Wehinger Krämermarkt enttäuscht
Standbetreiber und Einzelhändler beklagen Publikumsmangel – Hoffen auf Wintermarkt
WEHINGEN - „Quo vadis Krämermarkt?“, konnte man sich gestern fragen, als die Händler des „Birnenmarktes“ihre Stände am frühen Nachmittag wieder abbauten. Fast durch die Bank beurteilten die zwölf Anbieter des immer mehr schrumpfenden Marktes im Frühherbst das Geschehen negativ und doch geben alle noch nicht auf. Ihre Hoffnungen setzen sie auf den größten Wehinger Markt, den Wintermarkt, der am zweiten Samstag im November den Höhepunkt des Marktgeschehens darstellen soll und in früheren Zeiten sogar Volksfestcharakter hatte.
„Koine Leut“, klagte Gunter Radke aus Riedlingen, dessen Bratwürste lange auf hungrige Abnehmer warten mussten. Schon seit 30 Jahren ist Radke in Wehingen, stellt aber fest, dass die Umsätze immer mehr zurückgehen. Joachim Burger aus Haigerloch/Gruol, der schon seit über 40 Jahren den Wehinger Markt beschickt, sprach von einer „Katastrophe“, weil einfach zu wenig Publikumsverkehr herrsche.
Süßwarenverkäufer Stefan Ludolf aus Gottmadingen hingegen war mit den Umsätzen zufrieden. Klassiker wie das Magenbrot seien ganz gut über die Theke gegangen. Dagegen stellte Ute Matt aus Dormettingen fest, dass „gar nix goht“. Am Schmuckstand von Wolfgang Bosch aus Bitz herrschte ebenfalls gähnende Leere. Er stellte fest: „Das Tagesgeschäft deckt nicht einmal die Unkosten, obwohl die Standgebühren in Wehingen sehr günstig sind. Es wäre besser gewesen, wenn ich daheim geblieben wäre und meine Schmuckketten produziert hätte. Vielleicht wäre ich auch besser nach Dusslingen gegangen, weil der Markt dort den ganzen Tag geht und hier schon kurz nach 13 Uhr Schluss ist.“ „Die Preise sind kaputt“Robert Schweller aus Albstadt benutzt den Wehinger Markt, weil wenig los ist, zum Aufräumen und Sortieren der Ware. Schweller: „Wenn nix anderes los ist, komme ich trotzdem wieder.“Der 80-jährige Walter Garz und seine türkische Lebensgefährtin Ateye denken trotz des miesen Geschäfts noch positiv. An seinem Stand prangt ein Schild mit dem Aufdruck „Nix China“, womit er darauf hinweisen will, dass er doch gute Ware anbietet. Garz: „Aber die Preise sind kaputt. Heute habe ich 31 Euro eingenommen und musste noch das Mittagessen finanzieren. Da bleibt nix mehr übrig.“
Während des Gesprächs mit Walter Garz kommt Rosmarie Betsch mit ihrem „Kärrele“vorbei und sagt, dass sie bis auf eine Wurst nichts gekauft hätte. Der Einzige, der nicht klagen wollte, war Joachim Kreiner aus Villingen-Schwenningen, der mit seinem Gewürzwagen zufriedenstellende Geschäfte gemacht hat.
Im Gespräch mit dem Seniorchef vom Kaufhaus Merkt, Theo Merkt, stellt sich heraus, dass auch der Einzelhandel vom Marktgeschehen profitieren könnte, wenn nur mehr Leute kämen. Theo Merkt: „Das ist der schlechteste Markt, denn ich je erlebt habe.“
Edgar Schweizer hat seinen Hutstand aus taktischen Gründen in die Nähe des Bratwurststandes von Bernd Seifried aufgeschlagen. Er hoffte, dass die hungrigen Kunden auch einen Blick auf seine Waren lenken und vielleicht nach einer Kopfbedeckung Ausschau halten. Aber daraus wurde an diesem Tage nichts. Schweizer vermisst die Frauen, die seiner Meinung nach, weil die Kinder tagsüber länger in der Schule sind, wieder arbeiten gehen und daher keine Zeit haben, um auf den Markt zu gehen.
Wie auch immer: Alle hoffen nun auf den Wintermarkt im November und darauf, dass an diesem Tag die Kassen wieder besser klingeln. Bürgermeister Gerhard Reichegger ist zwar bemüht, durch verstärkte Werbung das Marktgeschehen wieder etwas zu beleben, sieht aber auch keine rosige Zukunft dafür, weil einfach durch das Internet und andere Einkaufsmöglichkeiten das Interesse an einem Markt weiter zurückgehe.