Noch einmal feiert die ewig junge Rivalität Renaissance
Rafael Nadal gewinnt die US Open und verkürzt im Duell mit Roger Federer um mehr Tennis-Major-Titel auf 16:19
NEW YORK (SID/dpa/sz) - Nach der Erfüllung seines amerikanischen Traums wartete auf Rafael Nadal ein ganz besonderer Gratulant: Im Bauch des Arthur-Ashe-Stadiums drückte Tiger Woods den neuen USOpen-Champion kurz an sich. Es war dem inzwischen tief gefallenen GolfSuperstar deutlich anzusehen, wie sehr ihn das besondere Comeback Nadals in dieser Saison beeindruckte.
Dass Woods in den Katakomben immer wieder auf die Uhr blickte, hatte Symbolcharakter. Seine Zeit scheint abgelaufen, die im Welttennis ist längst zurückgedreht: Branchenprimus Nadal hatte mit seinem 6:3, 6:3, 6:4 im Finale von New York gegen Kevin Anderson (Südafrika/ Nr. 28) in 2:27 Stunden dafür gesorgt, dass sich erstmals seit sieben Jahren sämtliche vier aktuelle Major-Trophäen in seinen und den Händen seines ewigen Widersachers Roger Federer befinden. „Schon etwas überraschend“„Es war schwierig, sich genau das vor acht, neun Monaten vorzustellen. Aber: Hier sind wir!“, sagte der amtierende French-Open- und Flushing-Meadows-Sieger Nadal – und lächelte kurz. Auch der 31-jährige Spanier hatte so seine Zweifel daran gehabt, dass eine der faszinierendsten Rivalitäten im Weltsport eine Renaissance erleben würde. Während er eine dreijährige Durststrecke ohne Major-Titel überstehen musste, waren es beim aktuellen AustralianOpenund Wimbledon-Champion Federer gar sechseinhalb Jahre. Viele hatten das kongeniale Duo schon abgeschrieben; der Zahn der Zeit schien an beiden zu nagen. Die derzeit angeschlagenen Novak Djokovic und Andy Murray hatten aus den „Big Two“zeitweise die „Big Four“gemacht. Doch Federer (19 Major-Titel) und Nadal (16) schlugen zurück. „Man konnte vielleicht erahnen, dass wir nach unseren langen Verletzungspausen wettbewerbsfähig zurückkommen. Aber nicht so – das ist schon etwas überraschend“, sagte der 36-jährige Federer, der in New York im Viertelfinale gescheitert war. Erstmals seit März 2011 stehen Nadal („Wir sind in einer Ära, in der einige Spieler unglaubliche Dinge in diesem Sport schaffen, oder?“) und der Schweizer, die ihre Saison im vergangenen Jahr wegen Blessuren vorzeitig beendeten, wieder auf den ersten beiden Plätzen der ATP-Weltrangliste.
„Es wird ein sehr spannendes nächstes Jahr. Beide nehmen sich nicht viel“, meinte der im Finale gegen den bärenstarken Nadal überforderte Anderson und prophezeite: „Die größte Herausforderung für Rafa und Roger wird es sein, gesund zu bleiben.“Bei Eurosport urteilte Boris Becker: „Was die zwei gerade fabrizieren, ist nicht von dieser Welt.“
Auch Nadal weiß um die Faszination des ultimativen Duells. „Wir sind sehr unterschiedlich: unsere Spielstile, unsere Charaktere“, sagte der Linkshänder. Er sieht aber auch Parallelen: „Wir wollen uns auch immer weiter verbessern und sind harte Arbeiter. Wir haben eine große Leidenschaft für das, was wir tun.“
Die spanische Sporttageszeitung „Marca“blies dann auch gleich zur Grand-Slam-Aufholjagd. „19:16, Nadal hat die Verfolgung von Federer aufgenommen“, schrieb das Blatt und feierte Nadal als „Kaiser“, „Supermann“und „Koloss mit dem Schläger“. Wahlweise boten die spanischen Medien auch den „enormen, ewigen Nadal“(„El Mundo Deportivo“) oder einfach nur „die Legende“(„AS“) an. Moya ersetzt Onkel Toni Künftig allerdings wird Nadal nicht nur in den Matches gegen Federer auf seinen wichtigsten Mann in der Box verzichten müssen. Sein Onkel und Coach Toni Nadal, der oft mit harter Hand regiert hat, feierte in New York den Abschied von der Grand-Slam-Bühne. Nach 28 Jahren als Trainer seines Neffen wird sich Toni Nadal von kommender Saison an um dessen Tennisakademie auf Mallorca kümmern. „Er ist einer der wichtigsten Menschen in meinem Leben – und wird es auch bleiben“, sagte der New-York-Triumphator. Nun übernimmt Carlos Moya komplett das Ruder; der frühere Weltranglistenerste ist seit Dezember 2016 im „Team Nadal“.
Neue Vorzeichen also für ein ewig junges Duell, das immer noch reizvoll ist. Rafael Nadal: „Ich wache jeden morgen mit der Leidenschaft auf, auf den Platz zu gehen und mich verbessern zu wollen. Ich habe immer noch die Liebe und Leidenschaft für das Spiel.“ Die Grand-Slam-Titel Rafael Nadals: Australian Open (1): 2009. French Open (10): 2005-2008, 2010-2014, 2017. Wimbledon (2): 2008, 2010. US Open (3): 2010, 2013, 2017.