie mer Fasnet macht“, betonte Narrenrichter Michael Schopfer im Namen seiner beiden Mitstreiter schließlich, als auch die letzte OB-Verhaftung – nach 20 Jahren – für das eingespielte Narrengericht mit Erfolg und großem Applaus der zahlreichen Gäste über die Bühne gegangen war.
Und die hatte es nochmal in sich, ließen die Richter sowie Narrenpolizist Lutz Melzer keine Gelegenheit aus, auf die zahlreichen kommunalpolitischen Fehlschläge aus dem vergangenen Jahr hinzuweisen. Da war die „unendliche Geschichte“mit den 135 geplanten Parkplätzen an der Neckarhalle – hinzukommend als „Highlight“die 70 Fahrradparkplätze. Mit einer „Milchmädchenrechnung“habe der Oberbürgermeister die erforderlichen Parkplätze ermittelt und mitunter Bus- und vor allem Frauenparkplätze vergessen. Denn die Ratsfrauen benötigten bei ihren Fahrkünsten mindestens zwei pro Person, meinte Schopfer. Die „Dyskalkulie“, die Kubon zudem bei der Parkplatzlösung vorgeworfen wurde, sollte sich noch als roter Faden durch die gesamte Verhandlung ziehen.
So verdonnerte das Gericht das Stadtoberhaupt dazu, zur ersten Veranstaltung in der Neckarhalle mit dem Fahrrad – egal bei welcher Witterung – zu kommen sowie als Anweiser für die Frauenparkplätze zu fungieren.
Im Fokus des zweiten Anklagepunkts stand die Verlegung sowie Bündelung der Verwaltung auf dem sogannten „Mangään-Gelände“, dem das Narrengericht jetzt schon ein „Villingen 21“prognostiziert. „Französisches Gelände und französisches Gehabe“, beschrieb Schopfer zudem, denn die Verwaltungsräume sollen mit drei Millionen Euro teurem Mobiliar der Designermarke Vitra ausgestattet werden. Während also „Sonnenkönig Rupert Kubon zur Audienz ins Schloss Versailles-Mangin“bittet, verwaise der bis dahin sanierte Schwenninger Marktplatz, weil das Rathaus durch das dort geplante JuBis-Superamt nicht ausgelastet sei. „Wir fordern: Schwenningen first und Wangler for President“, so die Narrenrichter, die Ehrenzunftmeister Jürgen Wangler – Gegner der zentralen Verwaltung – als neuen OB vorschlagen.
Als Strafe solle der „selbsternannte Sonnenkönig“Kubon sein Waterloo beziehungsweise „Waterklo“erleben und auf der Herrentoilette der Zunftstube einen Putzdienst verrichten.
Scharfe Kritik prasselte dem 50.000 Euro teuren Kunstprojekt „Skulptur im öffentlichen Raum“, allen voran die gelben Bewegungslinien auf dem Villinger Latschariplatz, beim dritten Anklagepunkt entgegen. Denn was in Villingen als Kunst verkauft worden sei, so Alfred Schlenker, praktizierten die Schwenninger in einer Live-Performance jeden Tag: zum Beispiel im Neuen Angel. „So sieht es aus, wenn ich die Schlaglöcher mit meinem Geländewagen umfahre“, setzte Narrenrichter Schopfer noch einen oben drauf. So müsse der Angeklagte zur Strafe dafür sorgen, dass die Schlaglöcher mit gelben Bändern ausgezeichnet werden, sodass ein leichteres Umfahren möglich ist, entschied das Gericht.
Unübertroffen blieb aber der vierte Anklagepunkt: Da sich der OB noch nicht geäußert habe, ob er sich für die nächste Amtsperiode nochmals zur Wahl stellt, stellte ihn das Narrengericht vor einen Tauglichkeitstest – mithilfe eines Lügendetektors mit Helm und unzähligen Kabeln. Das Klein- und Großhirn werde mit Stromstößen während einer Denkphase gereizt, der wahre Gedanke abgesaugt und auf einem Laptop visualisiert, erklärte Volker Müller. Unheilbare Dyskalkulie Die Folge: Die Richter stellten beim Oberbürgermeister eine „unheilbare Dyskalkulie und schleichend fortschreitende geistige Demenz“fest und rieten daher von einer weiteren Kandidatur ab. Als Freizeitausgleich gab es gleich eine Empfehlung für ein auf das Krankheitsbild zugeschnittenes Ehrenamt: „Werden Sie doch Zunftmeister der Narrenzunft Schwenningen!“, meinte das Gericht.